Tichys Einblick
Ausgaben-Orgie im Bundestag

Wie man das Geld anderer Leute verprasst

Bis kurz vor halb fünf Uhr morgens hat der Haushaltsausschuss des Bundestages getagt. Ein 60-Milliarden-Loch klafft im Etat, weil die Karlsruher Verfassungsrichter die Buchungstricks der Ampel gestoppt haben. Vom Sparen will die Regierungskoalition trotzdem nichts wissen.

IMAGO

Spendierlaune. So kann man die Stimmung im Haushaltsausschuss des Bundestages wohl am besten zusammenfassen. In der obligatorischen und längst zum Ritual verkrusteten Nachtsitzung haben sich die Abgeordneten noch einmal über den Bundeshaushalt 2024 gebeugt.

Der Etatentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe noch einmal „zahlreiche Änderungen“ erfahren, so melden es die Agenturen. Inhaltlich sind die Beratungen der Budgets damit beendet, das teilen die Chefhaushälter der Ampel-Koalition mit. Trotzdem bleiben wichtige Fragen völlig ungeklärt (dazu gleich mehr).

Klar ist aber: Das Geld wird mit vollen Händen ausgegeben.

Zum Beispiel für die Arbeitnehmer-Stilllegungsprämie, die die Ampel zärtlich „Bürgergeld“ nennt. Für die Erhöhung des Regelsatzes – im Schnitt zwölf Prozent mehr für etwa fünf Millionen nicht arbeitende Menschen – werden 3,4 Milliarden Euro zusätzlich freigegeben. Weitere 1,4 Milliarden kostet die Übernahme von Miet- und Heizkosten.

Selbst die wenigen Sparpläne Lindners sind gekippt. Vorgesehene Kürzungen bei den Jobcentern in Höhe von 600 Millionen Euro sind zurückgenommen. Stattdessen bekommen die Jobcenter jetzt sogar 150 Millionen Euro mehr – damit Flüchtlinge schneller Arbeit finden, heißt es.

Um weitere 150 Millionen gegenüber Lindners Plan steigen die Bafög-Mittel für Schüler und Studenten. „Wir stellen als Ampel-Haushälter zusätzliche 150 Millionen Euro zur Verfügung“, sagt der Grüne Bruno Hönel. Tatsächlich stellen natürlich nicht die Abgeordneten irgendwelches Geld zur Verfügung, sondern die Steuerzahler. Hönels Zitat wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auf die selbstherrliche Leichtfertigkeit, mit der die Ampel-Politiker das Geld anderer Leute ausgeben.

Darüber freuen kann sich unter anderem der so sympathische und bekanntlich allseits beliebte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Gerade erst im Oktober hat er vorgerechnet, dass er für die Long-Covid-Forschung 40 Millionen Euro zur Verfügung habe. Er brauche aber 100 Millionen, sagte Lauterbach vor wenigen Wochen.

Doch warum kleckern, wenn man auch klotzen kann? Für die Erforschung der Langzeitfolgen von Corona-Erkrankungen bekommt der Gesundheitsminister jetzt sogar 150 Millionen Euro – also viel mehr, als er nach eigener Aussage braucht. Deutschland werde in der Long-Covid-Forschung jetzt EU-weit führend sein, jubelte Lauterbach prompt. Und irgendwo hört man Registrierkassen klingeln.

Den Ansatz für die Wiedergutmachung von Impfschäden erhöht die Ampel übrigens nicht.

Gleich 500 Millionen Euro mehr als von Lindner vorgesehen bekommt der grüne Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: für „internationale Projekte zum Klimaschutz“. Inwieweit die deutsche Wirtschaft – oder der deutsche Steuerbürger, der das ja alles bezahlen darf – davon profitieren, ist bisher nicht bekannt.

Die Mittel für all das grüne Transformieren müssen freilich irgendwo herkommen, das wissen sogar die Abgeordneten der Regierungskoalition. Deshalb wird die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wohl wieder erhöht. In der Corona-Zeit war hier der Satz von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden, um die durch Lockdowns und Veranstaltungsverbote arg gebeutelten Wirte etwas zu entlasten. Ab 1. Januar werden in den Gaststätten jetzt offenbar wieder die alten 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.

Formal sollen die Haushaltsberatungen in einer Sondersitzung des Ausschusses am kommenden Donnerstag abgeschlossen werden. Erst dann wird auch klar sein, wie stark sich der Bund im kommenden Jahr neu verschuldet und wie viel Geld er insgesamt ausgeben wird.

Die Union hat eine Verschiebung der Sitzung gefordert, weil die Auswirkungen der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für den Haushalt 2024 noch unklar seien. Das BVerfG hat ja gerade geurteilt, dass im Nachtragshaushalt für 2021 Kredite aus dem Corona-Fonds in Höhe von 60 Milliarden Euro nicht – wie von der Ampel vorgesehen – in einen Klima-Fonds übertragen werden dürfen.

Da klafft jetzt also ein großes Loch im Haushalt, von dem noch niemand weiß, wie es gestopft werden soll. Die abschließende Sitzung des Haushaltsausschusses am kommenden Donnerstag will die Ampel aber nicht verschieben – wohl aus Furcht vor öffentlichem Gesichtsverlust. Immerhin findet aber am Dienstag eine Sachverständigen-Anhörung zu den Folgen des BVerfG-Urteils statt.

Und das Haushaltsloch könnte sogar noch größer werden: Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, jetzt auch das sogenannte Sondervermögen zur Energiepreisbremse von den Verfassungsrichtern prüfen zu lassen.

All das hat die Mitglieder im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nicht davon abgehalten, sich im Morgengrauen noch mit einer wirklich dringenden Angelegenheit zu beschäftigen:

Einhellig haben die Abgeordneten die Bundestagsverwaltung aufgefordert, bis Ende Juni des kommenden Jahres alle Faxgeräte im Parlament abzuschaffen. Tätigkeiten, für die man diese Geräte noch brauchen könnte, müssen bis dahin digitalisiert werden.

Deutschland im Jahr 2023. Noch Fragen?

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