Hat überhaupt noch jemand in Deutschland, außer den knapp 900 Grünbewegten, die zum Parteitag nach Karlsruhe gepilgert sind, Lust auf die Ampel? Zumindest sind sie in einem Punkt realistisch, sie wollen aus ihrem Programm den Begriff „Wohlstand“ streichen, denn „Wohlstand“ stünde für „Verschwendung und Ineffizienz“, die „Fokussierung auf materielle Sicherheit“ sei in „großen Teilen kontraproduktiv“, stattdessen sollten besser „gesunde Natur und Lebensmittel“ in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Pleite-Ampel zerstört den hart erarbeiteten Wohlstand der Deutschen in rekordverdächtiger Schnelle, treibt die Wirtschaft außer Landes. Bei den famosen Taten des Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir regen sich immer stärker Zweifel, ob nach der Ampel noch genügend Lebensmittel in Deutschland produziert werden.
Es ist gerade einmal eine Woche her, da hat das Bundesverfassungsgericht die Haushaltspraxis der Ampel für verfassungswidrig und für nichtig erklärt. Der Ampel fliegt ihr Haushalt um die Ohren, sie kippt wieder einmal die Schuldenbremse des Grundgesetzes, die vor ein paar Tagen Christian Lindner noch einzuhalten schwor. Der Haushaltsentwurf für 2024 wird die Ampel in diesem Jahr wohl nicht mehr mit dem Parlament beraten wollen. Doch man hört aus Regierungskreisen, dass man wegen der Eilbedürftigkeit des Haushaltes die Fristen für die parlamentarische Beratung verkürzen möchte – darin hat die Ampel bereits Übung, die übrigens auch vom Verfassungsgericht als nicht verfassungskonform festgestellt wurde. Demokratie ist für die Helden der Ampel aber auch zu lästig, am besten man umgeht sie mit Verfahrenstricks, mit Täuschungen und hochnotwendiger Vergesslichkeit.
Heute nun ließ die Länderkammer, der Bundesrat, gleich drei zustimmungspflichtige Gesetze durchfallen. Nicht einmal die eigenen Leute in den Ländern tragen die Ampel-Politik in Berlin noch mit. Wenn es soweit ist, dann ist der Autoritätsverlust des Bundeskanzlers und seiner Minister enorm. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte das Wachstumschancengesetz, das die Länderkammer heute ablehnte, „einen Vertrag zu Lasten Dritter“, Bremens sozialdemokratischer Bürgermeister Bovenschulte begründete seine Ablehnung mit den Worten: „Was der Bund mit dem Wachstumschancengesetz macht, entspricht in etwa dem, was ein Kneipengänger tut, wenn er eine Lokalrunde ausruft und dann seinem Nachbarn in die Tasche greift, um diese zu bezahlen.“ Anke Rehlinger aus dem Saarland kommentierte trocken: „Es macht aber keinen Sinn, dass wir Länder das bei ÖPNV, Kitas und Schulen einsparen.“
Bereits im Vorfeld hatte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert gewarnt: „Klar ist aber auch: Beschlossene oder aktuell geplante Steuerentlastungen der Bundesregierung, wie das Wachstumschancengesetz, werden bei vielen Kommunen zu wachsenden Haushaltsdefiziten führen. Es kann deshalb sein, dass einzelne Städte gezwungen sind, zum Ausgleich die Kommunalsteuern zu erhöhen.“ Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn Göppert sagt, dass die Gemeinden zu harten Konsolidierungsmaßnahmen gezwungen seien, wenn Bund und Länder die Gemeinden nicht mit ausreichenden Mitteln versorgten. Denn Bund und Länder versorgen die Gemeinden nicht nur nicht mit ausreichenden Mitteln, sondern sie bürden den Kommunen mit ihrer zerstörerischen Einwanderungspolitik zusätzliche und immer höhere Kosten auf.
Dieses Gesetz in den Bundesrat einzubringen, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Bundeshaushalt für 2024 gekippt hat, zeugt entweder von besonderer Dreistigkeit oder von besonderer Dummheit.
Darum geht es. Das Gesetz sieht steuerliche Entlastungen bis 2028 für Unternehmen und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Jährlich würden die Unternehmen um 7 Milliarden steuerlich entlastet. Das würde zu Einnahmeausfällen von 32 Milliarden Euro bis 2028 führten, Ausfällen, von denen der Bund 37 %, die Länder und Kommunen aber 63 % zu verschmerzen hätten. Doch die Länder und Kommunen sind ohnehin schon durch Faesers Turbomigration in die deutschen Sozialsysteme am Limit. Alters- und Pflegeheime werden schon für die Vielen, die laut Göring-Eckardt sich in unseren Sozialsystemen wohlfühlen sollen, geräumt. Den Kommunen, so rechnete Weil vor, würden 2 Milliarden Euro Steuerausfälle aufgebürdet werden, bei übrigens einer Steigerung der Investitionen von nur 0,6 %, wie das Institut der Deutschen Wirtschaft verlautbart. Und natürlich ist der Kern des Gesetzes, wie kann es anders sein, die Habeckeconomics, die Klimaschutzstaatswirtschaft. Unternehmen sollen bis zu 15 % an direkten Zuschüssen erhalten, wenn sie in Energieeffizienzmaßnahmen investieren.
Allerdings sind die Regel im Gesetz so kompliziert, dass Mittelständler sie wohl kaum in Anspruch nehmen können, und sie am Ende, wie immer trotz gegenteiliger Bekundungen der Großindustrie, die über die nötigen Verwaltungsapparate verfügt, um dem Bürokratieaufbau der Ampel begegnen zu können, zugute kommen. Die Ampel, deren Politik zur Deindustrialisierung, zu Deutschlands wirtschaftlichem Niedergang führt, beschließt unter pompösem Namen eine im Grunde kleine Steuerreform für Unternehmen, um die Konzernlenker bei Laune zu halten, verbunden mit weiterer finanzieller Förderung des Klimakomplexes, die dann die Bürger auf Umwegen bezahlen müssen. Man könnte in diesem Licht Lindners Wachstumschancengesetz auch ein Bürgerausplünderungsgesetz nennen.
Auch Lauterbachs intransparentes „Krankenhaustransparenzgesetz“, das wohl auch nicht im Vermittlungsausschuss reanimiert werden kann, stoppte der Bundesrat. Kern des Gesetzes war ein Online-Atlas, der Auskunft über die Leistungen und Behandlungsqualität der bundesdeutschen Krankenhäuser geben soll. Die Bundesländer kritisieren zu recht, dass Lauterbach ein Krankenhaustransparenzgesetz erdichtet, sich in Nebensächlichkeiten ergeht, während die dringendsten Probleme einer Lösung harren, beispielsweise die Reform der Pflege. Auch Wissings Novelle der Straßenverkehrsordnung lehnte die Länderkammer ab. Das Gesetz, wie könnte es bei der Primaklimaampel auch anders sein, wollte die stärkere Berücksichtigung des Klima- und Umweltschutzes erreichen, indem den Behörden künftig erlaubt sein soll, „Sonderfahrspuren“ für E-Autos und Wasserstoff-Fahrzeuge einzurichten und mehr Tempo 30 Zonen einzurichten. Zu welchen Staus die „Sonderfahrspuren“ für Radfahrer, die vielen Spurverengungen und Tempo 30 Strecken jetzt schon führen, könnte Wissing in Berlin besichtigen, wenn er sich wie ein Normalsterblicher durch Berlin bewegen müsste. Was glaubt Volker Wissing wie breit eine Straße ist, wie viel Platz dort für immer neue Sonderfahrspuren ist. So gesehen erinnern die Sonderfahrspuren an die Sondervermögen der sehr besondere Ampel.
Bereits im Vorfeld hatten sich die Länderchefs kritisch zu den Gesetzen, vor allem zum Wachstumschancengesetz geäußert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erboste sich deshalb auch: „Es ist natürlich überhaupt keine Art und auch in keiner Weise vertrauensbildend, dass bei einem solchen Gesetz ohne Absprache, ohne vernünftiges Miteinander-Ringen dieses Gesetz vorgelegt wird – unter dem Motto: Friss oder stirb… Das ist einfach schlechte Regierungsarbeit.“
Es scheint doch so zu sein, die Ampel schwelgt im Machtrausch in Berlin und weiß nicht, was im Lande vorgeht, und in den Ländern weiß man nicht mehr, was sich in den Köpfen der Ampel-Koalitionäre abspielt. Dass die eigene Leute, dass die SPD Länderfürsten der Ampel die Gefolgschaft entzogen haben, zeigt den Autoritäts- und Ansehensverlust der Regierung besonders drastisch. Der linke und woke Spiegel, die Prawda der Regierung, titelt heute: „Absturz eines Besserwissers“ – und meint damit Olaf Scholz. Es ist jedoch besser, dass die Ampel rasch stürzt, bevor Deutschland kippt. Weit von dem bei Woken und Klimabewegten beliebten Wort Kipppunkt sind wir indes nicht mehr entfernt. Die Ampel ist vom Frühling direkt in die letzten Novembertage gefallen. Nun wird es nur noch grau und unvergnüglich. Ihre Protagonisten Scholz, Habeck, Lindner, Faeser und Baerbock wirken müde, alt und verbraucht. Christian Lindner versetzt den langjährigen Staatssekretär Werner Gatzer in den einstweiligen Ruhestand. Gatzer gilt als Architekt des Haushaltes. Das Bauernopfer ist also gefunden. Lindner sollte allerdings schauen, wie Gatzer das Bundesfinanzministerium verlässt, er könnte diesen Gang bald nachahmen müssen. Auf dem Parteitag in Karlsruhe hatte Robert Habeck Friedrich Merz als einen Mann von gestern, von vorgestern schmähen wollen. Gelobt hat er indessen Daniel Günther, den Grünen mit dem schwarzen Parteibuch. Kurze Pointe: auch Günthers Haushalt kippt gerade.
Der Bundeswirtschaftsminister hat nicht gewusst, als er die vermeintliche Schmähung Merzens in den Saal brüllte, dass „Vorgestern“ immerhin Zukunft bedeutet – und Habecks „Zukunft“ spätestens seit 1989 Vergangenheit ist.