Tichys Einblick
Soziale Hängematte

So gut geht es Flüchtlingen in Deutschland wirklich

Als ob nur die Wartezeiten beim Zahnarzt wichtig wären: In Deutschland genießen Migranten auf Dauer insgesamt viel mehr Wohlstand als bei sich zuhause – und auch als irgendwo sonst auf der Welt. Unsere naive Freigiebigkeit zieht Flüchtlinge an und macht Arbeit für sie völlig unattraktiv.

Screenprint: SWR1

„Es ist doch absurd, dass Menschen für einen Zahnarzttermin ihre Heimat verlassen. Sie fliehen vor Bomben und Gewalt.“ Das sagt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).

Das ist das eigentlich Schlimme am Streit über Zahnarztleistungen für Flüchtlinge, den Friedrich Merz losgetreten hat: Er bietet Deutschlands Flüchtlingsromantikern die höchst willkommene Gelegenheit, sich am CDU-Oppositionsführer auf einer absoluten Nebenbühne abzuarbeiten.

Denn natürlich flüchten Menschen keineswegs nur vor Bomben und Gewalt, wie Frau Schulze uns rhetorisch unredlich weismachen will. Tatsächlich verlassen die weitaus meisten Migranten ihre Heimat eben nicht wegen Krieg und Verfolgung – sondern weil sie anderswo schlicht auf einem höheren Wohlstandsniveau leben können.

Es sind Wirtschaftsflüchtlinge. Für die ist unser Asylrecht nie gemacht worden.

Das hält den neo-puritanischen grün-linken Mainstream nicht davon ab, die Staatskasse zu plündern, um sich mittels enorm hoher Zuwendungen an Migranten auf Kosten des Steuerzahlers ein gutes Gewissen zu erkaufen (und nebenbei den ungeliebten deutschen Nationalstaat zu ruinieren).

Wie hoch diese Zuwendungen tatsächlich sind – und wie gut es Flüchtlingen bei uns tatsächlich geht – kommt in diesen Tagen eindrucksvoll ans Licht.

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Etwa jeder fünfte Mensch in Deutschland lebt in einem Vier-Personen-Haushalt. Die Hälfte dieser vierköpfigen Familien bei uns verdient im Monat höchstens 3.300.- Euro netto. Der Landrat des Kreises Tübingen, Joachim Walter (CDU), hat jetzt sehr ruhig und nüchtern vorgerechnet, was seine Behörde ab dem 1. Januar 2024 einer vierköpfigen anerkannten Flüchtlingsfamilie zu zahlen hat (in Euro):

• Haushaltsvorstand: 563.-
• Ehegatte (Regelsatz): 506.-
• Kind (14 Jahre): 471.-
• Kind (12 Jahre): 390.-.

Das sind schon mal 1.930.- €. Dazu kommen diverse Nebenleistungen:

• Miete (90 m2, kalt): 959.-
• Heizkosten: 129,60
• Betriebskosten: 195,30.

Das macht 1.283,90 €. Dazu kommen individuell weitere Leistungen, zum Beispiel aus dem sogenannten „Bildungs- und Teilhabepaket“.

„Eine vergleichbare Familie müsste 3.200.- bis 3.500.- Euro netto nach Hause bringen“, sagt Landrat Walter. Er meint: mit Arbeit. Aufs Jahr gerechnet muss die arbeitende Familie ungefähr 62.500.- Euro brutto erwirtschaften für das, was die gleich große Flüchtlingsfamilie bei uns vom Staat geschenkt bekommt.

„Da ist natürlich kein Anreiz da, in Arbeit zu gehen“, sagt Walter. „Wir führen die Menschen in eine falsche Richtung.“ Auch der Bürgermeister von Schwäbisch-Gmünd, Richard Arnold (CDU), sagt: „Sie bekommen ja so oder so Geld. Es ist sehr attraktiv geworden.“

Als Polen seine Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge zurückgefahren hat, sind viele nach Schwäbisch-Gmünd weitergezogen, erzählt er. Von den 1.289 ukrainischen Flüchtlingen in seiner Stadt sind 740 im arbeitsfähigen Alter, also zwischen 15 und 64 Jahren.

Von denen arbeiten weniger als 100.

Die hohen Unterstützungsleitungen für anerkannte Flüchtlinge hatte die Ampel maßgeblich auf Betreiben von Kanzler Scholz, Innenministerin Faeser und natürlich den Grünen durchgepeitscht, ohne die Kommunen anzuhören. Die laufen nun schon seit Januar Sturm gegen den Murks aus Berlin, den sie vor Ort ausbaden müssen – natürlich vergeblich.

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Ukrainer bekommen das alles sofort und ohne Prüfung. Sie müssen erst gar keinen Asylantrag stellen, sondern gelten automatisch als anerkannte Flüchtlinge. Andere Asylbewerber durchlaufen das normale Verfahren.

Schon während der Prüfung ihres Antrags bekommen sie Leistungen unseres Sozialstaats. Ein alleinstehender Asylbewerber bei uns, der in einem Flüchtlingsheim untergebracht ist (also keine Ausgaben für Kost und Logis hat), bekommt 182.- € Taschengeld.

Zum Vergleich (gerundet, in Euro):

• Spanien und Dänemark: 220.-
• Frankreich: 204.-
• Österreich: 40.-.

Italien zahlt Asylbewerbern, die in Heimen wohnen und verpflegt werden, überhaupt nichts zusätzlich.

Schweden zahlt einem Asylbewerber 185.- €, aber mit einem gewaltigen Unterschied zu Deutschland: In Skandinavien beteiligt sich der Staat an den Wohnkosten nur dann, wenn der Asylbewerber arbeitet. Griechenland zahlt ohnehin nur 150.- € und keinerlei Wohnkostenzuschuss.

Polen und Ungarn zahlen Flüchtlingen (egal, wo die wohnen) während der Prüfung ihrer Asylanträge: nichts.

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Was in Deutschland Flüchtlinge bekommen, deren Asylantrag anerkannt wurde, haben die Beispiele weiter oben gezeigt. Im europäischen Vergleich liegen wir dabei klar an der Spitze. Auch hier der Vergleich (in Euro):

• Dänemark: 800.- (inklusive Wohngeld)
• Spanien: 726.- (inklusive Wohngeld)
• Frankreich: 570.- (Wohngeld wird angerechnet)
• Österreich: 425.- (inklusive Wohngeld)
• Schweden: 300.- (plus individuelles Wohngeld)
• Griechenland: 200.- (plus 70.- € Wohngeld)
• Polen: 160.- (nur, wenn der Flüchtling nicht im Heim lebt).

In Ungarn bekommen anerkannte Asylbewerber unterschiedlich hohe Sozialleistungen von der jeweiligen Kommune, in der sie wohnen. Italien zahlt grundsätzlich nur die Unterbringung in Asylbewerberheimen.

Aber Deutschland zahlt anerkannten Flüchtlingen nicht nur mit Abstand das meiste Geld: Bei uns werden Asylanträge auch viel leichter anerkannt als anderswo. Vor allem in Osteuropa ist die Ablehnungsquote sehr hoch.

Selbst das liberale Dänemark lehnt anteilig viel mehr Asylanträge ab als wir. Mittlerweile schickt Kopenhagen auch wieder Asylbewerber aus Syrien zurück nach Hause.

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Am deutlichsten zeigt sich der deutsche Asyl-Wahnsinn bei jenen Migranten, deren Asylantrag abgelehnt wurde.

Wir haben eine geradezu exzessive Praxis der sogenannten Duldung: Deutschland erlaubt einer unwirklich großen Zahl von abgelehnten Asylbewerbern, die qua Gesetz das Land unverzüglich verlassen müssten, dass sie trotzdem hierbleiben können.

Mindestens 300.000 Menschen müssten derzeit ausreisen, sind aber weiter im Land. Und sie alle werden nach anderthalb Jahren auf Sozialhilfeniveau versorgt: mittels der sogenannten „Analogleistungen“ – und zwar auch dann, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde.

Das ist einzigartig in Europa. Was zahlen die anderen Länder an abgelehnte Asylbewerber (in Euro)?

• Österreich: 425.- (in Härtefällen)
• Schweden: 300.- (nur in wenigen Härtefällen, nur für kurze Zeit)
• Spanien: 220.- (nur in wenigen Härtefällen, nur für kurze Zeit)
• Dänemark: Kost und Logis im Heim (nur bis zur Ausreise), keine Geldleistungen
• Frankreich: keinerlei Leistungen mehr (Duldung ist hier unbekannt)
• Polen: keinerlei Leistungen mehr
• Ungarn: keinerlei Leistungen mehr
• Griechenland: keinerlei Leistungen mehr.

Der „Welt“-Journalist Klaus Geiger hat sich durch das Dickicht der Regeln für Sozialleistungen in verschiedenen europäischen Ländern gekämpft. Der ansonsten durchaus migrationsfreundliche Autor kommt zu einem ernüchternden Befund:

„Unter dem Strich lässt sich sagen, dass einzelne Länder an bestimmten Stellen zwar ähnlich hohe Leistungen haben wie Deutschland, teils sogar höhere. Aber in der Gesamtschau gibt es kein anderes EU-Land, in dem es für einen Asylbewerber so wahrscheinlich ist, dauerhaft relativ hohe Sozialleistungen zu beziehen. Und diese Aussicht besteht unabhängig davon, wie lange das Asylverfahren dauert und sogar davon, ob es am Ende erfolgreich ist.“

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Die Grünen schreiben im Internet auf ihre Themenseite „Flüchtlinge“ den etwas selbstverliebten Satz: „Wir stehen für eine Flüchtlingspolitik, bei der jeder einzelne Mensch zählt.“ Man möchte anfügen: Zählt vielleicht – aber ganz sicher nicht zahlt. Und die Grünen stehen auch keineswegs für eine Politik, bei der jeder Mensch arbeitet, der arbeiten kann.

Guido Westerwelle hat einmal davor gewarnt, die Menschen zu anstrengungslosem Wohlstand einzuladen: Das sei spätrömische Dekadenz.

Er hat recht behalten.

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