Der Ampel wurde wieder einmal bescheinigt wie schon beim GEG, dass sie es nicht kann, dass sie schon rein handwerklich nicht regierungsfähig ist. Sie hat diesmal das Prädikat verfassungswidrig und „nichtig“ für ihre Arbeit erhalten. Besonders nackt steht Christian Lindner da, der als Finanzminister die Fachverantwortung für den Murks trägt. Er musste eine Ausgabensperre für den Klima-Transformations-Fonds verhängen, allerdings dürfen die „notwendigen“ und zugesagten Projekte für 2024 weiterbezuschusst und finanziert werden. Man wird also die Ampel fragen müssen, in welcher Höhe sie 2024 wofür Geld aus dem KTF ausgeben möchte. Außerdem hat er die Aufgabe, einen neuen Wirtschaftsplan für den KTF zu erarbeiten.
Mit Steuererhöhungen darf gerechnet werden, vielleicht auch mit der Aussetzung der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Habecks Wirtschaftsweise Veronica Grimm hat auch schon wie bestellt gefordert: „Statt auf Ordnungsrecht und Förderprogramme zu setzen, sollte man die CO2-Bepreisung stärken und die Härten über ein Klimageld abfedern.“ Das Dumme ist nur, dass nach Art der Regierung die drastische Steuererhöhung unter dem Lable „CO-2-Bepreisung“ kommt, das „Klimageld“ für die Bürger jedoch wieder vergessen wird. Wie auch immer: Die Ampel wird sich die 60 Milliarden holen, weil sie sie braucht – und mehr als diese 60 Milliarden, um Deutschlands Wirtschaft zu Grunde zu richten. Hauptleidtragender wird der Mittelstand sein, entgegen allen Beteuerungen Habecks in dessen phrasenreicher Industriestrategie.
Der Zweite Nachtragshaushalt 2021, wie das Bundesverfassungsgericht nun höchstrichterlich mitteilt, ist höchst unseriös. Was erwartet man also von einer Bundesregierung, die ihn beschlossen hat? Was erwartet man von einem Bundeskanzler, der als Bundesfinanzminister unter Merkel die Idee für den Zweiten Nachtragshaushalt 2021 entwickelt hat? Das Copyright besitzt an der famosen Idee also nicht Lindner, sondern Scholz.
Was die Drei von der Zankstelle noch zusammenhält, ist die pure Not, denn Neuwahlen wollen weder die Grünen, noch die SPD und schon gar nicht die FDP. Man könnte sehr verkürzt formulieren: eher bricht Deutschland als die Ampel-Koalition. Die FDP ist nicht sinnbildlich, sondern ganz real in der Schizophrenie, zumindest in der Vergesslichkeit angekommen. Während der Bundeskanzler sich an die Cum-Ex-Vorgänge nicht mehr so recht erinnern kann, hat sich Christian Lindner bei seinem Auftritt in der Schweiz offenkundig nicht mehr daran erinnert, dass er der deutsche Bundesfinanzminister ist und der Regierung angehört. Stattdessen klagte er dort über Deutschland, als gehöre er der Opposition an. Nur Robert Habeck erinnert sich noch an alles, nur das dieses „Alles“ Märchen und Sagen sind von der guten E-Kutsche und vom Knecht Wasserstoff und von einem tanzenden Volk unter Windrädern.
Die Situation ist eindeutig, die Konsequenzen sind es nicht. Friedrich Merz spricht von einer veritablen Krise. Das ist nicht richtig, die Krise begann 2011 mit dem Atomausstieg und mit Merkels Energiewendealchemie, erfuhr durch die „Willkommenskultur“ 2015 eine drastische Verschärfung, weitete sich durch die Pandemie-Politik zur Veritabilität aus und führt durch die Ampelpolitik zum Multiorganversagen. Sieht man sich die Reaktionen der Drei von der Zankstelle an, dann wundert man sich nur darüber, dass diese drei Politiker und ihre Heerscharen an Beratern und an Fachleuten nicht damit gerechnet haben, dass das Bundesverfassungsgericht das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für verfassungswidrig und für nichtig erklären könnte, wie es nun geschah. Nicht, dass das ein Wunder ist bei der eindeutigen Rechtslage. Die einzige Erklärung, die sich anbietet, ist, dass immer wenn sich Regierungen in der Geschichte als fortschrittlich deklarieren, sie die rationale Vernunft gegen die Selbstermächtigung und den Machtrausch ausgetauscht haben.
Die Bundestagsfraktion der AfD hatte bereits bei den Beratungen im Februar 2022 über dieses Gesetz die Kritikpunkte benannt, mit denen nun auch das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz verwirft, und zwar mit den fehlenden Prinzipien der Konnexität, der Jährigkeit und der Jährlichkeit. Die Bundesregierung war nicht in der Lage, den Zusammenhang (Konnex) zwischen Pandemie und Klima herzustellen. Die Kreditermächtigung, die ausgestellt war für die Bekämpfung der Folgen der Pandemie, die als nicht vorhersehbare Naturkatastrophe eingeschätzt wurde, hat mit dem Klimawandel so viel zu tun wie der Kaffeesatz mit dem Satz des Pythagoras. Deshalb lässt sich die Kreditermächtigung nicht von der Pandemie auf den Klimawandel übertragen, weil das erste nicht voraussehbar war, das zweite es aber ist, weshalb sich Maßnahmen langfristig planen lassen.
Das andere Prinzip, das Scholzens famose Idee verletzt, ist das der Jährichkeit, die festlegt, dass der Haushaltsplan vor Beginn des Rechnungsjahres festzulegen ist und daher „Ermächtigungen nur bis zum Ende des Haushaltsjahres in Anspruch genommen werden“ dürfen. „Anschließend verfallen sie grundsätzlich ersatzlos“, wie das Bundesverfassungsgericht in der Urteilsbegründung schreibt. Das entspricht der jedem Haushälter bekannten Definition: „Der Grundsatz der Jährigkeit ist ein Haushaltsgrundsatz, der besagt, dass die im Haushaltsplan erteilten Ermächtigungen nur für die Dauer desjenigen Haushaltsjahrs gelten, für das der Haushaltsplan durch die Haushaltssatzung (Kommunen) bzw. das Haushaltsgesetz (Bund, Länder) festgesetzt worden ist.“
Man hätte es also wissen können, wenn man es denn gewollt hätte. Das Bundesverfassungsgericht mahnt im Urteil, dass auch die Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsjahr „voraussichtlich kassenwirksam werden“ müssen. Andernfalls kann Nachvollziehbarkeit und Kontrolle des Haushalts nicht mehr vom Parlament geleistet werden. Die Ampel hatte die Kreditermächtigung über 60 Milliarden bilanztechnisch im Haushaltsjahr 2021 belassen, aber die Ermächtigung selbst auf den KTF übertragen. Doch diese Kreditermächtigung wäre mit dem Jahr 2021 „ersatzlos“ verfallen. Keinesfalls kann man im Jahr 2022 einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 beschließen.
Man kann es drehen, wie man will, die Koalitionäre haben haushälterisch Russisch Roulette gespielt und verloren. Sie werden jetzt daran gehen, neue Geldquellen zu erschließen. Von ihrem Ziel werden sie nicht ablassen. Bundeskanzler Scholz hat in einer schon an Dreistigkeit grenzenden Inhaltsleere im Parlament bekräftigt, dass er die Transformation ins wirtschaftliche und gesellschaftliche Nirwana, die er für wichtig hält, vorantreiben will, damit „wir“ CO-2 neutral werden und die deutsche Industrie global wettbewerbsfähig bleibt. Eine so große als Utopie verkleidete Dystopie wurde wohl noch nie in einem so kurzen Satz ausgesprochen, dessen Teile sich diametral widersprechen. Scholz – und das ist die Drohung, die vom gestrigen Tag ausgeht – will sich Zeit lassen und in Ruhe überlegen, wie man formal das Urteil erfüllt und inhaltlich nichts an den Zielen verändert. Es hört sich danach an, dass man das Urteil nicht befolgen, sondern biegen will. Es ist nun an der Opposition, wachsam zu bleiben – an der Opposition und an den Medien.
Die FDP hat gestern nicht die Regierung verlassen, was sie hätte tun müssen, wenn sie noch eine eigene Partei sein will und nicht der Punchingball zwischen Grünen und SPD, wenn sie, um es altmodisch auszudrücken, noch eine Seele besäße.
Die Ampel wird den Weg bis zu Ende gehen. Danach ist Wiederaufbau angesagt.