Tichys Einblick
NRW am Aufnahmelimit

Platznöte: NRW will chancenlose Asylbewerber noch schneller auf Gemeinden verteilen

In NRW sind die Landeseinrichtungen für Flüchtlinge überlaufen. Deshalb soll der Zustrom nun vermehrt an Städte und Gemeinden durchgeleitet werden. Die wollen der Zuweisung Paroli bieten. Die zuständige Landesministerin macht sich einen schlanken Fuß.

Josefine Paul, (Bündnis 90/die Grünen), Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

IMAGO / Sven Simon

In Nordrhein-Westfalen will die schwarz-grüne Koalition chancenlose Asylbewerber vermehrt an Städte und Gemeinden weiterleiten, wie Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) nun erklärte. Damit nutzt die Ministerin ein Plazet des Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), der sich dazu entschieden hatte, auch ablehnenswerte Bewerber nicht mehr zentral in Landeseinrichtungen unterzubringen. NRW geht damit den entgegengesetzten Weg von Brandenburg, wo chancenlose Bewerber vermehrt zentral untergebracht werden sollen. Eine Lösung ist auch das nicht, aber so wären die Kommunen zumindest auf Zeit weniger stark belastet. Auch Abschiebungen müssten leichter werden.

Doch in NRW brennt es auch in den Landeseinrichtungen: „Um die Aufnahmefähigkeit des Landessystems zu erhalten, müssen wir schon zum jetzigen Zeitpunkt vorzeitige Zuweisungen von Geflüchteten aus den Landeseinrichtungen in die Kommunen vornehmen“, heißt es in einem Schreiben der Landesregierung. Dem Westfälischen Anzeiger sagte Flüchtlingsministerin Paul, der die Ratlosigkeit dabei irgendwie ins Gesicht geschrieben steht: „Die Situation spannt sich für die Kommunen, aber auch für die Länder immer weiter an. Wir haben nach wie vor hohe Zuzugszahlen. Das führt dazu, dass die Kapazitäten langsam an ihr Ende kommen. Leider hat das auch Auswirkungen auf die akuten Möglichkeiten des Landes zu puffern.“

Die letzten Reserven sind offenbar aufgebracht. Das bevölkerungsstärkste Bundesland kann chancenlose Asylbewerber nicht mehr zentral unterbringen und so Städte und Gemeinden von Aufgaben entlasten, die sie nicht erbringen können. Wie integriert man einen Menschen, der eigentlich gar nicht in Deutschland sein sollte? Und das aus Gründen.

Paul will das „gesetzliche Maximum“ bei der Unterbringung in Landeshand nicht mehr ausschöpfen. 1.500 neue „Flüchtlinge“ sollen daher innerhalb von 14 Tagen auf Städten und Kommunen verteilt werden. Die zuständige Ministerin – so kann man die Lage getrost zusammenfassen – macht sich einen schlanken Fuß. Dass dabei vielfältige Ressourcen und Kapazitäten knapp werden, scheint ihr dabei kaum gewärtig. Dabei hat Paul sogar nach eigenem Bekunden selbst Schwierigkeiten dabei, an freie Liegenschaften zu kommen. Und solche Leute wollen uns regieren.

Massenschlägerei in Unna, überfüllte Zeltstadt in Selm

Aus den Gemeinden schallt denn auch harsche Kritik an der grünen Flüchtlingsministerin. Man weiß nur noch nicht, wie folgenreich das sein kann. Paul habe die Lage nicht im Griff. In der Tat hatte das Land 35.000 eigene Plätze erstellen wollen, kam aber aus genanntem Grund nicht so weit. Die Kommunen fordern ohnehin die doppelte Zahl an Landesplätzen für Asylbewerber mit unsicherer Bleibeperspektive. Der Städte- und Gemeindebund kündigte an, man wolle der eigenen Position „noch einmal mehr Nachdruck verleihen“. Man darf gespannt sein.

Weitere Symptome der heiklen Lage, in der sich nicht allein das Großland NRW befindet: Spannungen in Flüchtlingsheimen nehmen zu. Vor wenigen Tagen erst wurde über eine Massenschlägerei in der Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen berichtet. Hunderte sollen sich an dieser Prügelfuge beteiligt haben, ganz ohne Meistergesang. Einsatzkräfte aus Unna, Hamm und Schwerte plus NRW-Bereitschaftspolizei waren nötig. Ein Leitender Notarzt koordinierte die Rettungsbedingungen! Man könnte von einem improvisierten Feldlazarett sprechen, alles nur, weil ein Land seine Migrationspolitik nicht zu ordnen vermag. Nun will der Landtag über die Flüchtlingssituation im Lande diskutieren – auf Antrag der SPD.

Unweit Unnas, würde man eine schon jetzt überbelegte Zeltstadt in Selm-Bork am liebsten auflösen. Der Bürgermeister fühlt sich mit den Problemen – unter anderem auch den Kosten für den Sicherheitsdienst – alleingelassen. Nicht nur wegen Massenschlägereien, auch wegen vermehrten Fällen von Diebstahl.

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