Tichys Einblick
SANIERUNGSZWANG VORERST GESTOPPT

EU: Verschärfung der Gebäuderichtlinie (Dämmpflicht) vor dem Aus

Im Juni 2024 werden die Wahlen zum EU-Parlament stattfinden. Offenbar wurde der Frust der Bürger in den EU-Staaten über die EU-Politik in Brüssel vernommen. Die europaweite Dämmpflicht ist vorerst vom Tisch.

IMAGO / Steinach

Ende 2021 wollte die EU-Kommission die europaweite Dämmpflicht für Wohnhäuser einführen. Alle Hauseigentümer sollten dazu verpflichten werden, ihre Häuser und Wohnimmobilien energie-effizient zu dämmen. Schon zuvor, im Sommer 2021, erklärte die Kommission, „… die Politik der EU in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden können.“

Im März 2023 legte die Kommission dann mit einer Verschärfung der Dämmpflicht nach. In sämtlichen Staaten der Europäischen Union sollten alle Häuser und Wohnungen einen bestimmten Energiestandard erreichen. Ab 2024 sollte den EU-Bürgern untersagt werden, neue Öl- oder Gasheizungen zu installieren. Zudem müsse ab Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Die aus den Energieausweisen bekannten Effizienzklassen sollten vereinheitlicht, und alle Immobilien der Klassen E bis 2033 in die Klasse D hochsaniert werden. Und der grüne Wirtschaftsminister konstatierte, mit der Bequemlichkeit sei es vorbei.

Da nun aber im Juni 2024 die Wahlen zum EU-Parlament stattfinden, wurde offenbar der Frust der Bürger in den EU-Staaten über die EU-Politik in Brüssel vernommen. Nun soll ein Schalter umgelegt werden. Denn das Vertrauen in die EU steht auf dem Spiel. Keine Einigung auf schärfere Sanierungspflichten – EU-Gebäuderichtlinie vor dem Aus, titelt die Welt. Eine „Renovierungswelle“ sollte über die Union rollen, als Teil des „Fit for 55“-Programmpakets.

Die Dämmpflicht hätte für viele Gebäude nichts weniger bedeutet als eine Zwangssanierung. „Allein in Deutschland wären fast 45 Prozent aller Häuser innerhalb der nächsten Jahre zum Sanierungsfall geworden“, schreibt die Welt.

Das ganze Vorhaben aus Brüssel und Straßburg sei illusorisch, die Kosten für den deutschen Gebäudebestand lägen bei 125 bis 182 Milliarden Euro pro Jahr. „Das ist – mit Verlaub gesagt – ein absurder Vorschlag“, heißt es in einem Brief eines Verbands aus der Immobilienwirtschaft an Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), der der Haufe Online Redaktion vorliegt. Selbst die von der EU-Kommission vorgeschlagenen 30 Prozent der Wohngebäude in neun Jahren seien illusorisch.

Mitte September hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) die Sanierungspflicht und die Verschärfung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie abgelehnt. Die nationalen Sanierungspläne reichten völlig aus.

Vergangene Woche trafen sich Vertreter der EU-Kommission, des EU-Rats und des Parlaments, um im sogenannten Trilogverfahren die letzten Details der Richtlinie zu beraten, heißt es laut Welt. Dem Vernehmen nach kam eine Einigung auf schärfere Standards und Sanierungspflichten jedoch nicht mehr zustande.

„Kurz vor der EU-Parlamentswahl im nächsten Jahr erscheine ein Beschluss, der Millionen Hausbesitzer und Mieter auf die Barrikaden bringen könnte, nicht gerade Erfolg versprechend. Die Bundesregierung, bisher ein überzeugter Treiber der verschärften Gebäuderichtlinie, stehe nicht mehr hinter dem Vorhaben. Heizungsgesetz und steigende Baukosten zeigten inzwischen abschreckende Wirkung.“

Allerdings bleibt für die Bundesrepublik nach wie vor bestehen, dass künftig neu eingebaute Heizungen verpflichtend mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie zum Heizen nutzen müssen. Die Regelung zum Umstieg auf erneuerbare Energien gilt für alle Heizungen, die in Neubauten und Bestandsbauten, in Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden neu eingebaut werden.

Schließlich müssen die Bewohner in Deutschland mit ihrem Ein-Prozent-Anteil an der Weltbevölkerung dem globalen Klimawandel entgegenwirken, ihn entscheidend beeinflussen und ein Vorbild sein für alle andere Weltgegenden auf der Erde.

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