Tichys Einblick

Tesla plant Billig-Auto in Grünheide

Bereits im Jahr 2020 kündigte Musk ein sparsames kleines 25.000 US-Dollar-Elektroauto an. Daraus wird erstmal nichts. Aufgegeben hat Musk das Projekt kostengünstiges Auto aber nicht. Auf der Suche nach stark unterausgelasteten Kapazitäten ist er sehr schnell auf seine neuen Werke in Austin (Texas) und vor allem in Grünheide gestoßen.

Tesla Giga-Factory, Grünheide, Brandenburg, Deutschland, 26.09.2023

IMAGO / Schöning

Tesla-CEO Elon Musk ist immer wieder für eine Überraschung gut. Das war schon Anfang letzten Jahrzehnts so, als der quirlige IT- und Elektronik-Freak seine ersten Elektroautos Model X und Model S auf den Markt brachte – und über Nacht die etablierten Autohersteller mit ihren Verbrennerautos erst in Erstaunen, dann Ernüchterung und schließlich in Panik versetzte ob des Erfolgs seiner hochpreisigen reinen Elektroautos auf Basis wieder aufladbarer Batterien (BEV).

Innovationsgenie Elon Musk betrachtete ein Auto völlig anders als Generationen vor ihm, nämlich durch die IT-Brille als „fahrbaren Computer auf Rädern“, der im Endstadium seiner Entwicklung auch noch völlig autonom ohne Fahrer unterwegs sein könne.

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Musk gelang es, seine schmale Palette an Tesla-Modellen binnen kurzem zur Kultmarke zu machen. Aus hohen Verlusten wurden 2022 mit Überschreiten der Millionen-Absatzmarke hohe Gewinne. Musk selber stellte für das Jahr 2030 einen Weltabsatz von 20 Millionen Tesla-Fahrzeugen in Aussicht. Die dazu notwendigen neuen Automodelle und Fertigungskapazitäten sollten mit Milliardeninvestitionen bereitgestellt werden.

Bereits im Jahr 2020 kündigte Musk ein sparsames kleines 25.000 US-Dollar-Elektroauto an, damals als Model 2, heute Model Q in den Medien annonciert. Gebaut werden sollte es mit völlig neuer revolutionärer Produktionstechnik mit Giga-Presswerkzeugen für die Karosserie und ohne teure Fügeroboter etc. in hoch arbeitsteiliger Handarbeit in der Montage – passend zum mexikanischen Lohnniveau.

Doch der Zenit von Expansion und Markterfolg bei Tesla scheint überschritten. Die Tesla-Produktion fiel im dritten Quartal 2023 trotz hoher Verkaufsrabatte erstmals unter das Niveau des Vorquartals zurück, die selbst „ernannten Tesla-Jäger“ aus der „Alten Autoindustrie“, vor allem die deutschen Premium-Hersteller BMW und Daimler, holten auf und gewinnen Marktanteile, die Tesla-Umsatzrendite, die zuvor utopisch hoch war, fiel sogar unter das Niveau der deutschen Autohersteller zurück – ein absolutes Novum.

Und bei der – zum wiederholten Male – geplanten Markteinführung des futuristischen 70.000 US-Dollar teuren Cybertrucks mit Stahlkarosse zum 30. November 2023 spricht Musk vom „Cybertruck-Grab“ und hohen Stückverlusten. Die ursprünglich mal avisierte Cybertruck-Jahresproduktion von 250.000 Einheiten dürfte der Tesla-Chef trotz angeblicher Vorbestellungen von einer Million daher kaum realisieren – schon in eigenem Interesse nicht.

Ein Novum für Musk waren nicht nur heftige Rabattgefechte zur Erreichung des Jahresabsatzziels von 1,8 Millionen Tesla-E-Autos auf den wichtigsten Absatzmärkten China und USA, sondern auch seine Ankündigung, die im Bau befindliche Gigafactory 6 in Mexiko nahe der US-Grenze würde angesichts „hoher Zinsen und der unsicheren Wirtschaftslage“ zunächst auf Eis gelegt, und frühestens 2025/26 in Betrieb genommen; es könne auch 2027 werden. Damit dürften Expansions-Pläne für weitere Gigafactories in Kanada (Nr. 7) und möglicherweise Nr 8 in Ungarn – Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán wurde jüngst im Tesla-Hauptquartier in Austin (Texas) gesichtet – vorerst in der Versenkung verschwinden.

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Die Verschiebung des Anlaufs von Giga Mexiko hat Folgen. Geplant war dort die Millionen-Produktion eines neuen billigen Elektroautos für 25.000 US-Dollar. Dieses Billig-Auto für die unteren Marktsegmente war bereits 2020 von Musk für 2023 angekündigt worden, ausgestattet mit einer BYD-Batterie.

Allerdings: Über das Tesla-Einstiegsmodell hat Musk schon 2020 das erste Mal gesprochen. Musk kündigt neue Modelle meist weit im Voraus an und verschiebt die Termine für die Markteinführung oft mehrmals. Nach aktuellem PR-Stand soll das Fahrzeug 2025 auf den Markt kommen. Details sind noch nicht bekannt, Musk zufolge ist das Design des neuen Fahrzeugs deutlich konventioneller als das anderer Modelle. Es sei „cool“ und „schön“, aber „zweckmäßig“ (Automobilwoche). Der Tesla-Absatz sollte mit dem 25.000-Dollar-Auto um eine weitere Million gesteigert werden.

Tesla hat zwar die Preise für seine aktuellen Modelle in den vergangenen Jahren mehrmals gesenkt, trotzdem sind Elektroautos für viele Verbraucher immer noch zu teuer. Gebrauchte Verbrennerautos können sie nicht ersetzen. Hinzu kommt, dass es anders als bei Verbrennern noch keinen großen Gebrauchtwagenmarkt gibt, weil viele Modelle noch nicht lange genug auf dem Markt sind. Mehrere Hersteller haben zwar günstigere E-Autos angekündigt, diese sollen jedoch wie das Tesla-Modell erst in einigen Jahren auf den Markt kommen. Vor Kurzem hat Citroen mit der Ankündigung des elektrisch angetriebenen e-C3 für 23.300 Euro für Aufsehen gesorgt (Automobilwoche).

Ermöglichen will Tesla das niedrige Kosten- sprich Preisniveau von 25.000 Dollar durch eine völlig neue Produktionstechnik in Giga Mexiko mit Giga-Großpressen im Karosseriebau und einer völlig branchenunüblichen, kleinteiligen Fügetechnik in der Montage in Arbeitszellen – passend zum niedrigen Lohnniveau in Mexiko. Musk will den Produktionsprozess weiter vereinfachen und setzt dafür auf weitere große, von den sogenannten Gigapressen hergestellte Teile. Damit soll die Produktion sowohl günstiger als auch schneller werden. Hinzu kommen günstigere Batterien. Ob von BYD ist inzwischen fraglich.

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Aus all dem wird 2023 nichts mehr werden, auch 2024 nicht. Zum einen ist Modell Q, das in Mexiko in Giga 7 zu low-cost produziert werden sollte, nicht fertig entwickelt. Zum anderen hat Musk den Anlauf von Giga Mexiko um mehrere Jahre verschoben.

Aufgegeben hat Musk das Projekt Billig-Auto aber nicht. Auf der Suche nach stark unterausgelasteten Kapazitäten ist er sehr schnell auf seine neuen Werke in Austin und vor allem in Grünheide gestoßen.
So lautet die Schlagzeile der Automobilwoche am 6. November 2023: „Tesla will 25.000-Dollar-Auto in Deutschland bauen!“

Bei seinem jüngsten Besuch im Giga-Werk Grünheide (Berlin) hat Tesla-Chef Elon Musk angekündigt, das geplante Einstiegsmodell auch in Deutschland bauen zu lassen. Bisher wird in Grünheide nur das Kompakt-SUV Model Y gebaut, das erfolgreichste Modell der Marke. Als weiterer Standort für das neue Modell kommt die Fabrik in Texas in Frage.

Die Frage für Insider ist: Ist die Ankündigung von Musk, in Grünheide Billig-Teslas zu produzieren nur ein PR-Gag oder gibt es reale Gründe dafür? Fakt ist: Für eine Produktion des neuen Billig-Models Q fehlen in Grünheide nach Ansicht von Experten alle Voraussetzungen, wie sie Elon Musk in Mexiko von vorneherein installieren wollte. Was in Mexiko möglich gewesen wäre, ist es in Deutschland nicht, schon aus arbeitsrechtlichen und gewerkschaftlichen Gründen.

Wenn Musk dennoch in Grünheide (und Austin) das neue Billig-Modell produziert, dann um die dortige Unterauslastung der Fertigungsanlagen zu vermindern. Damit bewahrheitet sich ein alter Grundsatz der Automobilindustrie: „Das teuerste Auto ist das, was nicht produziert wird!“


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