Auch an diesem Wochenende gab es – wie schon in den vergangenen Wochen immer wieder – eine riesige Pro-Palästina- und tatsächlich regelrechte Pro-Hamas-Demonstration in London. Laut der Metropolitan Police zogen 300.000 pro-palästinensische Demonstranten durch die Straßen der britischen Hauptstadt, um einen Waffenstillstand im Gaza-Konflikt zu fordern. Laut Angaben der Veranstalter waren es sogar 800.000 Demonstranten, Ex-Labour-Chef Jeremy Corbyn machte eine glatte Million daraus,die er vermutlich per Augenmaß gezählt hatte. Wenn die Veranstalter (und Corbyn) hier übertreiben könnten, dann wird man zumindest die Zahl der Polizei als glaubwürdig ansehen müssen. Welchen Grund hätte sie, den Aufmarsch noch größer zu machen, als er ohnehin schon war?
Nach einer Woche des Gezerres war man vor allem froh, dass man es überstanden hatte. Die Polizei selbst hatte eine Verschiebung gefordert, um die Lage zu entzerren. Innenministerin Suella Braverman hatte den Vorschlag der Polizei ausdrücklich begrüßt und dabei von „Hass-Marschierern“ gesprochen. Damit meinte sie eindeutig die vielen antisemitischen Muslime und zog sich prompt die Kritik des wichtigsten muslimischen Politikers des Landes zu, des schottischen Premiers Humza Yousef.
Auch Premierminister Rishi Sunak war durchaus besorgt, was diese Demo anging. Denn der Sonnabend war zugleich ein nationaler Feiertag, an dem die Briten sich an den Waffenstillstand erinnern, der zum Ende des Ersten Weltkriegs führte – nach vier Jahren des Grabenkriegs in Verdun und anderswo. Das aktuelle Geschehen im Gazastreifen ist natürlich nicht damit vergleichbar, weder der Dauer noch der Zahl der Opfer nach. Trotzdem eigneten sich die Demonstranten diesen Tag quasi an, um ein Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen zu fordern.
Unter den Organisatoren der massiven Demonstration waren allerdings solide Überraschungen, darunter zuallererst eine unlängst nach England eingewanderte Spitzenkraft der Hamas, wie der Telegraph weiß. Muhammad Kathem Sawalha stand Ende der Achtzigerjahre an der Spitze der Terror-Organisation im Westjordanland und galt bis 2019 als wichtiger Berater („mastermind“) in der Gruppe. Inzwischen wohnt er in einer Londoner Sozialwohnung, ist aber Gründer der Muslim Association of Britain (MAB). Zusammen mit anderen Hamas-nahen Gruppen hat er den Marsch vom Samstag geplant. Kein Wunder, dass man auch die eigentlich verbotene Flagge der Hamas in London sehen konnte, wie der Spectator berichtet. Daneben auch andere Insignien des Terrors.
Metropolitan Police wartete mit Festnahmen – bis nach der Demo
Zu den Organisatoren zählte auch die British Muslim Initiative, in deren Reihen ein weiterer ehemaliger Hamas-Anführer und der „Sondergesandte“ der Hamas in Großbritannien sind. Natürlich finden sich auch hamas-nahe Akademiker, die die demokratische Gesinnung der Hamas hervorheben oder die Tatsache, dass die Hamas von den Gaza-Bewohnern demokratisch gewählt worden sei.
Auch in England zeigt sich, dass die Genehmigung derartiger Demonstrationen es Islamisten erlaubt, den öffentlichen Raum zu besetzen und ihn „mit antisemitischem Hass zu füllen“, wie der Journalist und Thatcher-Biograph Charles Moore am Freitag schon ahnte. Nun gab es in der Tat auch auf dieser Demo wieder Schilder mit Sprüchen wie „Netanyahu: Hitler wäre stolz“ oder „Willkommen in Gaza, Partnerstadt von Auschwitz“, wie der Telegraph berichtet. Natürlich konnten auch die Parolen von der „Apartheid“, aber auch „Vom Fluss bis zum Meer“ nicht fehlen. Letzteres war auch hier der dominante Sprechchor. Ein Plakat zeigte eine Schlange, die Israel darstellt und den Globus zu würgen scheint – eine klassische antisemitische Verschwörungserzählung.
Wie viele Personen wegen solcher Plakate festgenommen wurden? Anscheinend gar keine. Der Trick ist hier: Die Polizei kündigte an, die notwendigen Festnahmen und Ermittlungen erst nachträglich durchführen zu wollen, nicht direkt bei der Demonstration. Das hätte dann wohl doch für Unruhe gesorgt, und das wollte man sich ersparen. Anders war das im Fall der viel kleineren Gegendemonstration von Briten, die schon etwas länger auf der Insel zu Hause sind. Sie wurden wahlweise als Hooligans oder „Rechtsextreme“ (in den Worten des Londoner Bürgermeisters Sadiq Khan oder auch denen von Humza Yousef) präsentiert und als weitaus gefährlicher eingestuft, als es die 300.000 bis 800.000 Muslime auf Londons Straßen gewesen seien.
Die Gefährlichkeit der Sache erweist sich in Berlin
Dass das nicht immer so bleiben muss, zeigt ein Vorfall aus Berlin, wo alleine schon eine auf dem Balkon gezeigte Israel-Fahne zu wildem Türbollern und Beschimpfungen führt. Die Polizei hatte auch hier abgeraten und das Abspielen der israelischen Nationalhymne unterbunden.
Auch der Intellektuelle Konstantin Kisin fand, dass die wahren Nazis eher im Zug der 300.000 zu finden waren.
In München sind ebenfalls Tausende – für die Sache der Hamas auf die Straße gegangen. Auch hier war die Palästinenser-Flagge am Rathaus offenbar ein Muss. Doch das erregte anscheinend keinen Argwohn. „Die mehrstündige Demonstration verlief friedlich. Es gab eine Anzeige wegen eines Plakates, so die Polizei. Andere Zwischenfälle habe es nicht gegeben“, schreibt der BR. Die Polizei attestiert also die Unbedenklichkeit, wo Demonstranten offenbar ins Rathaus eindringen konnten und eine landesfremde Fahne hoch über der Uhr vom Rathausturm flattern ließen. Wenig später wurde die Flagge laut Polizei wieder entfernt – allerdings durch Mitarbeiter des Rathauses. Wie es dazu kommen konnte und ob die Stadt deshalb Anzeige erstatten würde, war laut SZ am Abend noch unklar.
In Nürnberg demonstrierten etwa 800 Personen unter „verschärften Auflagen“, wie die tz schreibt – mit Verweis auf die Forderungen nach einem Kalifat auf der Essener Demonstration vom vergangenen Wochenende. Es gab laut Polizei zwei „Ausrufe“, die möglicherweise strafrechtlich relevant waren. Identitätsfeststellungen sind erfolgt.
In Augsburg hat man nun übrigens aufgegeben. Nachdem die Israel-Fahne vor dem Rathaus schon zum zweiten Mal herabgerissen wurde, ersetzte die schwarz-grüne Stadtregierung das leidige Stoffstück durch „zwei ‚Friedensstadt‘-Flaggen und eine ‚Wir-alle-sind-Augsburg‘-Flagge“, so der BR. Das wird natürlich ein stolzes Zeichen für „Augsburg als Friedensstadt“ sein. Die Israelfahne war zuletzt abends abgenommen und erst morgens wieder gehisst worden. Auch die ukrainische Flagge soll in diesem Zuge nicht mehr vor dem Rathaus hängen. Das sei mit der Israelitischen Kultusgemeinde und den ukrainischen Vereinen in Augsburg so besprochen worden.