Für Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine Leute sind es derzeit schwere Zeiten. Die Umfragen sind mies, die Bauern sind sauer und die Basis ist frustriert. Der Steigbügelhalterkurs der FDP für das linke Ampelprojekt wird für Lindner immer mehr zum persönlichen Problem. Seine politische Zukunft hängt am seidenen Faden. Bei den nächsten Wahlen drohen herbe Schlappen. Der Bauernprotest kommt für ihn und seine Partei zur Unzeit. Deshalb möchte Lindner dem Protest etwas die Schärfe nehmen.
„Hinter dem Protest steht etwas anderes als nur die Kürzung für den Agrardiesel“, mutmaßt Lindner. Er vermutet hinter der Wut den Frust der Bauern über bürokratische Regulierungsmaßnahmen. Es sei seit Jahren in die Landwirtschaft hinein regiert worden, nun haben aber die Subventionskürzungen das Fass zum Überlaufen gebracht, so die Überlegung des FDP-Chefs. Diesen Schuh muss sich aber Lindner selbst anziehen. „Es war eine Kürzung, zu der ich stehe“, sagt er zum Ende der Agrardieselvergünstigung. Nur eine einzelne vorgesehene Kürzung entspricht nicht ganz der Wahrheit, da ursprünglich auch noch eine Kfz-Besteuerung im Plan enthalten war.
Die FDP hat sich jedenfalls politisch verzockt. Die Bauern sind unbequeme Gegner, denn die Landwirte wissen seit jeher, ihre Interessen mit dem Messer zwischen den Zähnen zu verteidigen. Dass ausgerechnet die FDP als einstige Schutzmacht die Landwirte zum Feind macht, ist ein Zeichen dafür, dass die FDP unter Lindner den politischen Instinkt verloren hat. Der Parteioberste zeigt indes nur eingeschränktes Verständnis für den Protest. Er sei besorgt gewesen ob der Verhältnismäßigkeit des Protests, sagt Lindner. Schließlich sei der Kollege Habeck in eine brenzlige Lage geraten. Ob die Lage für Habeck wirklich so brenzlig war, sei dahingestellt. Tätliche Angriffe und eine Fährstürmung hatte es trotz anderslautender Berichte schließlich nicht gegeben.
Belastung statt Entlastung
Die Subventionskürzungen für die Landwirte identifiziert Lindner nicht als Hauptkatalysator der Wut. „Es ist nicht das Geld, sondern das Gefühl, von der Politik bevormundet zu werden“, erläutert Lindner seinen Grund für den Protest. Da macht er allerdings einen Denkfehler. Die Bevormundung von staatlicher Seite ist immer mit finanziellen Einbußen für die landwirtschaftlichen Betriebe verbunden. Auflagen zu erfüllen, kostet Geld. Bürokratie abzuarbeiten, kostet Geld, weil wertvolle Arbeitszeit dafür verloren geht. Der Staat bevormundet nicht nur, er kostet die Betriebe auch.
Mag sein, dass ob der angespannten Haushaltslage der Rotstift angesetzt werden muss. Doch für die staatlich herbeigeführte Energiekrise und den grünen Fetisch für eine hohe CO2-Bepreisung zahlen die hart arbeitenden Menschen die Zeche. Leistungsträger, für die sich die FDP eigentlich einsetzen sollte. Denn der Rotstift wird nur an die Entlastungen der Bürger angesetzt, nicht aber an die vielen Projekte der Bundesregierung.
Lindner sieht den Haushalt auf einem guten Weg
Der Rüffel des Bundesverfassungsgerichts für den verfassungswidrigen Bundeshaushalt muss Lindner hart getroffen haben. Die Einhaltung der Schuldenbremse ist ein Kernversprechen der FDP. Umso erstaunlicher ist, wie leicht Lindner in der Sendung das Urteil zur Kenntnis nimmt. „Durch das Urteil haben wir endlich Klarheit“, verkündet Lindner positiv. Klarheit, dass sein Handeln verfassungswidrig war – was außerhalb der Regierung auch die wenigsten Experten bezweifelt haben.
Lindner sieht seine Sicht auf die Schuldenbremse bestätigt. Diese sei scharf gestellt durch das Urteil, sagt er. Merkwürdig ist dann aber, warum er überhaupt einen verfassungswidrigen Haushalt aufgestellt hat. Die vermeintliche Nibelungentreue zu soliden deutschen Staatsfinanzen ist deswegen nicht allzu glaubhaft. Es ist auch immer noch nicht abschließend geklärt, wo die fehlenden Gelder herkommen sollen. Vollmundig verkündet Lindner Einsparungen beim Bürgergeld. „1,5 Milliarden reduzieren wir im Bürgergeld“, schätzt Lindner großzügig.
Die FDP wird in einem zunehmend frustrierten Land weiter den Sinkflug antreten müssen. Die spaltende Politik der Ampel könnte zum Ausscheiden aus dem Bundestag beitragen. Möglicherweise stellt Lindner seine beruflichen Weichen schon in Richtung freie Wirtschaft. Die One-Man-Partei FDP sollte sich besser vor der nächsten Bundestagswahl nach einer anderen Führungskraft umschauen, um das Ruder herumzureißen. Durchhalteparolen und ein Festhalten an einem linken Regierungskurs sind keine erfolgversprechende Lösung.
Schon dabei – die Wagenknecht-Partei
Erst eine Woche jung ist Sahra Wagenknechts neue Partei, sie hat noch an keiner Wahl teilgenommen, ist keine Fraktion im Bundestag – aber schon wird Reklame für sie bei Maischberger getrommelt und gepfiffen. Das wirft ein Licht auf die Einladungspraxis bei der ARD – was links ist, gefällt und wird transportiert. Zu jedem beliebigen Thema, etwa Russlands Krieg gegen die Ukraine. In Deutschland stellt sich erneut die Frage, ob Deutschland den Ukrainern mehr Waffen liefern müsse. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ist dafür: „Wir müssen der Ukraine so schnell wie möglich, so viel wie möglich liefern“, so seine Aussage. Der bayerische Altkommunist Klaus Ernst vom neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hält davon wenig. „Jede Waffenlieferung verlängert den Krieg“, entgegnet er. Aus seiner Sicht ist alles relativ einfach. Der Westen müsse schleunigst die militärische Hilfe einstellen, dann würden die Russen verhandeln. Eine steile These, weil die Ukraine dann zeitnah von den Russen militärisch unterworfen werden würde. Dann wären keine Verhandlungen für Putin von Nöten, er könnte nehmen, was er wollte.
Während Kiesewetter durch das imperialistische Russland eine Gefahr für umliegende Länder sieht, glaubt Ernst an schnellen Frieden. „Der Westen ging nicht auf Forderungen ein“, meint er. Würde man den Russen ukrainische Gebietsverluste und eine neutrale Ukraine anbieten, wäre der Krieg bald vorbei, und Russland als Sieger endlich so mächtig, wie es die Wagenknecht-Partei herbeisehnt. Das zu propagieren, ist die Aufgabe von Ernst. Kiesewetter schildert eine andere Sicht auf die Dinge. „Die Russen wollen gar nicht verhandeln“, hält er dagegen. Stattdessen zerstörten sie Krankenhäuser und griffen Wohngebiete an. Für ihn geht Putins Kriegsziel über die Ukraine hinaus. „Putin will eine Umkehrung der Friedensordnung“, mahnt er. Ernst bleibt dagegen dabei: „Weniger Krieg heißt weniger Zerstörung.“ Er scheint außen vor zu lassen, dass die Ukraine sich gegen einen Aggressor verteidigen muss. Sie ist in das Schlachtfeld hinein gezwungen worden und kann nicht so leicht klein beigeben.
Ob Deutschland ukrainische Kriegsdienstverweigerer im Land behält oder nach Hause, an die Front, abschiebt, ist eine schmerzhafte Diskussion, der sich die Ampel schon bald stellen muss. Georgien, Moldau und andere Länder haben schon dafür gesorgt, dass ihre jungen Männer in Deutschland im Kriegsfall keinen Schutz finden. Doch noch verweigert sich die Politik dieser Diskussion. Was ist mit russischen Deserteuren? Dazu schweigt Ernst. Es könnte ja seine Lichtgestalt Putin verfinstern.
Wie auch immer der Krieg ausgehen mag, sollte für Deutschland seine eigene Wehrfähigkeit an Wichtigkeit gewinnen. Die Verlässlichkeit der Amerikaner ist nicht gegeben und Putins Aggression dürfte weitergehen. Eine neue deutsche Kampfbereitschaft zur Verteidigung des eigenen Landes zu forcieren, dürfte große politische Anstrengung brauchen und ein steiniger Weg werden. Um im aktuellen Haushalt aber Platz für mehr grünen Konsum zu machen, wurde der Etat der Bundeswehr gekürzt – ein Teil der Unterhaltskosten wird nun aus dem Sondervermögen für Neuausrüstung bestritten.