Tichys Einblick
Harald Schmidt schaltet sich wieder ein

„Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

Unter dem Leitspruch der Aufklärung haben sich drei Autoren aus drei Generationen der Aufgabe gestellt über die Zersplitterung der Gesellschaft, wie wir es heute erleben, zu schreiben. Im Luitpold Salon in München haben sie sich zu einer Gesprächsrunde zusammengefunden und mit Harald Schmidt über Klimaschutz, Gender-Sprache und Energiewende gesprochen.

IMAGO / Lindenthaler

„Aus der Zeit gefallen? Drei Generationen wider den Zeitgeist“ – ein Titel, bei dem sich die Ohren spitzen und der es bei näherer Betrachtung in sich hat. Aus der Zeit gefallen oder sich vielmehr der Zeit gestellt, haben sich der Stahlmanager Jürgen Großmann (1952), der Orthopäde Dominik Pförringer (1980) und die Nachwuchspolitikerin Franca Bauernfeind (1998). Sie haben sich zusammen einem Projekt gewidmet, das sich aus einer ganz individuellen Perspektive den hochaktuellen Problemen stellt. Am Donnerstagabend haben die drei Autoren über ihr neues Buch gesprochen und die Themen mit Humor aufgegriffen.

Humor hat unter anderem Harald Schmidt beigesteuert, ehemaliger Late-Night-Showmaster, Kabarettist und Kreuzfahrtdirektor auf dem Traumschiff der ZDF-Serie. Er hat in der Vergangenheit das ein oder andere Herz aussetzen lassen, indem er zum Beispiel dem Impfdrang gelassen gegenübertrat oder sich mit zwielichtigen Gestalten – Matthias Matussek und Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen – ablichten ließ. Für eine neue Chance, „sich in den Diskurs einzuschalten“, hat er das Vorwort des Buches verfasst und zwischen den Palmen des Luitpold Salons für Traumschiff-Flair gesorgt.

Wider den grün-roten Zeitgeist

Die Klima- und Energiepolitik zwingt den Wohlstand in die Knie, die Migrationspolitik hat gesellschaftliche und wirtschaftliche Konsequenzen, und die politisch korrekte Sprachpolizei bringt mit Sternchen und Pünktchen einige zum Schweigen. Dem Mainstream zum Trotz debattieren die Autoren aus Sicht von drei Generationen über ihre revolutionäre Haltung gegenüber diesem Zeitgeist. Was „mit einem Spaß angefangen hat“, wurde zu einem erfolgreichen Projekt. Franca Bauernfeind war sich im Klaren über die Konsequenzen und hat sich selbst gefragt: „Soll man sich das antun, als junger Mensch ein kritisches Buch zu schreiben?“. Doch Jürgen Großmann appelliert, „dass man sagen sollte, was man meint“, auch wenn man „für Menschen schreibt, die wenig von wirtschaftlichen Zusammenhängen verstehen – also die in Brüssel.“

Mit unterschiedlichen Erfahrungen haben die Autoren die Zersplitterung der Gesellschaft erlebt. So hat Großmann die Energie- und Klimapolitik als Unternehmer hautnah erfahren. Im Gegenzug wurde Franca Bauernfeind während ihrer Zeit an der Universität Erfurt „in die rechte Ecke gestellt“, weil sie über eine „geordnete Migration“ sprach. Was gestern in Ordnung war, ist heute rechts, daher bekam sie schnell die Spitznamen „schwarze Franca“ oder „CDU-Franca“ auf dem Erfurter-Campus. Aus Nürnberg stammend hat ihr Umfeld immer über „eine geordnete Migration diskutiert und dann wurde ein Riegel davorgeschoben“ und damit die „Debattenkultur an die Wand gefahren“, was wiederum die „Demokratie gefährdet und dagegen möchte ich kämpfen“. Auch Harald Schmidt kritisiert den Lauf der Debattenkultur in Deutschland: „Chaos entsteht durch Zustimmung – wenn ich Anarchie möchte, dann läufts gut.“

„Die älteste Theaterregel: Auge geht vor Ohr!“

Schnell kommt das Gespräch auf das aktuelle Politikgeschehen. Habeck auf der Fähre, Baerbock mit rotem Schal bekennt Farbe und Scholz mit Gummistiefeln – Harald Schmidt weiß, es ist „die älteste Theaterregel: Auge geht vor Ohr!“. Zu gut erinnern sich die drei Autoren auch an die Merkel-Ära. Großmann nennt dazu nur ein Zitat eines englischen Freundes: „Angela Merkel ist eine wunderbare Pilotin, wenn’s einem völlig egal ist, wo man hinfliegt.“ Schmidt steigt darauf ein und erinnert sich: „Merkel hat den Wahlkampf gewonnen mit drei Worten: ‚Sie kennen mich‘ – so geht Wahlkampf!“

Er zollt Angela Merkel seinen Respekt und verteidigt Politiker, die unter andauernder Kritik stehen und egal was sie tun, es falsch zu machen scheinen. Schmidt ist der Meinung, dass Politik ein knochenharter Job ist, und ist „froh, dass Leute das noch machen“. Das sieht Großmann ein wenig anders und „mit Zynismus zu sagen ‚Jetzt suchen wir halt ein Rindvieh, der Kanzler werden will‘“, findet er falsch. Großmann betont, dass die Politik die Industrie aus dem Land treibt, und fragt nachdrücklich: „Wir haben noch nie so viele Steuereinnahmen gehabt. Was machen wir damit?“ Er weiß auch, dass „das Buch der Geschichte ein großer Motivator ist“, diesen Job zu machen, und dass er „so richtig Mitleid mit dem Bundeskanzler“ nicht haben kann.

„Agenda für Deutschland“

Der Orthopäde Dominik Pförringer, der die Aufgabe des Moderators übernommen hat, fragt schließlich, wie man nun diese „Agenda für Deutschland durchsetzen soll“. Gemeint sind die utopischen Klimaziele, die inkludierte Sprache, die Willkommenskultur oder auf den Punkt gebracht: die Rettung der Welt. Franca Bauernfeind spricht aus ihrer Erfahrung in einer linken Universität, dass ihre Generation eine große Politikverdrossenheit erlebt. „Parteien werden als was Schlechtes oder etwas, was man nicht mehr braucht, wahrgenommen. In der politischen Elite gibt es nicht mehr viel Wettbewerb, weil keiner mehr Bock hat.“ Sie appelliert an ihre Generation, sich „nicht zu beschweren, sondern sich zu engagieren“. Ganz im Sinne der Botschaft ihres Buches, sollen Veränderungen möglich gemacht werden, „aber ohne das Alte und Bewährte in Frage zu stellen“.

„Stichwort Homöopathie!“

Nach einiger Zeit dreht Harald Schmidt den Spieß um und fragt Dominik Pförringer, welcher auch als Berater im Gesundheitswesen aktiv ist, was denn nun dort schiefläuft. Da läuft viel falsch, stellt sich heraus, „man muss sich ja für jede Kleinigkeit etwas einholen“. Aber Schmidt lenkt erneut um: „Ich bin ja ein großer Freund der Schulmedizin!“ Und so wird über Eigenverantwortung des Einzelnen bis zur Zwei-Klassen-Medizin philosophiert. Doch zu Homöopathie kann Pförringer nur „Herr, lass Hirn regnen“ sagen. Mit Sachkenntnis, politischer Erfahrung und Furchtlosigkeit stellt sich Pförringer im Buch diesen Themen.

„Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich? – Immer auf der richtigen!“

Die Gesprächsrunde kommt mit einer Frage zum Ende: „Was sollen wir besser machen?“. Franca Bauernfeind ruft auf, Einsatz zu zeigen. „Wir sind in ganz viel Frieden und Wohlstand aufgewachsen. Wir haben wenig Menschen mit existenziellen Problemen und daher kein Interesse an Politik.“ Es gibt viele Möglichkeiten, einen Teil zur Gesellschaft beizutragen, und dies ist nicht nur über Parteien möglich. „Ich habe ein Buch geschrieben und das ist sehr mühsam. Und es kann sein, dass es nicht gelesen wird, aber man muss einfach mal machen!“

In ihrem Buch „Aus der Zeit gefallen? Drei Generationen wider den Zeitgeist“ benennen die Autoren die Fehlentscheidungen der Politik und rufen zu einem Kurswechsel auf. Die Botschaft ihres Buches: die Herausforderungen unserer Zeit generationsübergreifend anzupacken – vor allem mit Humor.


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