Am Donnerstagmorgen kam es zur bundesweiten Großrazzia in sieben Bundesländern gegen mehrere Vereine, die in den Dunstkreis des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) gehören. Der Zugriff erfolgte zwar zum Teil verzögert (weil ein Eisengitter erst langwierig geöffnet werden musste), aber durchaus früh am Tage. Es war noch nicht hell. Das garantiert freilich noch keinen Überraschungseffekt, der ja schon in Sachen Hamas- und Samidoun-Verbot durch öffentliche Ankündigungen des Bundeskanzlers verpatzt wurde.
Grundlage der heutigen Durchsuchungen ist ein „vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren“ gegen das IZH, wie das Bundesministerium des Innern (BMI) auf seiner Website mitteilt. Das IZH stehe im Verdacht, „sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten“. Damit wären Verbotsgründe nach dem Vereinsgesetz erfüllt. Daneben ging man dem Verdacht nach, dass das Zentrum weiterhin die seit 2020 in Deutschland verbotene Hisbollah unterstützt.
Genau das ist aber mittlerweile schon seit Jahrzehnten bekannt. Die große Frage ist, warum das BMI und die aktuelle Innenministerin Nancy Faeser (SPD) solange gewartet haben, gegen den eng mit dem iranischen Regime verflochtenen Verein vorzugehen.
Hamburger Zentrum ist wohlverbandelt in der deutschen Islamszene
Nancy Faeser gibt sich nun aufgewacht, dabei hatte sie zuvor fast zwei Jahre an dieser Front verschlafen: „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele Jüdinnen und Juden besonders bedroht fühlen, gilt: Wir dulden generell keine islamistische Propaganda und keine antisemitische und israelfeindliche Hetze. Gerade jetzt kommt es auf hohe Wachsamkeit und ein hartes Vorgehen an. Deswegen gehen wir jedem begründeten Verdacht entschieden nach.“ Gut, dass die Innenministerin nun darauf gekommen ist. Aus ihren Worten geht hervor, dass „islamistische“ Propaganda bisher durchaus in Ordnung war, mindestens geduldet wurde. Anders ist das jahrelange Zuschauen der Behörden nicht zu erklären.
Sogar die Hamburger Stadtregierung, selbst lange zögerlich, hatte zuletzt auf ein Verbot des IZH gedrängt. Der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) wertete die Razzia als „harten Schlag“. Die Zeit des IZH sei „erkennbar abgelaufen“. „Je schneller das IZH nun als Ganzes aus Hamburg verschwindet, umso besser. Mit dem heutigen Tag sind wir dem ein ganzes Stück näher.“ Gegründet worden war es allerdings schon 1953, als die islamische Machtübernahme im Iran noch ferne war. Später, nach der Revolution im Iran, wurde das IZH dann direkt der iranischen Führung untergeordnet.
Das IZH war im Jahre 1994 Gründungsmitglied des „Zentralrats der Muslime in Deutschland“, der sich gerne als Vertreter der Muslime in Deutschland präsentiert. Daneben gründete das IZH den Verein „Schura Hamburg“ (seit 1999) und die „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (seit 2009) als Dachverband von 150 schiitischen Moscheegemeinden.
Jahrzehntelange Verdachtsmomente wiegen erst jetzt schwer
Doch für Faeser wiegen die Verdachtsmomente gegen das Zentrum offenbar erst jetzt schwer. Dabei wird der Verein seit 30 Jahren (seit 1993) vom Hamburger Verfassungsschutz beobachtet. In diesem Jahr wurde über eine Klage des IZH gegen den Hamburger Verfassungsschutz entschieden. Das Gericht gab dem Verfassungsschutz Recht und ermöglichte so, dass das IZH weiterhin als „extremistische Gruppierung“ in den Berichten des Landesverfassungsschutzes geführt wird.
An der Ausrichtung des Zentrums bestand seit spätestens 2004 kein Zweifel, als die Hamburger Innenbehörde schrieb: „Das IZH verfolgt als verlängerter Arm der Teheraner Revolutionsführung konsequent das Ziel, islamistisches Gedankengut nach heimatlichem Vorbild in Deutschland zu verbreiten […], u. a. durch die Gründung neuer Islamischer Zentren bzw. die Unterstützung entsprechender Vorhaben sowie durch vielfältige Formen der Kooperation mit anderen Gruppierungen und Einrichtungen in Deutschland und im europäischen Ausland.“
In Veranstaltungen wie dem „Tag der offenen Moschee“ zeige das Zentrum ein freundliches Gesicht, wolle einen „auf Kooperation setzenden Islam“ vermitteln. Tatsächlich bleibe das Zentrum aber den „Revolutionszielen KHOMEINIs verpflichtet, die auf den Export der islamischen Revolution mit dem Ziel der Islamisierung der gesamten Welt ausgerichtet sind“. Daneben gehörte das Zentrum über Jahre zu den Organisatoren des Berliner Al-Quds-Tags. Außerdem unterstützte es die „in Hamburg lebenden HIZB ALLAH-Anhänger, denen u. a. Versammlungsräume zur Verfügung gestellt werden“.
Der IZH-Leiter ist „Vertreter des Obersten Führers“ in Europa
In einem neueren Bericht des Hamburger Verfassungsschutzes von 2021 heißt es kurz und knapp: „Das IZH ist ideologisch, organisatorisch und personell ein Außenposten des Teheraner Regimes“. Das Landesamt für Verfassungsschutz wertet die Tätigkeit des IZH auch nach dem Jahre 2021 noch als „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ gerichtet. Das „besondere Gewicht des IZH als verfassungsfeindliche Bestrebung“ bestehe darin, dass es „nicht offen erkennbar islamistisch auftritt, sondern sich vielmehr als interkulturelle und interreligiöse Begegnungsstätte inszeniert, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur und Gesellschaft akzeptiert zu werden“.
Analytisch sahen die Erkenntnisse der Hamburger Verfassungsschützer wie folgt aus: Der IZH-Leiter, derzeit Muhammad Mofatteh, ist weisungsgebundener „Vertreter des Obersten Führers“, also von Ayatollah Khamenei. Mofatteh sei zudem direkt an das „Büro des Revolutionsführers“ angebunden und diesem natürlich „berichtspflichtig“. So konnten zum Beispiel auch Holocaust-Leugner wie der Groß-Ayatollah Makarem Schirazi durch eigene Schreiben an den IZH-Leiter Einfluss auf dessen Tätigkeit nehmen. Das IZH sei mithin keine „rein religiöse Einrichtung“, wie es immer gerne den Eindruck erweckte. Der IZH-Leiter werde direkt vom Revolutionsführer eingesetzt und ernannt, ja er ist dessen „Stellvertreter“ in Europa. Deutschland beherbergt seit Jahrzehnten die offizielle europäische Zentrale des Mullah-Regimes, die auf den „Export der islamischen Revolution“ abzielt. Der Hamburger Verfassungsschutz folgerte messerscharf, dass „nur eine linientreue Person für diese Position des IZH-Leiters in Betracht“ komme, die „sich innerhalb des theokratischen Regimes auf verschiedenen Posten bewährt hat“.
Zaghaftigkeit und Wegschauen als Leitschnur der Innenpolitik
Daneben hat das IZH auch Bücher herausgegeben, die nicht wirklich mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu vereinbaren sind. Etwa das Werk „Der Islamische Staat“ vom iranischen Revolutionsführer Chomeini persönlich, das die Demokratie ablehnt, die Steinigung für Ehebrecher, Auspeitschung von Islam-Abtrünnigen und die öffentliche Hinrichtung von Homosexuellen fordert. Chomeini weist außerdem darauf hin, dass der Islam „keine Trennung von Religion und Politik“ kenne.
Das Dokument des Hamburger Verfassungsschutzes endet in der Art eines Vademecums mit der Erklärung des Begriffes „Theokratie“: „Theokratien sind meist repressiv und totalitär, unterdrücken Pluralismus und Meinungsfreiheit und beanspruchen oberste Autorität in Fragen der Ethik, Moral, Weltanschauung und sogar des Lebensstils. Theokratie und freiheitliche demokratische Grundordnung schließen sich aus.“
Es brauchte offenbar einen neuen Krieg in Israel, das sich so gegen den islamisch-terroristischen Angriff der Hamas zur Wehr setzt, damit Nancy Faeser endlich gegen die deutsche und europäische Filiale von Unterstützern dieses Terrors und Verbreitern des „Islamismus“ vorging. Die Informationen lagen in steigender Dosierung schon lange vor, der neue Hamburger Bericht von 2021 krönte diesen Komplex. In dem Jahr kam Nancy Faeser ins Amt. Es ist aber darüber hinaus ein Armutszeugnis für die deutsche Innenpolitik insgesamt seit vielen, vielen Jahren, dass man der Ausbreitung und Vernetzung des politischen Islams in Deutschland so lange tatenlos zugeschaut hat.