In Schweden hat die Diskussion über Gaza und die Folgen zwei Gesichter angenommen. Zum einen erweist sich wie in vielen anderen Ländern, dass die ins Land eingewanderten Muslime durchaus eigene Vorstellungen vom Demonstrieren und Protestieren haben und nebenher in großer Zahl die Partei des Terrors unterstützen. Der zweite Faktor ist der Terroranschlag von Brüssel, bei dem zwei schwedische Fußballfans von einem tunesischen Islamisten erschossen wurden. Premierminister Ulf Kristersson sagte letzte Woche in Brüssel: „Das Ziel für Schweden, für die schwedische Politik und unsere Sicherheitsbehörden ist natürlich, dass alle Schweden überall mit Stolz ihre schwedischen Symbole tragen können.“ Schon diese Aussage allein müsste Folgen für die Asyl- und Migrationspolitik des Landes haben.
Am Freitag veröffentlichten die Anführer der drei schwedischen Koalitionsparteien gemeinsam mit dem Chef der tolerierenden Schwedendemokraten einen Gastartikel in Dagens Nyheter. Darin beschreiben die vier Parteichefs ein Reformpaket, das es Zuwanderern aus Nicht-EU-Ländern erschweren soll, in Schweden Sozialleistungen zu erhalten. Dazu schlagen sie verschiedene Neuregelungen vor.
Volksheim-System führt zu Problemen mit Zuwanderern
Seit 2012 seien mehr als 770.000 Personen aus Ländern außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) nach Schweden gekommen. Die Zahl scheint am unteren Rand des Möglichen angesiedelt, aber gut, vielleicht hat man den Familiennachzug ignoriert. „Zusammen mit einer Integrationspolitik, die so gut wie keine Anforderungen stellt und keine Anreize zur Integration in die Gesellschaft bietet, hat die umfangreiche Einwanderung ein gespaltenes Schweden geschaffen“, so die Parteichefs weiter.
Zu den Folgen gehören „Segregation, soziale Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, schlechte Schulergebnisse und ein Mangel an gemeinsamen schwedischen Werten“. Schuld daran sei auch das schwedische Modell eines praktisch allgegenwärtigen Wohlfahrtsstaats, der dem Einzelnen „von der Wiege bis zur Bahre“ beisteht. „Volksheim“ heißt das auf Schwedisch. Dadurch seien „erhebliche Probleme“ mit im Ausland geborenen Menschen erwachsen, die oft arbeitslos sind und von staatlichen Leistungen leben. Und genau das wollen die Tidö-Vertragspartner nun offenbar ändern.
Schon im Februar hatte die Regierung davon gesprochen, dass Zuwanderer (auch solche durch „Asyl“) natürlich Schwedisch lernen und arbeiten müssten. Nun kündigen sie weitere Neuregelungen an: So soll es für Nicht-Europäer künftig eine Obergrenze bei den Sozialleistungen geben, um „Mehrfachbezüge für Kinder, Wohnung, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Elternurlaub“ zu vermeiden. Außerdem soll es eine gewisse Wartezeit für neue Zuwanderer geben, bis diese auf staatliche Leistungen zurückgreifen können. Die Details hierzu sind noch nicht bekannt. Trotzdem widersprach der ehemalige Migrationsminister Anders Ygeman von den Sozialdemokraten schon jetzt zwar weich, aber im Grundsatz: Integration sei wichtig, auch die in den Arbeitsmarkt, aber daneben trage auch das Sozialsystem zu einer „funktionierenden Integration“ zu.
Jede Einwanderung fließt in die ökonomische Gesamtrechnung ein
Wie er diesen „Beitrag“ zum Funktionieren versteht, erklärte Ygeman nicht. Er will Unterschiede dämpfen und so vielleicht die Entwicklung von Unruhe verhindern. Die regierenden Parteien wollen etwas anderes, Das zeigt ihr zweites Vorhaben, das bekannt wurde und so aussieht: Wer in Schweden mit einer Arbeitserlaubnis lebt, musste schon bisher ein bestimmtes Monatsgehalt erreichen, um seinen Aufenthaltsstatus nicht zu verlieren. 13.000 Kronen waren das bisher, also etwas 1.110 Euro. Die Koalition will diesen Satz auf 27.630 Kronen anheben, was etwa 2.360 Euro entspräche. Das sind 80 Prozent des schwedischen Mediangehalts. Der Satz soll dynamisch an diesen Wert gekoppelt bleiben.
Grundsätzlich ist die Überlegung der Regierung richtig, denn jede einzelne Einwanderung eines Menschen bildet – ob man das mag oder nicht – einen Faktor in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Insofern sticht zumal bei Arbeitsvisa natürlich das ökonomische Argument, aber auch in anderen Fällen der Zuwanderung. Und so darf man sich auch fragen, ob die zweite Reform auch etwas mit den Asylbewerbern und Migranten, die durch Asyl ins Land gekommen sind, zu tun hat. Dies könnte ein weiterer, schwierigerer Schritt sein, der vielleicht später nachgeliefert wird. Die schwedische Regierung beweist jedenfalls bis jetzt, dass sie dran bleibt an dem von ihr ausgerufenen „Paradigmenwechsel“ in der Migrationspolitik.
Schwedendemokraten: Strafmündigkeit auf 13 Jahre senken
Dieses Jahr ist die Zahl der neuen Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent gefallen, während ihre Zahl in der übrigen EU um 30 Prozent gestiegen sei, in Deutschland sogar um 73 Prozent (bis September). Immerhin etwas.
Der Vorsitzende der Schwedendemokraten Jimmy Åkesson hat derweil noch mehr Vorschläge gemacht, um der angehenden Kriminalitätswelle durch Banden zu begegnen. So will er das Strafmündigkeitsalter herabsetzen, da inzwischen sogar Kinder im Alter von zehn oder elf Jahren für kriminelle Taten rekrutiert werden. Åkesson schlägt vor, die Grenze zunächst von 15 auf 13 Jahre zu senken, was auch langjährige Strafen für 13-Jährige ermöglichen würde.
Auch das erscheint schon zahlenlogisch nur als erster Schritt. Warum braucht man überhaupt eine Grenze an der Stelle? Ein Richter wird das in jedem Einzelfall angemessen würdigen können. Aber das ist noch ein anderes Thema, das aber auch mit der illegalen Migration in die europäischen Sozialsysteme und Drogen-Hotspots zu tun haben mag.