Tichys Einblick
Abscheuliche Bilder aus Berlin:

Jüdische Studenten drangsaliert und bespuckt

Die aktuellen Video-Aufnahmen der bedrohten, an die Wand gedrückten jüdischen Studenten aus Berlin erinnern an die finstersten Zeiten an deutschen Universitäten, als in den 30er Jahren nationalsozialistische Horden jüdische Professoren und Studenten attackierten.

IMAGO

Unisono wiederholen Politiker, aber auch der Zentralrat der Juden, seit langem das Mantra von Innenministerin Nancy Faeser (SPD): „Antisemitismus und die Gefahr für Juden kommt vor allem von rechts.“ Auch der Verfassungsschutz stützt diese These, in der Polizeistatistik werden 90 Prozent aller antisemitischen Straftaten der rechten Szene zugeordnet.

Die Ereignisse der vergangenen zwei Monate scheinen diese Thesen als eine absurde Fehleinschätzung zu entlarven. Denn seit den Massakern der Hamas in Israel am 7. Oktober demonstrieren islamische, arabische und linke Gruppen auf den Straßen deutscher Städte anschaulich, wer vor allem in diesem Land meist schamlos den Hass auf Juden und den jüdischen Staat verbreitet. Mehr als 100 antisemitische Straftaten gegen jüdische Einrichtungen und Synagogen in dieser Zeit runden dieses Bild ab.

Am Donnerstag nun wurden ernsthafte Anschlagspläne arabischer Terroristen der Hamas gegen Juden und jüdische Institutionen in Berlin bekannt. Zudem zeigten verstörende Bilder, wie an der „Freien Universität“ (FU) Berlin am gleichen Tag radikal linke, pro-palästinensische Demonstranten jüdische Studenten drangsalierten und bedrängten.

Ihnen wurde der Zugang zu dem Hörsaal verweigert, in der die nicht angemeldete Protestveranstaltung der Jugendorganisation der türkischen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) stattfand. Am Saal-Eingang hieß es: „Zionisten nicht“.

Etwa 100 Mitglieder und Sympathisanten der Organisation „Young Struggle“ demonstrierten im Saal gegen einen „barbarischen Genozid in Gaza“, bezeichneten Israel als „mordenden Apartheid-Staat“. Fotos aus dem Gaza-Streifen mit Kinderleichen, blutverschmierten und verbrannten Säuglingen bedeckten die Rückwand des FU-Hörsaals.

Ein jüdischer Student berichtete der Zeitung BZ, dass er bespuckt wurde. Zwei Personen wurden bei „Rangeleien“ (auf diesen Begriff ziehen sich die Öffentlich-Rechtlichen zurück) leicht verletzt. Die Polizei griff erst nach mehr als sechs Stunden ein, da die FU-Leitung erst dann von ihrem Hausrecht Gebrauch machte und nach den Ordnungskräften rief. Die Video-Aufnahmen der bedrohten, an die Wand gedrückten jüdischen Studenten erinnerten an die finstersten Zeiten an deutschen Universitäten, als in den 30er Jahren nationalsozialistische Horden jüdische Professoren und Studenten attackierten.

Der jüdische Student Enno Speer (21) kritisierte gegenüber der WELT die Universitätsleitung, die zunächst die nicht angemeldete Veranstaltung dulden wollte, und erst nach „Druck aus der Politik zugunsten einer Räumung“ eingriff. Zuvor habe eine Mitarbeiterin aus der „Stabsstelle Diversity“ vor dem Hörsaal abgewiegelt: „Man muss beide Seiten sehen, und wir können hier jetzt nicht zensieren…“

An den amerikanischen Universitäten seien Juden heute „schon wieder Freiwild“, berichtete der amerikanische Rabbi Abraham Cooper vor drei Wochen in der „Jüdischen Rundschau“. In Deutschland hätten Behörden und Polizei jahrelang tatenlos zugesehen, wenn arabische und islamistische Extremisten „ungestraft auf den Straßen von Berlin ‚Tod den Juden‘“ riefen, kritisierte das Gründungsmitglied des Simon-Wiesenthal-Centers Los Angeles. Deshalb lasse sich jetzt kaum jemand davon abhalten, mit verlogenen und hasserfüllten Parolen wieder auf die Straße zu gehen.

Dabei sei das schon illegal. Deutschland brauche keine neuen Gesetze. „Was man braucht, ist der politische und soziale Wille, das anzupacken“, so der Rabbiner. „Werft diese Leute aus dem Land. Das wäre ein deutliches Signal, … dass Deutschland diese schockierende Entwicklung wirklich ernsthaft angreifen will.“

An der FU Berlin wurde allerdings am Donnerstag deutlich, wie sehr sich die Universitätsleitung beim Nahostkonflikt um eine „ausgewogene Haltung“ bemüht. Diese Sichtweise, um die sich demonstrativ auch viele Journalisten, Wissenschaftler und Künstler in Deutschland und in vielen westlichen Ländern bemühen, verwischt die Unterschiede zwischen israelischen Truppen und Hamas-Terroristen, zwischen demokratischen Strukturen in Israel und den Willkür-Regimen in den palästinensischen Gebieten, zwischen der israelischen Regierung, die den Anspruch hat, den Krieg so human wie möglich zu führen, und den menschenverachtenden Massenmördern in der Hamas-Führung.

Der Antisemitismus scheint in Deutschland, aber auch in anderen westlichen Staaten, auf eine höchst irritierende Weise gesellschaftliche Gräben zu überbrücken. Im Hass auf Juden und den jüdischen Staat finden sich Alt und Jung zusammen, ewiggestrige Reaktionäre und glühende Revolutionäre, abgehobene Intellektuelle ebenso wie action-verliebte Aktivisten, Rechtsradikale und Linksradikale, Muslime und Atheisten, die Apologeten des Postkolonialismus und des Anti-Rassismus sowie große Teile der Jugend-Bewegungen wie Letzte Generation oder Fridays for Future.

All diese unterschiedlichen Gruppen und Bewegungen eint ein hoch emotionaler, wütender Antisemitismus – und viele auch, dass für sie Israel als letzte, westliche, „weiße“ Kolonialmacht gilt. Juden kennen allerdings schon seit zwei Jahrtausenden die unterschiedlichsten Vorzeichen von wachsender Verfolgung und drohenden Pogromen. Schon seit langer Zeit haben die Alarmglocken nicht schriller geklungen als derzeit.

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