Jetzt ist er also weg. Ein Umfrageergebnis unter „Sympathisanten der SPD“ habe ihn zu der Einsicht gebracht, EU-Rabauke Schulz habe die besseren Chancen im Wahlkampf. Das hätte er auch schon Ende letzten Jahres wissen können, was die Sozialdemokraten von ihrem Chef halten, mehr Demontage war selten.
Seine Krankenakte wäre ebenso eine gute Entschuldigung gewesen. Nach dem Running Gag aus der verblichenen Harald-Schmidt-Show: „Sach, datte krank bis, dann verzeih‘ ich dir!“ (Mein Google zeigt bei der Suche nach Sigmar Gabriel als erstes „Sigmar Gabriel Krankheiten“ an.) Dann hätte er vielleicht ein paar gewogene Nachrufe bekommen und als top-alimentierter Frührentner rot-grüne Think Tanks mit seinen Sprüchen und Forderungen nach mehr dies und mehr das bereichern können. Und ein paar Nebenverdienste als Berater bei Großkonzernen, die immer noch glauben, da wo Siggi steht, sei die Zukunft.
Aber nein, er will tatsächlich Außenminister werden. Nicht, dass er dafür nun besonders geeignet wäre. Schon seine Reisen als Wirtschaftsminister waren eine Tour de caractère pénible, ein Trip der Peinlichkeiten. Die Chinesen belegten ihn mit der Höchststrafe: Sein Belehrungsbesuch fand in der Staatspresse einfach nicht richtig statt. Das Schlimme: Merkel wird nichts gegen einen Außenminister Gabriel einzuwenden haben, solange Sigmar ein Amt mit permanenter Medienpräsenz behält, kommt sie ihrer neuen KleiKo (Kleine Koalition mit auf Bonsai zurechtgestutzter SPD) weiter näher. Sollte es wirklich so weit kommen, harren wir gespannt der ersten USA-Reise. Wer ihn da wohl empfangen mag?
Gabriels Medienfreunde werden sich nun einige warme Worte zurechtlegen. Der Stern hat schon mal begonnen: „SPD-Chef Sigmar Gabriel über seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur, seinen Nachfolger, seine Vorwürfe gegen Merkel und sein neues privates Glück“ titelt das Hamburger Klatschblatt.
In der SPD freuen sie sich wahrscheinlich; die letzten Basis-Mohikaner konnten nie viel mit dem wichtigtuerischen Ex-Volkshochschullehrer Gabriel und seinem Pirouette-Syndrom anfangen. Da liegt ihnen der Partei-Pompführer Schulz schon näher. Als Kleinstadt-Bürgermeister hat der den Bürgern von Würselen ein immer noch nicht abbezahltes Spaßbad hinterlassen, in der EU werden nach seinem Abgang eine Menge Trümmerfrauen benötigt, um zu kitten, was noch geht. Aber einem Proletarier aus den Partei-Geschichtsbüchern kommt er wenigstens verbal schon deutlich näher als Gabriel aus Goslar.
Ist der Rücktritt eine gute Nachricht für Deutschland? Gabriel wird weiterhin irgendwas fordern, vor irgendwem warnen, ein „all talk no action man“ bleiben, sollte er ernsthaft zum Außenminister gekürt werden. Wenigstens mehr Porzellan zerschlagen geht nicht, in der deutschen Außenpolitik liegt schon alles in Scherben. Als Außenminister muss er sich nicht hauptberuflich als Erzieher von „Pack“ zuhause abmühen, sondern nur gelegentlich im Ausland. Same procedure as every year, James.
Wenn Sie sich wundern, dass wir hier noch nicht zum großen Nachruf mit der Aufzählung aller Leistungen und Verdienste von Sigmar Gabriel angesetzt haben – der folgt erst, wenn Siggi nicht Außenminister wird, sondern irgendwas mit Umwelt oder so.