Tichys Einblick
Dezember beginnt mit Terror

Deutscher in Paris erstochen – Terrorpläne und Drohungen auch in Deutschland

Von Nancy Faeser angekündigt, wird der Terror im deutschen Advent schon fast zur Normalität. In Göppingen wurde ein Weihnachtsmarkt geräumt, in Hannover konnte ein Messerattentat im letzten Moment verhindert werden. Auch in Paris erstand eine Terrorzelle aus früheren Jahren. Nun starb ein deutscher Tourist in der französischen Hauptstadt durch Messerstiche eines Islamisten.

IMAGO / ABACAPRESS

Wenn Nancy Faeser vor Terror warnt, dann steht er bereits vor der Tür. Das konnte man wissen, und man weiß es heute umso mehr, nachdem die versuchten und „gelungenen“ Terroranschläge wie reife Trauben herabgefallen sind. In Paris wurde ein Deutscher Opfer durch das Messer eines iranischstämmigen Franzosen, der angeblich das Sterben von Muslimen in Afghanistan und dem Gazastreifen nicht mehr ertragen mochte. In Hannover und Göppingen gab es ernstzunehmende Bedrohungen durch einen Iraker und einen Unbekannten.

Am Mittwoch war Verfassungsschutzchef Haldenwang an die Presse gegangen, um vor Terroranschlägen mit radikal-islamischem Hintergrund zu warnen. Seine Wortmeldung schaffte es bis in internationale Zeitungen, etwa auch in Frankreich, wo man naturgemäß besonders genau bei diesem Thema hinhört. Ehrlicherweise sprach Haldenwang von „parallelen Krisen mit einer komplexen und angespannten Bedrohungslage“, die durch die Ereignisse rund um den Gazastreifen nur verstärkt werden. Die wahre Krise liegt im Inland, wo es mehrere Bundesregierungen versäumt haben, für rechtskonforme Verhältnisse an den Grenzen und Sicherheit im Land zu sorgen.

Einen Tag später verstärkte Faeser die Krisenwarnung ihres Behördenchefs, mit praktisch den gleichen Worten. Es war vermutlich nicht mehr ihre Wahl, ob sie diese Worte sagte. Der Sicherheitsapparat hat im Zweifel die Oberhand über eine fachfremde Ministerin. Im Hintergrund begann die Adventszeit und damit ein möglicher Höhepunkt im Terrorkalender. Das Attentat des Tunesiers Anis Amri auf den Berliner Weihnachtsmarkt wirkt hier noch immer inspirierend. Eine Attacke auf christliche, im weitesten Sinne abendländische Bräuche und Feiertage ist aus radikal-islamischer Sicht nur logisch. Die deutsche Gesellschaft, wie sie besteht, soll verunsichert und für die Akzeptanz des Islams vorbereitet werden. Sprachliche Neufassungen wie „Wintermarkt“ und Ähnliches entsprechen einem vorausgehenden Gehorsam gegenüber den Terroristen.

Innenministerin Behrens: „Haben auch weiterhin Islamisten“

Die geplanten Taten sind auch Anschläge auf Weihnachten als Zeit der „Geborgenheit und Sicherheit im Kreis der Familie“, wie ein israelischer Terrorexperte in den Stuttgarter Nachrichten zitiert wird. „Diese Atmosphäre durch Anschläge zu zerstören, gerade in dieser Zeit Angst und Schrecken zu verbreiten“, erscheine vielen Terroristen als „die Königsklasse des Terrorismus“.

Und tatsächlich: Im beginnenden Advent wollten ein junger Deutsch-Afghane und ein Tschetschene mit russischem Pass aus Burscheid (NRW) und Wittstock an der Dosse (Brandenburg) einen Kleinlaster auf einem Weihnachtsmarkt in Leverkusen zur Explosion bringen. Nach anderen Schilderungen wollten sie mit dem Wagen in eine Menschenmenge fahren, um dann Benzin auszuschütten, es anzuzünden und so möglichst viele Menschen umzubringen. Man mag lachen, aber auch schlecht ausgedachte Anschlagspläne können übel enden.

Die Täter sind erst 15 und 16 Jahre alt. Dies und die Wohnorte sind wichtig, weil sie anzeigen, dass ein Internetzugang vollkommen ausreicht zur Radikalisierung im Sinne des IS. Der 15-jährige Deutsch-Afghane hatte angeblich schon Benzin für das Vorhaben besorgt. Stattfinden sollte das Ganze am 1. Dezember. Am 28. November wurden beide festgenommen. Erste Hinweise auf die IS-Sympathien der beiden kamen angeblich aus dem Ausland.

Nun erfährt man, dass schon eine Woche zuvor die niedersächsische Polizei einen jungen Iraker in Gewahrsam genommen hat. Der 20-Jährige ist seit vergangenem Jahr in Deutschland, lebt in Sachsen-Anhalt und hatte in Niedersachsen eine Stelle gefunden. Trotz alledem plante er, Besucher eines Weihnachtsmarktes in Hannover mit einem Messer anzugreifen, vermutlich um möglichst viele von ihnen zu töten. Nun wird wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation im Ausland ermittelt, dahinter dürfte sich wiederum der IS verbergen. Die Abschiebung des Mannes war laut dem Magdeburger Innenministerium für den 1. Dezember geplant. Die niedersächsische Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), betonte mit unklarer Absicht: „Wir haben auch weiterhin Islamisten.“ Die Polizei sei auf niedersächsischen Weihnachtsmärkten „sehr klar und robust unterwegs“.

Grenzgebiet im Herzen der eigenen Stadt

In der Tat ist auch bundesweit immer häufiger Polizei auf Weihnachtsmärkten nötig. In Hannover soll es eine mobile Wache, auch als Anlaufstelle für mögliche Anzeigen, geben. Zudem wird der Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt wieder mit Kameras überwacht. Ob das gegen gerissene Selbstmordattentäter hilft? In Frankfurt werden laut Polizeichef sogar verdeckte Ermittler eingesetzt.

Am vorläufigen Ende der Chronologie musste im baden-württembergischen Göppingen ein Weihnachtsmarkt geräumt werden, nachdem ein Mann am Samstag eine Drohung per Anruf ausgesprochen hatte. Womit er gedroht hatte, wollte die Polizei „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht mitteilen. Die Identität des Mannes bleibt ungeklärt. Oberbürgermeister Alexander Maier (Grüne) begrüßte die präventive Räumung des Marktes und hofft, dass der Täter schnell überführt werden kann. Heute soll der Markt wieder geöffnet sein. Aber wie fühlt es sich an, dort hinzugehen? Ist es noch genauso wie gestern? Vielleicht unter Glühwein-Einfluss. Aber vielen Bürgern erscheinen die einst besinnlichen Märkte nun als Grenzgebiet im Herzen der eigenen Stadt, das abgesichert werden muss, damit man sich auch wieder sicherer fühlen kann, wie es von der Bild festgehalten wird.

Mordtat unter dem Eiffelturm und die Ausrede der psychischen Störung

Ein Gang zum Weihnachtsmarkt kann in diesen Zeiten gefährlich werden. Aber auch ein romantischer Urlaub in Paris kann tödlich enden, wie der gestrige Tag ergab. Es ist keine ganz neue Erkenntnis. Ein 24-jähriger Deutscher wurde am Samstag in der Nähe des Eiffelturms zum Opfer eines Messerangriffs. Er erlitt Messerstiche am Rücken und an der Schulter und starb wohl an einem Herzstillstand. In Paris war er mit seiner Freundin, die einen Schock erlitt. Geboren war der Mann auf den Philippinen.

Daneben wurden zwei Männer, ein 60-jähriger Franzose und ein englischer Tourist, mit einem Hammer verletzt. Der Täter, ein 1997 geborener Franzose iranischer Abstammung, verrichtete seine Untaten mit dem Ausruf „Allahu akbar“. Im Polizeiverhör gab er an, dass er es nicht mehr ertragen könne, dass Muslime in Afghanistan und dem Gazastreifen sterben. Frankreich trage eine Mitschuld am Gaza-Krieg. Er selbst wollte angeblich als Märtyrer sterben.

Schon 2016 war der Franko-Iraner Armand Rajabpour-Miyandoab wegen eines gescheiterten Anschlagsplans zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er stand seitdem in der nationalen Terrordatei, wurde aber nicht abgeschoben. In einem Bekennervideo hat er laut Polizei und Pressemeldungen dem IS die Treue geschworen und sich dazu bekannt, mit seinen Taten „Muslime rächen“ zu wollen. Laut dem Terrorismus-Analyse-Thinktank CAT stand Rajabpour-Miyandoab im Kontakt mit den Mördern von Samuel Paty und dem Priester Jacques Hamel sowie auch mit einem weiteren Attentäter, der 2016 den Polizisten Jean-Baptiste Salvaing und seine Lebensgefährtin umbrachte. Die vier Extremisten gehörten zu einer 2012 aufgelösten (?) terroristischen Zelle, die ein Kalifat in Frankreich errichten wollte.

Spiegel und Tagesschau zweifeln noch am Motiv

Nur deutsche „Qualitätsmedien“ (Spiegel, Tagesschau) zweifeln noch immer am radikal-islamischen Charakter seiner Tat, sprechen von einer „womöglich“ und „mutmaßlich islamistisch motivierten“ Tat. Als Rechtfertigung haben sie den französischen Innenminister Darmanin auf ihrer Seite, der zum Tatort eilte und dort nicht nur den radikalen Islamglauben des Mannes erwähnte, sondern auch umgehend die „erheblichen psychischen Störungen“, unter denen er leide. Vor einigen Monaten hatte der Terrorist seine Medikamente allerdings nicht mehr genommen, was eher darauf hindeutet, dass er sie als hinderlich für sein Leben ansah.

Élisabeth Borne schrieb auf X: „Wir werden dem Terrorismus nicht nachgeben. Niemals.“ Präsident Macron ist gerade auf einer Auslandsreise in Katar und sprach der Familie des getöteten Deutschen sein Beileid aus. Nun habe die nationale Antiterrorismus-Staatsanwaltschaft die Aufgabe, „den Fall vollständig aufzuklären, damit im Namen des französischen Volkes Gerechtigkeit walten kann“. Der RN-Vorsitzende Jordan Bardella beklagte, dass ein Fall dem anderen folge, „mit systematisch denselben Situationen, denselben Personen, denselben Profilen“. Auch dieser Attentäter habe auf der Terrorliste gestanden und sei überdies vorbestraft: Es sei „die Schwäche von Gérald Darmanin, das französische Volk zu schützen“, die zu diesen Dramen und Todesfällen führe.

Anzeige
Die mobile Version verlassen