Tichys Einblick
In Gedanken an das Mädchen

Das Urteil zur Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen ist ein fatales Signal

Von mehreren Männern, die ein 15-jähriges Mädchen in Hamburg brutal vergewaltigt haben, muss nur einer in Haft. Dieses Urteil stellt für Frauen und Mädchen einen Schlag ins Gesicht dar. Warum schützt die Justiz Täter, insbesondere solche, die keinerlei Reue für das Ausmaß ihrer Taten zeigen?

IMAGO

Welches Signal wird gesendet, wenn neun Männer mit Migrationshintergrund ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigen und dann mit milden bis keinen Strafen davonkommen? Männer, die während des 18 Monate lang dauernden Prozesses keinerlei Reue gezeigt haben. Es ist ein Freifahrtschein. Und es fehlte nur noch die offen geäußerte Frage: „Warum hat dieses Mädchen aber auch so viel getrunken?“

Ein derartiges Verbrechen ist inakzeptabel und sollte mit angemessenen Strafen geahndet werden. Und in diesem Fall wäre ein deutliches Mehr von allem zumindest ein Hauch in die richtige Richtung gewesen. Aber es fehlt offenbar jegliche Sensibilität für das, was einmal Recht war, geschweige denn das Recht für Frauen und Mädchen. Dieses Recht ist verkommen zu einem Relikt der Vergangenheit, einem Witz der Gegenwart. Die Rechtsprechung sollte Gerechtigkeit und Schutz für Opfer gewährleisten, tut dies jedoch nicht. Die Frage ist, warum?

Unsicherheit im öffentlichen Raum
Deutliche Zunahme der Vergewaltigungen in Berlin und Hamburg
Wenn solche Taten nicht angemessen bestraft werden, untergräbt dies zunehmend das Vertrauen in das Justizsystem. Ein Gefühl der Ungerechtigkeit entsteht oder wächst dadurch sogar weiter. Diese Rechtsprechung ist weder fair noch konsequent und erfüllt letztendlich nicht ihren Zweck, die Gesellschaft vor Tätern zu schützen und Opfer zu unterstützen.

Was soll man dazu sagen? Ich bekomme es im privaten Kreis immer öfter mit, wie Eltern sogar schon ihr Kindergartenkind ermutigen, sich energisch zu verteidigen, wenn es im Kindergarten oder in der Schule von einem anderen Kind angegriffen wird. Anstatt darauf zu vertrauen, es den Erziehern oder Lehrern zu sagen, weil diese mal wieder „nichts gesehen“ haben und wenn doch, sie „eh nichts tun können“, weil das gewalttätige Kind nun mal so sei oder es ja so schwer habe.

Es lässt Eltern ratlos und hilflos zurück und ändert nichts daran, dass die Leidtragenden, die Opfer, dennoch die anderen sind und es auch bleiben. Allein diese „kleine“ Tatsache, die täglich und überall in Deutschland, besonders deutlich in staatlichen Institutionen des Bildungssystems stattfindet, offenbart das große Problem im deutschen Rechtssystem im Kleinen. Diese vermeintlich kleine Lappalie unter Kindern bildet jedoch den Grundstein für die steigende Bereitschaft zur Selbstjustiz als Reaktion auf diese Ungerechtigkeiten sowie die fortgesetzte untragbare Rechtsbeugung, wie in diesem Fall.

Als Frau und Mutter wird mir durch solche „Urteile“ immer klarer, dass ich es lieber haben würde, mein Kind wäre Täter als Opfer, wenn es unausweichlich wäre, weil es im deutschen Rechtssystem seit Langem normal ist, Täter statt Opfer zu schützen, Opfer statt Täter zu verhöhnen, und weil die Rechtsprechung das Unrecht vertritt. Als Täter kommt man frei. Als Opfer gibt es keinen Freispruch. Die stählernen Knastgitter, die die Täter nicht mal sehen müssen, sitzen dann im Kopf und Herzen.

Warum also schützt man Täter? Dafür kann es nur den einen Grund geben: Schwäche – und die daraus resultierende Angst. In diesem Fall hat die Richterin wohl zu ihren eigenen Gunsten entschieden. Denn die Angst davor, dass ihr eines Abends Freunde, Familie oder Landsleute der Täter begegnen und Rache nehmen könnten, ist offensichtlich realer und begründeter als die Angst vor den wütenden Briefen „besorgter Bürger“.

Diese nimmt sie in deutscher Manier zur Kenntnis, heftet sie im Ordner unter der Rubrik „rechte Hetze und Gewalt“ ab und holt sie dann wieder heraus, wenn irgendwo ein Flüchtlingsheim brennt. Und dann entstehen wieder neue Opfer, deren Täter man dann entweder nicht findet oder vorverurteilt. Und so schließt sich der Kreis, nachdem jeder bekam, was er wollte – außer die Opfer: Gerechtigkeit.

In Gedanken an das 15-jährige Mädchen!

Anzeige
Die mobile Version verlassen