Man muss wieder einmal an den Artikel 56 des Grundgesetzes erinnern. Er gibt den Amtseid des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und der Bundesminister wie folgt vor: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.)“ Noch einmal: „Zum Wohl des deutschen – hier steht nicht: „Zum Wohle aller Völker der Welt“.
Dieser Amtseid verpflichtet zum Beispiel Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Deutschlands innere Sicherheit zu garantieren. Vor allem gegen das Eindringen von Hunderttausenden von Menschen nach Deutschland, die zum allergrößten Teil weder einen Asylgrund, noch die in Deutschland benötigten Qualifikationen, noch rudimentäre deutsche Sprachkenntnisse, noch die Bereitschaft zur Integration in den Wertekosmos dieses freiheitlichen Rechtsstaates mitbringen. Kurz: Die zum Großteil schlicht und einfach den weltweit bekannten Verlockungen des deutschen Sozialstaates folgen.
Aber was tut die bislang personalpolitisch vor allem intrigant agierende Dienstherrin des Bundesministeriums des Innern und für Heimat, zugleich Chefin unter anderem des Bundesverfassungsschutzes, des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei dagegen, dass die Kommunen ob der Flut an immer neuen Massen von Flüchtlingen ächzen und der innere Friede durch migrantische Kriminalität gestört ist? Nichts, nichts, nichts! Außer vollmundige Ankündigungspolitik: 12 Tage vor der Hessenwahl redet(!) sie nun plötzlich von stationären Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien.
Ansonsten dreht Faeser in Tages- oder gar Stundenfrequenz Pirouetten: Mal will sie Flüchtlinge aus Lampedusa aufnehmen, mal nicht. Mal will sie mit den Herkunfts- und Durchgangsländern wegen Rückführung verhandeln, mal schiebt sie dies auf. Mal will sie bzw. ihre hessische SPD-Genossen-Partei Geflüchteten ein kommunales Wahlrecht geben, mal nicht. Dann wieder schwadroniert sie von europäischen Lösungen. Das tat auch Merkel, aber es gab diese Lösungen nicht. Dann wiederum will Faeser mehr Rückführungen (der Begriff Abschiebung ist „out“), aber es werden nicht mehr. Selbst die Abschiebung von Schwerstkriminellen blockierte sie.
Immer neue Pull-Faktoren
Das Naheliegende tut sie nicht. Stattdessen schafft Faeser neue Pull-Faktoren, die Deutschland südlich des Mittelmeers und im Nahen Osten noch attraktiver machen oder sie trägt diese Pull-Faktoren innerhalb der „Ampel“ zumindest widerspruchslos mit: das neue Bürgergeld auch für Geflüchtete und das „Chancenaufenthaltsgesetz“, das nach kurzem Aufenthalt im Rahmen eines Doppelpasses mit der deutschen Staatsangehörigkeit lockt.
Frage: Weiß Nancy Faeser überhaupt noch, was sie am 8. Dezember 2021 vor dem Bundestag geschworen hat? Oder ist sie in ein Amt geschlüpft, das ihr nicht nur zu groß ist, sondern das sie auch skrupellos instrumentalisiert, um über dieses Vehikel „Landesmutter“ von Hessen werden zu können?
Nein, diese Ministerin ist allein mit ihrem Ressort des Innern politisch und wohl auch intellektuell maßlos überfordert. Sie ist längst zum Fall Lambrecht 2.0 geworden. Es kommt hinzu: Faesers Amtsführung ist zu ihrem Neben- und Teilzeitjob geworden, seit sie Wahlkampf für sich in Hessen macht. Und Olaf Scholz, der Vergessliche, der sich nicht an seine Richtlinienkompetenz erinnert und der mit seiner SPD demoskopisch derzeit bei 17 Prozent dahindümpelt? Er schweigt: Gelegentlich meint er, man müsse an den Grenzen stärker kontrollieren. Das war es dann. Er schweigt auch, wenn er aus Warschau wegen seiner berechtigten, aber kaum vernehmbaren Kritik an der korrupten polnischen Art der Vergabe von Hunderttausenden von Visa attackiert wird.
Die grünen Moral- und Vetoplayer
Warum tun Scholz, Faeser und Co. nicht, was ihre Pflicht und Schuldigkeit ist? Unsere Antwort: Weil sie ob grüner Veto-Minderheitsdiktatur und medialer Akklamationspresse nicht mögen dürfen. Oder aber weil sie mittlerweile qua Kanzler- und Ministerposten Anteilseigner am grünen Moralismus-Kapital geworden sind. Und weil sie ihre selbstgewählte Ohnmacht mit Humanitäts-Blabla kaschieren möchten.
Ansonsten – die letzten Bundestags- und Talkshow-Auftritte der Bundesinnenministerin haben es gezeigt – operiert Faeser mit Totschlagargumenten: „Deutsche Geschichte und deutsche Verantwortung!“ „Asylrecht ein Menschenrecht!“ Wenngleich millionenfach missbraucht. Sachleistungen statt Geld für Flüchtlinge in Dänemark und Österreich. „Sind ja kleine Länder, spielen keine Rolle!“ Stopp von Entwicklungshilfe für Länder, die Flüchtlinge nicht zurechtnehmen! „Bloß nicht, widerspricht unserer globalen Verantwortung!“ Schleuserschiffe entern und zurückbringen oder beschlagnahmen! „Verstößt gegen internationales Recht!“
Ob es der FDP da nicht mulmig werden müsste? Eigentlich schon. Demoskopisch hat sie sich fast halbiert. Lindner scheint es zu spüren, aber er steigt nicht aus der „Ampel“ aus. Und die CDU: Aus 2015 nichts gelernt, bietet sie einen „Deutschlandpakt“; ihr Generalsekretär Linnemann trifft sich mit SPD-„General“ Kühnert. Das sind Ebenen! Und die CSU: Söder spürt jetzt, dass das Thema „Migration“ etwas mit Wahlergebnissen zu tun haben könnte. Spät aufgewacht ist er. Spätestens mit der von der Union vergeigten Bundestagswahl 2017 hätte man indes merken müssen, dass Migration viel mit Wahlergebnissen zu tun hat. Und dass der schier kometenhafte demoskopische Aufstieg der AfD damit zu tun hat.
Nein, die AfD zu dämonisieren, führt nicht weiter. Denn der Aufstieg der AfD hat damit zu tun, dass die „Arrivierten“ das Migrationsproblem als zentrales Politikthema und als riesiges Vor-Ort-Problem durch Nichtstun verpennt haben. Wenn die „Arrivierten“ jetzt jede Idee einer Verschärfung de Zuwanderungsrechts und der Zuwanderungspraxis zum Wasser auf die Mühlen dar AfD deklarieren und sich in moralinsaure Rosenkränze flüchten, wird wieder nichts geschehen. Dann könnte die AfD bundesweit dauerhaft zur Nummer zwei avancieren: knapp hinter der Union und meilenweit vor der SPD.
Deshalb wird es allerhöchste Zeit, dass sich diejenigen politischen Kräfte zusammentun, die mit ihrer Mehrheit eigene Gestaltungsmacht gegen grüne Veto- und Minderheitsmacht stellen.