Tichys Einblick
Habecks Strategie:

Sind die Grünen an der nächsten Regierung beteiligt, wird es kein Deutschland mehr geben

Robert Habeck plant einen Umbau der Marktwirtschaft in eine Kommandowirtschaft. Wirtschaftswachstum findet nur noch da statt, wo der Staat investiert. Die Wirtschaft wird, statt zu erwirtschaften, Steueraufkommen verwirtschaften.

IMAGO / IPON

Dass die Ampel die schlechteste Regierung ist, die die Bundesrepublik je hatte, dürfte in den allgemeinen Bestand der Binsenwahrheiten eingegangen sein. Das Kabinett wirkt wie eine Gruppe von Leuten, die zufällig wie zu einer Segelpartie zusammengekommen sind, von denen aber jeder eine andere Vorstellung vom Segeln durchzusetzen versucht. Im gemeinsamen Routenplan, Koalitionsvertrag genannt, heißt es: „Wir erarbeiten eine Industriestrategie, die in Verbindung mit dem European Green Deal in eine europäische Lösung eingebettet ist und durch geeignete Maßnahmen Carbon Leakage verhindert.“

Doch nicht mit einer gemeinsam erarbeiteten Industriestrategie traten Kanzler, Finanzminister und Wirtschaftsminister an die Öffentlichkeit, sondern Robert Habeck mit seiner eigenen, alleinigen Industriestrategie, die von den beiden anderen aus gutem Grund nicht mitgetragen wird, allein. Denn nichts anderes plant Robert Habeck als den vollständigen Umbau der deutschen Marktwirtschaft in eine von Habeck und seinen ideologischen Freunden gewünschte staatlich dominierte Kommandowirtschaft.

Mariana Mazzucato
Die Frau, deren Wirtschaftsvorstellungen Robert Habeck umsetzen will
Die Strategie selbst ist nicht neu, ihre Bestandteile finden sich in den Vorstellungen und Büchern der Vulgärmarxistin Marianna Mazzucato. Nicht ein Gedanke entdeckt man in Habecks Papier, auf den er ein Urheberrecht anmelden dürfte, all das findet sich bereits bei Karl Polanyi in „The Great Transformation“ und bei Mazzucato, wie auf TE analysiert wurde. Habecks Mittel des Wirtschaftsumbaus, was zugleich auch als Staats- und Gesellschaftsumbau vollzogen wird, sind Investitionen des Staates, Subventionen, Gesetze und Verordnungen. Wirtschaftswachstum wird nur noch dort stattfinden, wo der Staat investiert oder Investitionen erzwingt.

Die Ansiedlung des Chip-Herstellers Intel in Magdeburg subventionieren die deutschen Steuerzahler mit annähernd 10 Milliarden Euro. Der Chiphersteller Infineon, der sich in Dresden ansiedelt, kann mit Steuergeldern in Höhe von 1 Milliarde Euro rechnen. Übrigens: der Chiphersteller verbuchte im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von 4,14 Milliarden Euro auf 3,95 Milliarden Euro. Da kommen Subventionen sehr gelegen. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes Die Familienunternehmer, kommentierte bitter: „Es spricht doch Bände, wenn eine einzelne Firma mit 10 Milliarden Euro Fördermitteln erst überzeugt werden muss, sich in Deutschland anzusiedeln, weil zu wenig sonst für diesen Standort spricht.“

Derweil gibt das statistische Bundesamt bekannt, dass die Wirtschaftsleistung um -0,1 Prozent im 3. Quartal fällt. Das ist „preisbereinigt um 0,8 Prozent niedriger als im 3. Quartal 2022. Preis- und kalenderbereinigt war der Rückgang geringer (-0,3 Prozent), da ein Arbeitstag weniger zur Verfügung stand als im Vorjahreszeitraum. Wie man es dreht und wendet, die deutsche Wirtschaft ist dank Habecks Wirtschafts- und Energiepolitik im Abwärtstaumel. Doch so ganz gebührt Robert Habeck nicht das volle Verdienst für diese Entwicklung, denn Angela Merkel hatte mit der Energiewende diese Abwärtsdynamik nach Kräften angekurbelt.

Dass der Zerfall der Wirtschaftsleistung nicht deutlicher, bei den zuvor angenommenen -0,3 Prozent liegt, findet seinen Grund letztlich in staatswirtschaftlichen Maßnahmen. Sowohl der Export, als auch der private Konsum stützen die Wirtschaftsleitung nicht, sondern vor allem die Nachfrage im Bereich Ausrüstungstechnik und die leichte Stabilisierung der Bauwirtschaft. Doch in diesem Bereich ist es eben nicht der Häuser- und Wohnungsbau, der sich erholt, sondern die Infrastrukturmaßnahmen, die der Bund für Bahn und Verkehr vorsieht. Mit anderen Worten wird der Niedergang der Wirtschaftskraft abgebremst durch Investitionen und Subventionen des Staates.

Bis zum Staatsbankrott
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Womit wir bei Habecks Leerstelle in seiner hochtrabend Strategie genannten Träumerei angelangt sind, den Standortbedingungen. Robert Habeck verkündet vollmundig, den Standort in seiner ganzen Vielfalt erhalten zu wollen – nur das kann er nicht, er kann es nicht einmal, wenn er es ein paar Jahre mit Staatswirtschaft versucht und Deutschland bis in den Staatsbankrott hinein verschuldet. Die Gefahr übrigens, dass durch Subventionen Überkapazitäten aufgebaut werden oder, dass die Subventionen und Zwangsmaßnahmen die Wirtschaft in die falsche Richtung, ins Abseits treiben könnten, sieht Habeck schon deshalb nicht, weil nur er sich sicher ist, weil nur er und seine ideologischen Freunde wissen, wie die künftige Wirtschaft, die er schaffen will, auszusehen hat. Klimaneutral, allein von Sonne, Wind und Wasserstoff angetrieben. Kreativ ist für Habeck Wirtschaft nur, wenn sie seine in die Jahre gekommenen Pennäler-Träume sucht zu verwirklichen.

Erst das kreative Unternehmertum, das nach Marktlücken sucht, schafft die Vielfalt, das atmende Geflecht, das sich niemand „ausdenken“ kann, schon gar nicht ein Natschalnik, ein Funktionär, und das erst in einem lebendigen, anarchischen Prozess entsteht. Auch, wenn Robert Habeck das glaubt, kann er dieses Geflecht einer Hochleistungswirtschaft nicht ersinnen, es muss entstehen. Was er aber kann und was er als Wirtschaftsminister auch muss, ist günstige Standortbestimmungen zu schaffen. Stimmen die Standortbedingungen, kommen die Unternehmen von selbst, auch ohne Subventionen; stimmen die Standortbedingungen, fliehen die gutausgebildeten Fachkräfte nicht in großer Zahl aus dem Land, sondern sie würden nach Deutschland drängen; stimmen die Standortbedingungen gehen die Firmen nicht ins Ausland.

Habeck hat es nicht verstanden, der Zweck der Wirtschaft besteht darin, dass sie etwas erwirtschaftet – und nicht darin, dass sie das Steueraufkommen verwirtschaftet.

Zu den Standortbestimmungen gehört die internationale Konkurrenzfähigkeit, die sich in Preis und Qualität der produzierten Waren ausdrückt. Dazu zählen Energiesicherheit und der Preis der Energie, das Fachkräftereservoir, die Steuern und bürokratischen Regeln, letztlich auch Infrastruktur, innere Sicherheit, Bildung und Kultur.

Es ist nicht neu, dass Habecks Traum von Erneuerbaren Energien, von einer klimaneutralen Zwangswelt, Deutschland mit den höchsten Energiepreisen belastet – und mit einer kommenden Energieunsicherheit, es ist auch nicht neu, dass ohne die Stilllegung der drei AKWs, die einem Akt wirtschaftlicher Sabotage gleichkommt, der Energiepreis wesentlich geringer zu Buche schlagen würde. Neu ist auch nicht, dass wir stattdessen teuer Atomstrom aus Frankreich beispielsweise importieren. Unter dem importierten Strom nimmt der Atomstrom mit 12,6 TWh von Januar bis September 2023 laut Agora Energiewende den ersten Platz ein. All das ist nicht neu, neu ist auch nicht, dass man das hätte zuvor wissen können.

Wohlstandsverluste in Kauf genommen
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Neu ist nur, dass laut einer E-mail, die von Bild veröffentlicht wurde, man im Bundeswirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium diese Entwicklung von Anfang an voraussah, dass man sehenden Auges aus ideologischem Kalkül den Standort Deutschland bewusst verschlechtert hat. Mit dem Lieferkettengesetz, das zwar auf europäischer Ebene beschlossen, doch in Deutschland nicht entschärft wurde, und dem Energieffizienzgesetz und dem Gebäudenergiegesetz wurden neue bürokratische Monster geschaffen. Diese Bundesregierung baut nicht Bürokratie ab, sie errichtet immer mehr Bürokratie, das einzige, was sie einschränken will – und was sie gleißnerisch Bürokratieabbau nennt – sind die Bürgerrechte, sie möchte die Einspruchsrechte der Bürger, vielleicht auch die Eigentumsrechte beschneiden.

Markus Söder hatte fast recht, als er auf dem Treffen der Jungen Union sagte: „Wir haben einen Klimaminister, wir haben einen Philosophieminister, aber wir haben keinen Wirtschaftsminister.“ Wenn Habeck wenigstens ein „Philosophieminister“ wäre, so würde er in Zusammenhängen, logisch und methodisch und wirklich kritisch, wozu selbstkritisch gehört, zu denken vermögen. Doch Habecks Industrie-Strategie widerspricht sich selbst, dilettiert mit einem Zirkelschluss nach dem andern und ist ein erbarmungswürdiger zu lange geratener Poesiealbumsvers für grüne Träumer. Habeck behauptet tatsächlich: „Wir wollen Deutschland als starken Industriestandort in seiner ganzen Vielfalt erhalten.“

Doch in den neuen Bedingungen für die Hermesbürgschaften werden nun Exportgarantien für Firmen ausgeschlossen, deren Produkte Habecks Klimakommissare als klimaschädlich einstufen. Damit werden vor allem mittelständische Firmen benachteiligt. Wir war das noch mal mit der Vielfalt, die Robert Habeck erhalten möchte? Marie-Christine Ostermann verleiht ihrer Enttäuschung Ausdruck, wenn sie sagt: „Wir hatten gehofft, dass Robert Habeck die mittelständische Wirtschaftsstruktur Deutschlands verstanden hat und sich endlich etwas bewegt. Diese Industriestrategie zeigt, dass beides nicht der Fall ist.“ Ostermann empfiehlt dem Wirtschaftsminister, statt mit Fördergeldern um sich zu werfen, die Milliardensummen in dringend notwendige Reformen zu investieren.

Weil Habeck den Strompreis mit seiner falschen Politik nach oben treibt und damit vor allem die energieintensive Industrie in die Insolvenz oder ins Ausland treibt, will der Wirtschaftsminister die Ergebnisse seiner falschen Politik auf den Steuerzahler abwälzen, sollen nun die Bürger den Strompreis für die Industrie subventionieren. Wie immer bei den Grünen, ein Geschäft zu Lasten Dritter, der Dritte ist das deutsche Volk.

Der Marktausblick
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Doch Subventionen fordern immer neue Subventionen. Schon beginnt das Gerangel, wer die Verluste bei dem Windanlagenhersteller Gamesa übernimmt, die für Siemens Energy immer stärker zu einem seriösen Problem werden. Siemens? Oder der Staat? Man kann schon fast darauf wetten, dass am Ende dank Robert Habeck der Staat eine hohe Summe zuschießen darf. Denn das ist die Grundphilosophie von Habecks Industrie-Strategie, so wie er es bei Mazzucto gelernt hat, dass die Wirtschaft Habecks Wünsche erfüllt und Robert Habeck im Gegenzug dafür dem Staat und dem deutschen Bürger die unternehmerischen Risiken der Wirtschaft aufbürdet. Die deutschen Bürger und die mittelständische Industrie zahlen am Ende den Preis für Habecks dekarbonisierte Träume.

Kurz und knapp schätzt Marie-Christine Ostermann ein: „Für den heimischen Mittelstand sind Staatsschulden aber immer die Steuern von morgen.“ Und: „Manches in dieser Industriestrategie klingt sogar so, als hätten Robert Habeck und seine hauptsächlich klimapolitisch qualifizierten Mitarbeiter im Ministerium heimlich Nachhilfe in planwirtschaftlicher Industriepolitik bei Ex-Bundeswirtschaftsminister Altmaier genommen.“

Wie war das noch einmal mit: „Wir wollen Deutschland als starken Industriestandort in seiner ganzen Vielfalt erhalten.“ Der Mittelstand, die mittelständischen Unternehmen gehören nicht zur neuen Vielfalt des Robert Habeck.

Ein Satz in Habecks Industrie-Strategie dekuvriert jedoch Habecks persönliche und politische Strategie: „Deshalb steht spätestens mit Beginn der nächsten Legislaturperiode eine Richtungsentscheidung an, wie die notwendige strategische Industriepolitik zur Sicherung des Standorts, zur Erneuerung unseres Wohlstands und zur Stärkung unserer Wirtschaftssicherheit auf finanziell nachhaltig belastbare Füße gestellt werden kann.“ Soll im Klartext heißen: zur nächsten Legislaturperiode werde ich Robert Habeck als Kanzler durchsetzen, was ich will, ohne von der FDP behindert zu werden, die dann ohnehin nicht mehr im Bundestag vertreten sein wird. Man könnte bitter spotten, dass den Grünen die beiden Projekte, Wirtschaftszerstörung und FDP-Zerstörung, bestens gelingen. Mit den möglichen Koalitionspartnern Union oder SPD werde er schon fertig.

Denn Lindner steht der vollständigen Verschuldung Deutschlands noch ein wenig im Wege, denn, so Habeck so falsch und großspurig wie immer: „Unsere Finanzverfassung ist in Zeiten entstanden, die noch von einer marktdominierten Globalisierung und von deutlich weniger geopolitischen Spannungen geprägt waren.“ Habeck will die Schuldenbremse des Grundgesetzes kippen. Das ist der Weg in den Staatsbankrott, oder wie Habeck einmal sagte: Es ist ja nur Geld. Den Ausblick in die düstere Zukunft beendet Habeck dann mit einer Lüge: „Wir müssen als Land diskutieren, wie diese Regeln an die neuen Realitäten angepasst werden können.“ Habeck „diskutiert“ nicht, er setzt putschistisch durch. Die neuen Regeln sind die Regeln der klimaneutralen Gesellschaft, letztlich einer neuen Diktatur.

Sind die Grünen an der nächsten Regierung beteiligt, wird es kein Deutschland mehr geben. Dann erreichen die Prozesse, die von ihnen in Gang gesetzt werden, den Punkt ihrer Irreversibilität.

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