Denn er hat noch viel zu tun – die Umwelt muss endlich vor der Umweltpolitik geschützt werden. Bleiben wir beim Verkehr: Der Feinstaub ist weg. Jedenfalls wird er wohl doch nicht durch den Verkehr verursacht, sondern vom Wetter. Deswegen sind die Umweltplaketten nur Geldschneiderei und unnötige Quälerei. Und bitte, bitte, liebe Kernkraftgegner unter den Lesern: Beschimpfen Sie mich nicht als Atom-Lobbyisten, nur weil wir in der neuen Ausgabe der WirtschaftsWoche darauf hinweisen, dass besonders in Osteuropa neue Kernkraftwerke gebaut werden. Sie werden zukünftig ihren Strom ins immergrüne Deutschland liefern – und sich jenseits der Grenzen jeder Kontrolle und besonderer Sicherheitsstandards durch Deutschland entziehen.
Dabei sollte es uns doch allen nicht um weniger, sondern um mehr Umweltschutz gehen. Denn trotz aller Malaisen und offenkundiger Dummheiten aus den Umweltämtern gilt: Heute sind die Konsumenten die Umweltpolitiker in eigener Sache, und sie sind unbestechlich, ungeduldig und uneingeschränkt souverän bei der Entscheidung, wem sie ihre Gunst des Kaufakts schenken.
Was sie wollen ist viel schwerer zu erfüllen als die Vorgaben der Umweltpolitik. Sie verlangen von den Herstellern nicht weniger, als dass diese mit technologischen Innovationen die eigene Verhaltensänderung oder Konsumeinschränkung überflüssig machen. Niemand will auf Mobilität verzichten, wie es die geistigen Latzhosenträger propagieren. Die heutigen Konsumenten fordern unnachgiebig technologische Lösungen für Autos, die ohne Abschlag an Geschwindigkeit oder Komfort abgasarm fahren.
Das wird nicht einfach sein – Daimler-Chef Dieter Zetsche beschreibt, wie sein Unternehmen unter Druck steht, weil es zukünftig die S-Klasse mit gewohntem Luxus, aber mit den niedrigen Abgaswerten eines Smart liefern muss – oder den Kältetod durch Liebesentzug der Konsumenten sterben wird. Der ökobewusste Kunde ist grausam und lässt nicht mit sich handeln wie etwa eine EU-Kommission.
Vorbei die Zeit, als der Umweltschutz die Lebensmaxime einer zahlenmäßig kleinen Gruppe von Überzeugungstätern war. Vorbei auch die Zeit, als die politische Klasse ihre Ökoüberzeugung in Form von Erziehungsversuchen wie der Ökosteuer in die Bevölkerung hineinprügeln und sie zum Konsumverzicht zwingen konnte. Mittlerweile hat sich die Marke Ökologie von der lust- und konsumfeindlichen Verzichts- und Erziehungsideologie verabschiedet: Sie ist fest im Bewusstsein immer größerer und kaufkräftigerer Konsumentengruppen verankert.
Diese Konsumenten wollen ökologisch vertretbare Produkte, die es ihnen sowohl ermöglichen, ihre gewohnte Lebensweise, Mobilität und Konsumverhalten fortzuführen als auch ihr grünes Gewissen zu bewahren. Ob Autos, Dienstleistungen, Strom oder Unterhaltungselektronik – die modernen Konsumenten verlangen immer, dass der Klimaschutz in den Produkten vorweggenommen oder eingebaut wird. Die Leistung darf nichts kosten und weder Komfort noch Convenience beeinträchtigen.
Viele Unternehmen versuchen, dieser Herausforderung mit „green-washing“ zu begegnen, also mit einem „So-tun-als-ob“. Das wird nicht gelingen. Die Konsumenten werden immer kritischer und es wächst ihr Wissen, mit dem sie die Tricks durchschauen.
So, wie sie auch eine Ökopolitik ablehnen, die ihre pausbäckigen Sprüche als letzte Wahrheit auszugeben versucht.
(Erschienen auf Wiwo.de)