Bei Anne Will versuchen zwei Politiker der Ampel-Koalition die Wahlergebnisse in Hessen und Bayern zu verdrehen. Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Karin Prien, und der stellvertretende Chefredakteur der Welt, Robin Alexander, haben alle Hände voll zu tun, ihre Gesprächsteilnehmer daran zu erinnern: In Hessen habe die CDU klar gewonnen; in Bayern seien die Verluste der Ampel-Parteien sehr viel höher als die von Markus Söders CSU.
Aber Söder wird in der Sendung regelrecht gesteinigt: Nicole Deitelhoff, die Sprecherin des Forschungsinstituts „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“, sitzt mal wieder in Anne Wills Sendung und wirft Söder „rechtspopulistischen Wahlkampf“ vor. Dieser helfe der AfD. Beispielsweise habe Söder gesagt, man könne mit Grünen nicht regieren, und dass die Grünen kein „Bayern-Gen“ haben würden. Für die Politikwissenschaftlerin Deitelhoff sei das „Rechtspopulismus“. Alexander erinnert, dass eine Kritik an den Grünen „sagbar“ bleiben müsse, ohne als rechts abgestempelt zu werden. Er findet diese Kampagne, Söder eine „rechtsextreme Öffnung“ vorzuwerfen, falsch. Immerhin habe Söder sich mehrmals öffentlich von der AfD distanziert.
Was in den Minuten, in denen es um Merz geht, nicht diskutiert wird: Dass die Hessen- und Bayern-Wahl für die Ampelparteien ein „Denkzettel-Ergebnis“ ist. Alle Ampelparteien verlieren in beiden Bundesländern mehrere Prozentpunkte. Die Co-Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, führt diese Verluste auf die „Zukunftsängste, Veränderungsmüdigkeit und Unsicherheit“ der Wähler zurück. Diese Bürger seien dann von den „leichten Antworten“ der AfD angetan. Die Ampel habe eben „komplexere Antworten“, aber Esken besteht darauf, dass die Ampel einige Krisen gelöst und Erfolge zu verzeichnen habe. Das zeige eine „Bertelsmann-Studie“.
Diese Studie stimmt allerdings nicht mit dem realen Wahlergebnis in Hessen und Bayern überein. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir (Grüne) gibt es zumindest zu: Die schlechten Ergebnisse der Ampel-Parteien lägen nicht an der Landespolitik, sondern an der Bundespolitik. Trotzdem findet Özdemir, dass die Unzufriedenheit der Bürger nicht rechtfertige, die AfD zu wählen. Deitelhoff meint, so würden „rechte Kräfte stärker“. Alexander erinnert daran, dass die Bürger die AfD demokratisch gewählt haben – und zwar zur zweitstärksten Partei sowohl in Hessen als auch in Bayern. Das hört aber niemand in der Runde gerne: Keiner dürfe sagen, dass die AfD eine demokratische Partei sei, meint beispielsweise Esken.
Trotz alledem ist laut Esken, Özdemir und Deitelhoff die Union verantwortlich für die hohen Stimmzahlen für die AfD. Özdemir meint, die Politiker müssten auf „starke Worte“ verzichten, da diese der AfD zugute kämen. Man dürfe aber auch nicht den Fehler machen, manche Themen nicht zu benennen. Ein solches Thema laut dem Grünen Özdemir: Deutschland muss die „Samthandschuhe“ im Umgang mit den Islamverbänden ausziehen. Eine Aussage, die laut Alexander nur ein Grüner treffen darf, ohne direkt als „rechtspopulistisch“ gebrandmarkt zu werden.
Es stimmen Özdemir aber alle Gesprächsteilnehmer zu: Prien möchte beispielweise „die Hilfszahlungen an die Palästinänser einfrieren, um sicherzustellen, dass kein Terror und Hass damit bezahlt wird“. Esken bleibt zurückhaltender: Sie denke, dass die „Haushaltsberatung“ der Ampel das ähnlich sehe. Sie scheint sich Özdemirs Worte zu Herzen zu nehmen: bloß keine „starken Worte“ verwenden. Und zeitgleich bleibt sie dabei, „komplex zu antworten“. Zwei Jahre haben SPD, Grüne und FDP noch, diese Strategie zu überdenken, bis sie sich auf Bundesebene gegen die Union und die immer stärker werdende AfD mit ihren „leichten Antworten“ behaupten müssen.