Wie riecht der Zusammenbruch einer Partei? Nach Angstschweiß. Nach verlebten Hinterzimmern, in denen nach Lösungen gesucht wird. Und nach leeren Stühlen. All das passiert gerade bei den Linken. Dietmar Bartsch hat angekündigt, dass er Anfang September nicht mehr als Vorsitzender der Fraktion der Linken im Bundestag kandidieren will. Zuvor hatte das seine Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ebenfalls getan.
In einem Schreiben an die Fraktion begründet Bartsch dies mit lange angelegten Gedankenspielen. Doch tatsächlich riecht es nach Zusammenbruch. Ali hatte den Verzicht auf eine weitere Kandidatur offen mit dem Streit um Sahra Wagenknecht begründet. Der Bundesvorstand um Janine Wissler und Martin Schirdewan hatte der prominentesten Linken in einer recht verquasten Formulierung befohlen, nicht mehr im Namen der Partei zu sprechen und aktiv zu werden.
Die Partei schaut wie gespannt auf Wagenknecht. Der Bundesvorstand bekniet sie regelrecht. Wenn sie schon, wie angedeutet, eine neue Partei gründen wolle, dann solle sie das jetzt tun. Doch die Frau von Oskar Lafontaine lässt die Linken zappeln – sie um die Person Wagenknecht streiten. Zumal mit ihr ein Streit um Positionen verbunden ist. Wagenknecht steht für ein Drängen auf Frieden in der Ukraine, eine realistische Einwanderungspolitik und Themen des Arbeitsmarktes – der Bundesvorstand für unbegrenzte Einwanderung und identitätspolitische Themen.
Bartsch war lange Bundesgeschäftsführer der Partei. Seit 2015 gehört er zu ihren Fraktionsvorsitzenden. Seit dem Rückzug Gregor Gysis und dem Austritt Lafontaines gilt er neben Wagenknecht und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow als prominentestes Gesicht der Linken. In seinem Schreiben versucht er, Hoffnung zu verbreiten, und erinnert daran, dass die Partei schon oft totgesagt worden sei – aber nicht gestorben sei. Die Spucke von ins Leere gesprochenen Motivationsreden – auch so riecht der Zusammenbruch einer Partei.