Es gibt viele Einwände gegen eine Organisation wie die UNRWA, die nun seit einem Menschenalter für die Versorgung der „palästinensischen Flüchtlinge“ zuständig ist, inzwischen auch für die Beschulung der Enkel oder eher Urenkel der eigentlichen Flüchtlinge. Die Gegend um Israel-Palästina ist die einzige Weltregion, in der sich der Flüchtlingsstatus auf Kinder und Kindeskinder vererbt. So verwundert es nicht, dass auch die Versorgungsinstitution für ein derart künstliches Gebilde, wie es die Palästinenserlager sind, nicht gut funktioniert. Das „Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten“ (eigentlich U. N. Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East, kurz UNRWA) organisiert eine jahrzehntelange Existenz in sorgsam abgeschirmten Flüchtlingslagern, finanziert von der „internationalen Gemeinschaft“, vor allem von finanzstarken Staaten, die damit die Fiktion „Zweistaatenlösung“ aufrechterhalten, die doch durch die Fakten und Geschehnisse jedes Tages widerlegt wird.
Im kommenden Jahr erreicht die UN-Resolution, mit der die UNRWA beauftragt wurde, das stolze Alter von 75 Jahren. Doch in Beirut und Gaza, Amman und anderswo „verteilen“ die UNRWA-Abgesandten „noch immer Essen“, wie ein junger Flüchtling es auf den Punkt brachte. Und dieses Szenenfragment sagt eigentlich genug aus über die Vergeblichkeit der Arbeit dieser UN-Agentur.
Zudem gilt aber die Organisation selbst als korrupt. 2019 musste der UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl abtreten, nachdem ihm sogar von den Vereinten Nationen – und das will etwas heißen – Missmanagement vorgeworfen wurde. Der Krähenbühl-Nachfolger Pierre Lazzarini versucht derweil, die Finanzströme mit Drohszenarien („UNRWA könnte implodieren“) aufrechtzuerhalten, gibt die Reformbedürftigkeit des Statuts zu, verweist aber zugleich auf die Notwendigkeit eines Beschlusses in der UN-Generalversammlung – was eine Reform fast unmöglich mache.
UNRWA-Hilfen wuchsen um fast 200 Prozent seit 2017
Der Trend der Zeit geht daher in eine andere Richtung. Seit 2010 schon haben viele Beitragszahler ihre Zahlungen gesenkt. Lazzarini sieht einen Zusammenhang mit dem Scheitern der israelisch-palästinensischen Gespräche, was nur logisch wäre. Warum sollte man ein Provisorium weiter unterstützen, das nicht aufhört, Provisorium zu sein und sein zu wollen? Doch genau das stört die Bundesregierung gar nicht. Als Donald Trump die US-Zahlungen an die UNRWA 2018 stark kürzte und sie im folgenden Jahr ganz aussetzte, überwies Deutschland 170 Millionen Dollar an die UNRWA und rangierte damit sogar als Einzelstaat vor der EU, die in dem Jahr etwas über 131 Millionen Dollar beisteuerte. Deutschland war zum größten UNRWA-Geldgeber geworden, aus schierem Trotz gegenüber dem Vetter jenseits des großen Teichs.
Seit Joe Biden das Amt übernahm, hat sich das Verhältnis der US-Regierung zur UNRWA wieder entspannt. Für 2023 und 2024 haben die USA 154 Millionen Dollar zugesagt. Aber Deutschland blieb bei seiner Großzügigkeit und baute sie angesichts des Gaza-Kriegs noch einmal aus. Anfang November hat das Entwicklungshilfeministerium unter Svenja Schulze (SPD) seine UNRWA-Hilfen auf 91 Millionen Euro aufgestockt (TE berichtete). Daneben gibt es auch Zahlungen des Auswärtigen Amtes.
2017 zahlte die Bundesregierung 80 Millionen Euro an die UNRWA, 2020 waren es schon insgesamt 180 Millionen Euro. Nun gibt es in den letzten Jahren, mindestens seit 2018, eine Tendenz zur Ausweitung deutscher Hilfszahlungen in alle Welt, obwohl – wie auch Erika Steinbach als geladene Expertin vor dem Bundestag sagte – die Wirtschaftskraft Deutschlands nicht im gleichen Maße gewachsen sei. Laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten Petr Bystron flossen 2022 bereits 188 Millionen, im laufenden Jahr schließlich – auch dank der „Kriegs-Aufstockungen“ – 221,5 Millionen Euro an das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA. Beteiligt sind stets sowohl das Auswärtige Amt als auch das Entwicklungsministerium.
Schulen zu Abschussrampen, Lehrer zu „Märtyrern“
Angesichts all dieser Kritikpunkte an einer überlebten UN-Agentur versuchte es Svenja Schulze in einem O-Ton für die Tagesschau weiter mit politisch-rhetorischer Fadenscheinigkeit, die schon ans offen Paradoxe grenzt, wo dann die Widersprüche einer – stockholmisierenden? – Politik ohne Grundsätze und Rückgrat offen daliegen. Schulze streckt so auch die Waffen vor der islamophilen Bewegung im eigenen Land oder, besser gesagt, gehört fest dazu. Die Zahlungen ihres Ministeriums, geleistet mitten im blutigen Gaza-Konflikt und obwohl so die Parteien der Terroristen weiter gepäppelt wird, verteidigte sie nun mit der Behauptung, dass die UNRWA die von ihr benutzten Schulbücher, in denen zum Märtyrertod gegen Israel aufgerufen wird, ja nicht selbst schreibe.
Petr Bystron, für die AfD im Auswärtigen Ausschuss, erinnerte gegenüber TE daran: „Bereits in der letzten Wahlperiode hat die AfD gefordert, die Finanzierung der UNRWA zu streichen und das Geld stattdessen dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zu geben. Die Bundesregierung tut, auch nach den schrecklichen Terrorakten des 7. Oktober, nichts, um den grassierenden Antisemitismus bei UNRWA zu bekämpfen. Stattdessen verspricht Frau Baerbock weitere hunderte Millionen Euro an deutschem Steuergeld für eine Organisation, deren Beschäftigte offen mit der Hamas und dem Islamischen Dschihad sympathisieren.“
Tatsächlich ist die UNRWA auch im Gazastreifen stark engagiert und dort weitgehend mit der Hamas identisch, wie auch interne Wahlergebnisse belegen. Die Schulen des Gazastreifens werden sogar gelegentlich als Raketenabschussrampen missbraucht, während sich in ihrem Untergrund die operativen Tunnel der Hamas befinden. Attentäter im Namen der Hamas (einige davon ehemalige Lehrer) werden an diesen Schulen als „Märtyrer“ gefeiert. In den UNRWA-Schulbüchern, die es laut Svenja Schulze nicht gibt, geht es auch um den Dschihad als Ideal eines gottesfürchtigen Lebens.
Schon in einem früheren Antrag hatte die AfD-Fraktion darauf hingewiesen, dass die UN-Richtlinien in Bezug auf einen neutralen Unterricht nicht eingehalten werden. Generell wird Israel oder Palästina in UNRWA-finanzierten Schulen als Land der arabischen Bevölkerung dargestellt, jüdische Kultorte werden nirgendwo erwähnt und die Juden als zu vertreibende Kolonisatoren dargestellt.
Svenja an Annalena: Was sage ich denn dazu in der Tagesschau?
Svenja Schulzes Formulierung glich dabei aufs Haar der Antwort des Auswärtigen Amtes (AA) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Petr Bystron, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, und der AfD-Fraktion. Die AfD-Fraktion hatte schon 2021 gefordert, die Mittelvergabe an die UNRWA zu stoppen und stattdessen auf die UNHCR zu setzen, „deren“ Flüchtlinge zudem halb so viel kosten wie die „UNRWA-Flüchtlinge“. Derweil spricht UNRWA-Chef Philippe Lazzarini von einer chronischen Unterfinanzierung des von einer Heerschar von Staaten, supranationalen Organisationen (EU) und NGOs finanzierten Palästinenser-Hilfswerks. Im Gazastreifen ist die UNRWA praktisch identisch mit der dank breiter Unterstützung herrschenden Hamas. Über die UNRWA werden dort auch großzügige Renten für Witwen und Waisen von Selbstmordattentätern gezahlt.
Erste große, aber schon bekannte Information aus der Antwort der Bundesregierung: Die Überprüfung der UNRWA durch den Zusammenschluss großer Geberstaaten, „federführend“ von der Bundesregierung betrieben, kann derzeit nicht stattfinden. Im April hatte dieser „Prozess“ begonnen, doch nun heißt es in der Antwort des Auswärtigen Amtes: „Aufgrund der aktuellen Lage hat das Netzwerk zur Bewertung der Leistungsfähigkeit multilateraler Organisationen die Finalisierung des Berichts über die Evaluierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten temporär pausiert.“ So lapidar kann man sein Scheitern, das Zerschellen der eigenen, hohen Moralmaßstäbe dokumentieren. Im Klartext: Eigentlich wollten wir ja prüfen, aber der durch die Hamas losgetretene Terror-Krieg erlaubt es nicht. Geld zahlen wir ihnen aber trotzdem, sogar mehr als ohne Krieg.
Die Bundesregierung bleibt also dabei, dass „die Arbeit von UNRWA finanziell und politisch“ unterstützenswert bleibt. Sie will die UNRWA – anders als deren aktueller Chef – nicht aufgelöst sehen. Auswärtiges Amt und Entwicklungshilfeministerium setzen ihre Finanzierung fort und berufen sich dabei auf Beschlüsse in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Das wiederum bedeutet, dass dieses fragwürdige Gremium, in dem auch die deutsche Delegation nicht gegen anti-israelische Beschlüsse aufgestanden ist, als richtungsweisend für die deutsche Förderpraxis genommen wird. In Sachen Solidarität mit Israel, dessen Sicherheit bekanntlich Teil deutscher Staatsräson ist, bedeutet das, den Bock (die islamisch und antiwestlich beeinflusste Mehrheit in der UN-Vollversammlung) zum Gärtner zu machen.
Keine eigene Prüfung, aber ein nebelhafter „positiver Trend“
Und natürlich haben Auswärtiges Amt und BMZ keine Studien über den Antisemitismus der UNRWA-Schulen in Auftrag gegeben. Das Geld dafür war schon für die Stärkung der eigenen Ideologie-Legionen verbraucht worden. In der Antwort aus dem Auswärtigen Amt heißt es dann wieder: Die UNRWA sei qua Mandat verpflichtet, das nationale Curriculum des jeweiligen Gaststaates inklusive den von den zuständigen Behörden herausgegebenen Schulbüchern zu verwenden“. Die UNRWA prüfe „nationale Curricula und Lehrbücher aktiv“, habe aber leider keinen Einfluss auf beides. Und was ist aber nun eigentlich mit den „Curricula und Lehrbüchern“ in Gaza und dem Westjordanland? Dort gibt es keinen anderen arabischen Staat, der Israelhass in seinem Curriculum hätte. Für den Judenhass im Gazastreifen ist eben nur die Hamas bzw. die sie wählenden Einwohner verantwortlich. Ganz sicher hat aber diese Bundesregierung keinerlei Einfluss auf die Aktivitäten der UNRWA, obwohl sie durch ihre Zahlungen den Unterricht mit israelfeindlichen, antisemitischen Schulbüchern finanziert und unterstützt.
Ähnlich wie schon im Korruptionsfall EU–Katar wird daneben der „Trend“ zum König der Bundesregierung bzw. der westlichen Betrachter der islamischen Welt ausgerufen. Angeblich gibt es nämlich laut Analyse des Georg-Eckert-Instituts (GEI) „einen positiven Trend in der Überarbeitung und Entfernung von problematischen Inhalten“ in den Schulbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde. Das ist freilich nur ein Teilbereich der UNRWA-Wirkungssphäre, die daneben auch Gaza, den Libanon und Jordanien umfasst. Die GEI-Studie belege aber auch, dass „es weiterhin problematische Schulbuchinhalte, Auslassungen und einseitige Darstellungen gibt“, fügt das AA noch pflichtschuldig hinzu. Die Bundesregierung „thematisiert entsprechende Vorwürfe“ regelmäßig und begrüßt, dass „UNRWA nach eigenen Angaben eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Antisemitismus verfolgt“. Also noch einmal der Bock als Gärtner, die UNRWA als Notengeber ihrer selbst.
Und auch zur Hamasnähe, Islamischer-Dschihad-Nähe oder PFLP-Nähe von Lehrern oder UNRWA-Mitarbeitern hat die Bundesregierung selbstverständlich keine anderen Informationen, als in der Presse vorliegen. Sie verlässt sich vollkommen auf die Versprechen der Organisation, weil ihr eine Prüfung der Umstände an Ort und Stelle ohnehin nicht möglich ist. Es ist wie mit anderen Ausgaben dieser Ampel-Regierung auch: Für Projekte in nicht befreundeten Ländern mit zweifelhaftem Nutzen wird viel Geld ausgegeben. Kontrollierbar ist weder, ob das Geld bei den imaginierten Schützlingen ankommt (vgl. die generellen Korruptionsvorwürfe gegen die UNRWA), noch ob es einem guten Zweck zugutekommt.
Der Schluss aus allen Indizien muss vielmehr sein, dass die Gelder für die UNRWA definitiv schlecht investiert sind, weil sie den misslichen Zwischenzustand in der Region um Israel (das Gegenstand deutscher Staatsräson ist) verlängern und vertiefen. Allerdings gibt es in Deutschland keinen annähernd luziden öffentlichen Diskurs über diese Zusammenhänge. Stattdessen kann eine eigentlich überflüssige Entwicklungshilfeministerin sagen, dass Gelder an die Israel-Gegner langfristig Israel zugutekämen. Niedriger geht‘s nimmer mit dem intellektuellen Niveau.