Tichys Einblick
Schnüffeln, denunzieren und zersetzen

Wiedergeburt der Stasi unter dem Namen Nancy Faeser?

Nancy Faeser will aus dem Verfassungsschutz eine pädagogische Behörde machen. Informationen dürfen bald weitergegeben werden, wenn dies hilft, eine Person zu „deradikalisieren“. Eine äußerst dehnbare Formulierung, die Bespitzelungen, Denunziationen und Zersetzungsmaßnahmen ermöglicht.

IMAGO/Funke Foto Service

Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, müsste eigentlich oberste Hüterin des Grundgesetzes sein. Ist sie aber nicht. Mehr noch: Sie vernachlässigt diese Aufgabe nicht nur, wie man an ihrem laschen, ja proaktiven Umgang mit illegaler Migration, mit Asylmissbrauch und mit migrantischer Gewalt ablesen kann. Nein, sie untergräbt mit fragwürdigen Gesetzentwürfen dieses Grundgesetz – und Karlsruher Beschlüsse – gar noch.

Nun hatte Faeser dem geneigten „Ampel“-Kabinett bereits im August 2023 einen geradezu hinterhältigen Gesetzentwurf vorlegen und dort – auch von der FDP – absegnen lassen. Es ist ein Entwurf, der den früheren Stasi-Chef Erich Mielke geehrte hätte. Denn Nancy Faeser will, dass aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), sozusagen aus dem deutschen Inlandsgeheimdienst, eine Art pädagogische Behörde wird, die vermeintlich Verdächtige „deradikalisieren“ soll.

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Zum Beispiel wenn jemand in Verdacht steht, eine „radikale Gesinnung“ zu haben und die Deradikalisierung irgendwie helfe, „das Gefährdungspotenzial zu reduzieren“. Eine äußerst dehnbare Formulierung ist das, die Bespitzelungen, Denunziationen und Zersetzungsmaßnahmen Tür und Tor öffnet. Jedenfalls will Faeser das Gesetz noch im November 2024 durch den Bundestag peitschen. Nochmal: mit den Stimmen der FDP. „Liberale ade!“, kann man da nur zum wiederholten Mal sagen und den längst überfälligen Abschied der FDP von der Maske der Liberalität empfehlen.

Nun wäre, ja ist es eigentlich Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz, politische „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ aufzuspüren, zu beobachten und bei konkreten Gefahrenmomenten – etwa bei Vorbereitung schwerer Straftaten oder bei Anschlägen – die Sicherheitsbehörden darüber zu informieren. Also in Fällen, in denen Menschen oder Gruppen versuchen, Deutschland als demokratische Organisation anzugreifen und abzuschaffen.

Dafür gibt es unter anderem das „Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG)“. Paragraph 20 ist dort bislang überschrieben mit „Übermittlung von Informationen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz an Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staats- und Verfassungsschutzes“. Wohlgemerkt: „… an Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden …“

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Der geplante neue Paragraph 20 des geplanten Gesetzes erlaubt nun die Weitergabe von Informationen bereits, sobald man eine Person „deradikalisieren“ könne. Faeser setzt sich damit aber ganz offenbar über einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 3. November 2022 hinweg. Danach dürfen bei der verdeckten Überwachung gewalttätiger Rechtsextremisten durch den Verfassungsschutz die dabei erhobenen personenbezogenen Daten nur bei einer „hinreichend konkretisierten Gefahr“ an die Polizei weitergegeben werden. Und eben nicht an Privatpersonen, wie der „Grüne“ Konstantin von Notz herbeiphantasieren will. (Siehe unten!) Die im Bundesverfassungsschutzgesetz enthaltenen Übermittlungsbefugnisse der Verfassungsschutzbehörden sind mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung jedenfalls nicht vereinbar, entschied „Karlsruhe“ und verlangte zugleich, dass der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2023 eine verfassungsgemäße Neuregelung schaffe.

Hier in Auszügen der Faeser-Entwurf, mit dem sie den Einfluss des Verfassungsschutzes auf das gesellschaftliche Leben erheblich ausweiten und ihn zum Zwecke des „Deradikalisierens“ quasi pädagogisch instrumentalisieren will.

Von der Opposition hat man dazu bislang nichts vernommen. Immerhin kritisiert FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle im Gegensatz zu seinen FDP-Bundesministern das Gesetzesvorhaben: „Die Nachrichtendienste dürfen Dinge, die andere Behörden nicht dürfen. Deswegen gibt es in Deutschland das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei.“ Mit Blick auf den BVerG-Beschluss von 2022 fügte er hinzu: Es sei „auch keine Option, durch ein allzu hektisches Gesetzgebungsverfahren auf den letzten Metern dieselben Fehler zu wiederholen, die für diesen Beschluss aus Karlsruhe ursächlich sind“.

Und die „Grünen“, die sich vor geraumer Zeit als die neuen Bürgerlichen und Liberalen verkaufen wollten? Ihr juristischer Vorzeigemann Konstantin von Notz lässt die Katze aus dem Sack, wenn er meint, es könne gute Gründe geben, weshalb der Verfassungsschutz einen Vermieter warnen möchte, bevor zum Beispiel Neonazis bei ihm einziehen und ein Schulungszentrum errichten. Solche speziellen Fälle müsse man regeln. Über die „Verhandlungstaktik“ sowie den „Zeitplan des Bundesinnenministeriums in diesem sensiblen Gesetzgebungsprozess“ aber sei er „befremdet“. Das nennt man partiellen Heldenmut!

Stasi-Richtlinie 1/76 lässt grüßen

Es geht Faeser offenbar um mehr als um Bespitzelung und Denunziation. Es geht um Zersetzung. So wie in der Stasi-Richtlinie Nr. 1/76 zur „Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge (OV)“ vom 1. Januar 1976.

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Hier Auszüge daraus:

„Bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung sind: systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben; systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen; zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zweifeln an der persönlichen Perspektive; Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen; Erzeugen bzw. Ausnutzen und Verstärken von Rivalitäten innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen durch zielgerichtete Ausnutzung persönlicher Schwächen einzelner Mitglieder …

Bewährte Mittel und Methoden der Zersetzung sind: die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme, Telefonanrufe usw., kompromittierender Fotos, zum Beispiel von stattgefundenen oder vorgetäuschten Begegnungen; die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen einer Gruppe …“

Vor diesem Hintergrund fragen wir uns: Wo sitzen in Faesers Ministerium eigentlich die Spitzenjuristen, die Faeser qua beamtenrechtlich legitimer, legaler, ja gebotener Remonstration von solchen Vorhaben abbringen? Und wofür gibt es eigentlich einen BfV-Chef Haldenwang, der Faeser zumindest beraten soll, statt auf eine Ausweitung seiner Befugnisse zu hoffen? Zum Beispiel, indem er Nancy Faeser zum Verdachtsfall erklärt.

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