Die Menschen hierzulande sind oft skeptisch, wenn neue Entwicklungen auf die etablierte Wirklichkeit treffen. Der Innovationsgeist in Deutschland konzentriert sich meist auf rein technische Fertigkeiten im Maschinenbau, in der Anlagetechnik oder in der Automobilfertigung. Digitale Innovationen finden dagegen anderswo statt – in Nordamerika oder Südostasien. Das hat viel mit der Staatsgläubigkeit der Deutschen zu tun. Sie glauben, dass Innovationen vom Staat angestoßen, reguliert und überwacht werden müssen. Die Förderung der Elektroautos, das faktische Verbot von Gentechnik oder die drohenden Kartellverfahren gegen Google und Facebook sind prominente Beispiele dafür. Viele sehen in diesem Land im Neuen erst die Gefahr anstatt die Chance für Wohlstand.
Diese Innovationsfeindlichkeit hört beim Geld nicht auf, obwohl die Cyber-Währung Bitcoin derzeit immer neue Kursrekorde erklimmt und Investoren weltweit Millionen in die weitere Anwendung der Blockchain-Technologie investieren. Von Geld zu sprechen, ist bei Bitcoin eigentlich noch zu früh. Geld ist ein allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel. Davon ist Bitcoin noch weit entfernt. Ob es sich jemals dazu entwickelt, ist ebenfalls fraglich. Es ist eher vergleichbar mit Gold. Es ist digitales Gold, weil es nicht beliebig vermehrbar ist und keiner staatlichen Kontrolle unterliegt.
Am Mittwoch war ein Bitcoin über 1.000 Euro wert. Vor einem Jahr waren es noch 400 Euro, ein Plus von 150 Prozent. Wer vor drei Jahren bei 736 Euro eingestiegen ist, hat dennoch ein sattes Plus erlebt. Wahrscheinlich war die Anlage in Bitcoins im zurückliegenden Jahr die erfolgreichste Anlageklasse weltweit. Diese Schwankungsbreite wird oft kritisiert, ist aber für eine so fundamentale Innovation nicht ungewöhnlich. Schon rufen die ersten Mahner nach einer staatlichen Regulierung. Die Regierungen und Notenbanken sehen ihren Einfluss schwinden. Wenn in Indien das Bargeld von einem Tag auf den anderen ungültig, in China die Währung immer weniger Wert wird, in Griechenland und Zypern die Banken schließen, dann suchen Menschen Alternativen, mit denen sie ihr Vermögen, ohne eine Bank kontaktieren zu müssen, schnell von A nach B grenzüberschreitend transferieren können. Das ist mit Bitcoins innerhalb weniger Minuten möglich, ohne dass es hier Kurswechselrisiken gibt. Dieser entscheidende Vorteil wird die Bankenwelt in ihrer Substanz verändern, so wie das Auto, die Eisenbahn oder das Flugzeug im letzten Jahrtausend das Reisen verändert hat. Man kann versuchen, sich dem als Land, als Volkswirtschaft oder als Wirtschaftsraum entgegen zu stellen, den Zug der Zeit kann man dadurch aber nicht aufhalten. Bitcoin ist ein weltweit genutztes Zahlungssystem, das nicht an staatlichen Grenzen haltmacht.
Will Deutschland den Zug der Zeit nicht verpassen, müssen die Rahmenbedingungen für Cyberwährungen hierzulande verbessert werden. Derzeit finden Entwicklung nur selten in Deutschland statt oder werden in das Ausland verlagert. Der Grund: BaFin und Bundesbank fassen alles rund um Bitcoin nur mit Samthandschuhen an. Daher finden die Entwicklungen in Großbritannien, China oder den USA statt. Innerhalb des EU-Binnenmarktes werden die Unternehmenssitze nach Malta, Luxemburg oder Dublin verlagert. Dabei hat die deutsche Regierung viele Fragen auch sehr schnell und klar beantwortet. Bereits 2013 wurde Bitcoin als privates Geld vom Finanzminister anerkannt. Auch steuerliche Fragen wurden frühzeitig im Sinne der Anleger geklärt. So sind Veräußerungsgewinne nach einem Jahr steuerfrei. Jetzt wäre die Zeit, einen weiteren Innovationsschub in Deutschland zuzulassen. Dazu braucht es politischen Mut und Entschlossenheit.
Anmerkung: Der Autor ist stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der Bitcoin Group SE.