In Belgien bekommen allein reisende männliche Migranten und Asylbewerber keine Plätze mehr in staatlichen Heimen. Das ist vor allem der schieren Masse der Anträge geschuldet, die den belgischen Behörden praktisch keine andere Chance mehr lassen. Die Auffangkapazitäten des Landes, so der deutschsprachige Belgische Rundfunk, reichen einfach nicht aus, um allen Flüchtlingen eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung der föderalen Asylstaatssekretärin Nicole De Moor findet man dennoch „bemerkenswert“.
Schon letztes Jahr stiegen die Anträge in Belgien um fast 50 Prozent. Dieses Jahr nahm die illegale Migration in der EU weiter zu. Auf der Plattform X schrieb De Moor: „Die (aktuelle) Asylprognose entspricht den Erwartungen. Die Antragszahlen werden auch dieses Jahr hoch bleiben. Für uns umso mehr ein Grund, die Schwierigkeiten der kommenden Monate zu antizipieren.“ Doch auch ihre Entscheidung ist nur ein Pflaster, das abgeht, sobald die jungen Männer es bemerkt haben. Dann bringen sie eben ihre Ehefrauen gleich mit.
Im Vergleich dazu ist aber das Antizipieren, Im-Voraus-Betrachten und Umsteuern offenbar gar nichts für die deutsche Bundesregierung. Mit keinem Wort bedenkt die zuständige Innenministerin Faeser derzeit das wachsende Chaos in Ländern, Landkreisen, Städten und Gemeinden.
In Belgien wie andernorts auch stammen bis zu 70 Prozent der Anträge von allein reisenden Männern. Um zu verhindern, dass Familien mit Kindern im Winter ohne Dach über dem Kopf bleiben, werden die allein reisenden Männer nun ausgeschlossen. Schon jetzt kampieren viele Migranten in der Hauptstadt Brüssel unter freiem Himmel. Solche Bilder sind seit 2015 altgewohnt in der belgischen Hauptstadt. Derzeit werden sie auch im Frankreich von Emmanuel Macron immer häufiger, auf Plätzen und unter Brücken.
„Nüchterne und brutale Wahrheit“
Asylanträge können wohlgemerkt auch allein reisende Männer noch stellen. Aber das werden sie sich eventuell überlegen, wenn sie keinen direkten Vorteil daraus ziehen. Abwanderungsbewegungen aus dem kleinen Königreich sind zu erwarten. Nicole De Moor verteidigte sich, sie habe keine andere Wahl, als so zu handeln. Nach Belgien kamen in diesem Jahr bisher 19.000 Asylbewerber, in Portugal seien es nur 1.500 gewesen: „Solange wir die EU-Außengrenzen nicht besser sichern und solange der Flüchtlingsdruck nicht gerechter auf die EU-Länder verteilt wird, sind wir leider zu solch drastischen Maßnahmen gezwungen.“
Auch Belgien hat seit 2015 und verstärkt im letzten Jahr neue „Auffangkapazitäten“ und Notunterkünfte geschaffen, 9.000 Plätze allein in den letzten Monaten. Die Endlichkeit der Plätze ist aber eine „nüchterne und brutale Wahrheit“, so kann man auch De Moor verstehen. Natürlich konnte auch in Belgien das bremsende Echo nicht ausbleiben. Es kam natürlich von der grünen Vizepremierministerin Petra De Sutter, daneben von Menschenrechtsvereinen, die wie gewöhnlich fernab jeder ökonomischen Realität argumentieren. Derweil gibt es schon 8.000 Urteile gegen den belgischen Staat, weil er „Flüchtlingen“ keine Unterkunft zur Verfügung gestellt habe.
In Brüssel regiert aktuell die „Vivaldi-Koalition“ unter dem Liberalen Alexander De Croo. Es sieht nicht so aus, dass die vier politischen Lager, die hier zusammenstecken, besonders geeint bleiben werden, was Migrationsfragen angeht, wenn Nicole De Moor ihren nun begonnenen Kurs fortsetzt. Ihre Entscheidung erinnert freilich viele an den oppositionellen Vlaams Belang und seine Kritik an der etablierten Asylpolitik.
Großbritannien: Fußfesseln für illegale Migranten?
Mit ähnlichen Widerständen haben es auch die britischen Konservativen zu tun – allerdings scheinen sie in der Migrationspolitik zumindest noch etwas zu wagen. Der „Illegal Immigration Act“ ist eben deshalb umstritten, weil er das etablierte „Asylwesen“ des Landes umstoßen will, daneben auch Signale an die konservative Wählerschaft sendet, die dringend nach einer Lösung ruft. So wollen Labour und andere Gegner den Konservativen bei den nächsten Wahlen endgültig jene Mehrheit abluchsen, die schon jetzt sehr fraglich ist. Umstritten ist ebenso die Unterbringung der Asylbewerber auf großen, einfach eingerichteten Schiffen (barges). Sie sollen an die Stelle von komfortablen Hotels treten.
Umstritten ist auch die Verpflichtung für die Regierung, illegale Zuwanderer abschieben zu müssen. Wohl auch deshalb wartet die Regierung ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) ab, das im Herbst fallen soll. Dann könnte auch diese Regelung in Kraft treten. Allerdings müsste das Gericht dazu Ruanda als sicheren Drittstaat anerkennen, was vielleicht doch weniger als wahrscheinlich ist. Sogar die Unterbringung der „Flüchtlinge“ in ausgedienten Militärbasen oder Gefängnissen gilt ja Gerichten auf der Insel als „ungesetzlich“. Das Königreich ist an dieser Stelle merkwürdig gespalten in einen bodenständigen Teil, der die illegale Migration loswerden will, und ein linkes Eliten-Projekt, das genau das verhindern will – aus eigentlich unklaren Gründen.
Innenministerin Suella Braverman hat nun daran erinnert, dass man abzuschiebende Migranten mit einem GPS-Signalgeber markieren könne, um ihren Aufenthaltsort zu kontrollieren. Auch dieser Vorschlag konnte nicht ohne Kritik bleiben („Menschen werden als Gegenstände behandelt“), ist aber längst als elektronische Fußfessel aus dem Strafwesen bekannt. Doch die britische Regierung bleibt unter Beschuss, weil sie etwas schaffen will, auch wenn nicht sicher ist, dass sie es schafft. Olaf Scholz versucht das erst gar nicht. Er versteckt sich lieber hinter seinen Erinnerungslücken und fordert in purer Parteitaktik Aufklärungen von seinen Konkurrenten, die er selbst niemals liefern könnte oder wollte.
Schweden geht die „Schattengesellschaft“ an: 100.000 im Visier des Staates
In Schweden will die von den Schwedendemokraten tolerierte Minderheitsregierung von Ulf Kristersson das Phänomen der „Schattengesellschaft“ angehen. Das berichten der polnische staatliche Fernsehsender TVP und die Nachrichtenseite Euractiv. Angestellte öffentlicher Institutionen sollen verpflichtet werden, die Polizei über die Präsenz illegaler Migranten zu informieren. Die Regelung richtet sich anscheinend an Sozialarbeiter oder auch Bibliothekare, die auch prompt gegen sie protestierten, weil sie einen Vertrauensverlust bei ihren „Kunden“ oder Zugängern (den Migranten) befürchten. Eine Ausnahme soll für das Gesundheitswesen gelten.
Daneben will die Regierung die Kontrollen im Inland verstärken, um Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus ausfindig zu machen. Deren Zahl könnte bei bis zu 100.000 liegen. Dazu sollen verstärkt biometrische Methoden genutzt werden, also Fingerabdrücke (künftig auch bei Kindern unter 14 Jahren) und Gesichtserkennung. Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard von den konservativen Moderaten nennt die Maßnahmen „einen wichtigen Schritt im Paradigmenwechsel, den die aktuelle Regierung in der Migrationspolitik umsetzt“.
Die schwedische Regierung betont damit das Recht und die Pflicht des Staates, über den Aufenthalt der abgelehnten Asylbewerber zu entscheiden. Mit anderen Worten: Das Untertauchen soll nicht möglich sein, Abschiebungen sehr wohl. Man fragt sich allerdings, was der schwedische Staat bisher unternommen hat, wenn ein Asylant abgelehnt wurde.
In Deutschland spielt auch dieses Thema gar keine Rolle: Wie sieht es mit der Schattengesellschaft hierzulande aus? Wie viele Migranten leben tatsächlich ohne rechtmäßigen Status im Land? Wie viele sind vielleicht gar nicht von den Behörden erfasst? – Aber vielleicht hat Deutschland ja auch vorrangig andere Probleme, nämlich: Wie geht man mit der Masse der dem Staat bekannten, abzulehnenden oder schon abgelehnten Asylbewerber um? Und: Wie begrenzt man deren unberechtigten Zugriff auf die Ressourcen des Staates, der Länder und Kommunen? Damit hätte eine deutsche Asylministerin oder ein Minister für Migrationskontrolle genügend Arbeit.