Die Programmverantwortlichen mögen zwar gemerkt haben, dass das abgelutschte Szenenbild aus kaputten Ermittlern vor düsterer Großstadtkulisse beim Publikum keine Blumentöpfe mehr einbringt. Aber bevor der Tatort aus Mainz „Aus dem Dunkel“ nun nach nur vier Folgen aus angeblich „finanziellen Gründen…wegen der Kostensteigerungen…und der Inflation“ (SWR Programmdirektor Clemens Bratzler) eingestellt wird, blasen Autor (Jürgen Werner) und Regisseur (Jochen Alexander Freydank) gemeinsam nochmal mit Inbrunst in das Horn, dem man irgendwie nur schräge Töne entlocken kann. Knarzend tönt es aus dem alten öffentlich-rechtlichen Plattenspieler: Das Klagelied vom machistischen deutschen Frauenfeind und die Ballade vom bösen Polizisten, stellenweise unterbrochen vom zarten Refrain über die Segnungen der Diversität.
Eine junge Frau Amira Hassan, gespielt von Elmira Bahrami, wie man erfährt, gerade erst dem syrischen Bürgerkrieg entkommen, springt vom Balkon aus in den Tod. Streifenpolizist Thomas Engels (Andreas Döhler), der sich noch kurz zuvor mittels eines Brecheisens Zugang zu ihrer Wohnung verschaffte (auch der Panzerriegel an der Türe hält da nicht stand), um sie angeblich davon abzuhalten, kommt um Sekunden zu spät. Kommissarin Berlinger bietet sich eine verwirrende Faktenlage.
Die junge Frau hatte zuvor offenbar von einem Unbekannten Drohanrufe bekommen, wurde öffentlich als Islamistin beschimpft und erhielt von Paketdiensten Waren, die sie nie selbst bestellt hatte. Der einen oft verpeilten Eindruck machende Kollege Engels, der schlecht rasiert in seiner zerknautschten Uniform eher an einen überarbeiten Briefträger erinnert, trägt viel zur weiteren Verwirrung bei: Frau Hassan kennt er vom Revier, wo sie Anzeige gegen Unbekannt erstattet habe. Zu allem Überfluss habe sie sich dann dort auch noch gegen die schlüpfrigen Avancen seines Chefs Zerrer (Rainer Sellien) zur Wehr setzen müssen. Der Revierchef hat auch mit einem weiteren Opfer des Drohanrufers, Julia Ritter (Susanne Wuest) bereits anlässlich eines Verkehrsunfalls zu tun gehabt. Damals hat er ihr eine günstige Werkstatt und einen Rabatt für die Reparatur des Wagens vermittelt und sie ebenfalls angebaggert.
Diese ganze schräge Beamtenschaft versieht ihren Dienst, wie könnte es anders sein, bildhaft in einem im Umbau befindlichen Revier. Auch Ellen Berlingers Ermittlungsteam ist abbruchreif, ihr ehemaliger Partner Martin Rascher (Sebastian Blomberg) lässt sie im Stich und meldet sich bei ihr per Telefonanruf dauerhaft ab (Berlinger: „Scheiß-Egoist“).
Auftritt von Daniel König (Matthias Lier), dem etwas schrulligen Computergenie der Mainzer Polizei. Man hätte das anlässlich eines Kollegenbesuchs gleich gemerkt: Der Typ haust in einer Art Mausoleum, wo die Möbel mit Tüchern abgedeckt sind und das mit alten Modelleisenbahnen und Marionetten dekoriert ist. Creepy. Und der Mann ist offenbar im Dienst nicht ausgelastet – hat Zeit, all diese perfiden Übergriffigkeiten auszuhecken, Amira Hassan mit einem Laserpointer anzupeilen, um sie an Scharfschützen in Syrien zu erinnern, die Wohnung von Julia Ritter zu verwanzen, sich Kopien ihrer Schlüssel zu machen und sämtliche Telefone zu überwachen, ihre Katze umzubringen und ihre Autoreifen zu zerstechen. Offenbar steckt er auch hinter der Ermordung einer alten Kollegin von Thomas Engels. Der hat mittlerweile faktisch dem neuen Ersatzkollegen von Berlinger, Lukas Wagner (Ludwig Trepte) den Rang abgelaufen und ermittelt zusammen mit ihr gegen den nun doch durch eine Verkehrsüberwachung in der Nähe der Wohnung von Hassan auffällig gewordenen Computer-Freaks König.
Bevor die Mainzer Polizei den entgleisten Kollegen endlich in die Enge treiben kann, kann er noch Fotos von Ellen Berlingers Kindern verschicken, Julia Ritter online einen Callboy und Pizza für alle in die Wohnung bestellen und diese dann im Internet zur Vermietung anbieten.
Das bringt die verschreckte Frau dazu, Mordphantasien mit dem zu ihrer Bewachung abgestellten Lukas Wagner durchzuspielen. Sie verabredet sich mit König, der bringt sie aber in seine Gewalt und wird zum guten Ende von Engels beim Showdown auf den tristen Überbleibseln der Hochstraße im Mainzer Stadtteil Mombach angeschossen.
Schade, dass Heike Makatsch nun nicht mehr in Mainz ermittelt, das „ich krieg Sie dran!“, das sie König ins Gesicht schleudert, weckte Erinnerungen an alte Krimizeiten, in denen man noch erleichtert sein konnte, wenn die Polizei endlich eintraf.