Karl Lauterbach (SPD) hat es sprachlich nicht gerne klein: Wenn es um die Zukunft der deutschen Krankenhäuser geht, spricht er Minimum von einer „Revolution“, die er als Gesundheitsminister plane. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor dieser Strategie: „Wir brauchen zuallererst die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser“, sagt ihr Vorstandsvorsitzender, Dr. Gerald Gaß. Denn die Gefahr, dass Kliniken in die Insolvenz müssen, sei im angelaufenen Jahr „historisch hoch“.
Für dieses Jahr rechnet Gaß damit, dass der Rekord pulverisiert werden könnte: „Wir müssen mit bis zu 80 Insolvenzen rechnen, wenn nicht endlich die Bundespolitik den Forderungen der Länder nach wirtschaftlicher Stabilisierung der Krankenhäuser nachkommt.“ Die Länder hätten unter anderem gefordert, dass Lauterbach die „Landesbasisfallwerte“ anhebt.
Worum geht es dabei? Die Krankenhäuser finanzieren sich aus zwei Quellen. Die Kassen bezahlen den laufenden Betrieb mit dem Geld, das sie für Behandlungen aufbringen. Die Länder müssen für die Investitionskosten der Kliniken aufkommen – also für den Bau und die Sanierung der Gebäude sowie für die Modernisierung des Technikparks. Unter anderem mit dem „Landesbasisfallwert“ wird errechnet, wie viel die Kliniken zum Beispiel für eine Operation von den Kassen erhalten.
Die Krankenhausgesellschaft sieht Lauterbach in der Schuld. Er habe diese Werte nicht entsprechend angepasst, als durch die starke Inflation und die hohen Energiepreise die Kosten der Kliniken durch die Decke gegangen sind. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Auch die Länder haben die Finanzierung der Krankenhäuser genutzt, um sich finanziell gesund zu stoßen. Zum Beispiel Rheinland-Pfalz. Das Land der Ministerpräsidentin und ehemaligen Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) hatte über Jahre überdurchschnittlich hohe „Landesbasisfallwerte“. Aber nicht, damit die Krankenhäuser besonders viel Geld hatten. Sondern damit das Land den Krankenhäusern niedrigere Zuschüsse zu den Investitionskosten zahlen konnte. Dreyers Regierung hat also zweckgebundene Beiträge der Arbeitnehmer und Betriebe genommen und den eigenen Haushalt damit aufgehübscht.
Es gehe um mehr als Krankenhaussterben, warnt der Chef des Dachverbands: „Die über Jahrzehnte gewohnte Versorgungssicherheit in zahlreichen Regionen Deutschlands“ könnte bald Geschichte sein. Denn die Lage der deutschen Kliniken sei prekär. Jeden Monat häuften sie ein neues Defizit von 500 Millionen Euro an. Seit die Inflation derart galoppiert, sei insgesamt schon ein Minus von 9 Milliarden Euro zusammengekommen. Die Krankenhäuser brauchen also beides: eine einmalige Hilfe und strukturelle Änderungen, die ihnen wieder ein auskömmliches Wirtschaften ermöglichen. Zumal die Häuser im März mit einem Kostensprung um zehn Prozent durch höhere Gehälter leben müssten – auch der sei nur zur Hälfte finanziert.