Tichys Einblick
Nicht nur in der Wirtschaft

Deutschland steigt ab

Bei der Fußballweltmeisterschaft der Frauen haben es die Deutschen der Welt wieder gezeigt: Sie können verlieren – im Sport wie in der Politik.

IMAGO / Rüdiger Wölk

Die Süddeutsche Zeitung (5./6. August 2023) bringt das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft der Frauen auf die Schlagzeile: „Frauen sind auch nur Männer“ – sie scheiden, wie die Männer 2022 in Katar, schon in der Vorrunde aus. „Dass jetzt nicht mal den Fußballerinnen was gelingt“, kommentiert die SZ, „passt … bestens zur Lage der Nation“.

Über die Lage der Nation informiert der SZ-Wirtschaftsteil unter der Überschrift „Deutschland, das geht besser!“ folgendermaßen: „Letzter beim Wachstum, frustrierte Bosse und Fabriken, die abwandern. Die deutsche Industrie wankt und damit der Ruf des Landes“.

Nicht nur die Industrie „wankt“, sondern auch die Infrastruktur und hier am sichtbarsten die Deutsche Bahn, bei der Verspätungen und Zugausfälle zum Regelfall werden. „Pünktlichkeit“ ist von gestern; „die entscheidende Stärke der Deutschen Bahn“ sieht der DB-Vorstandsvorsitzende darin, „Haltung zu zeigen und uns für Vielfalt und Toleranz einzusetzen“ (DB-mobil Juli/August 2022).

Wer ist schuld an dieser Misere? Sicher nicht die Regierten; denn die Deutschen sind traditionell leicht zu regieren: „Der Deutsche fügt sich unter allen zivilisierten Völkern am leichtesten und dauerhaftesten der Regierung, unter der ist“, stellte schon Immanuel Kant fest (Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, 1798). 225 Jahre später kommt Wolfgang Herles in TE (5. 8. 2023) zum selben Fazit: „Das Elend der Deutschen ist ihr Konformismus, ihre Sehnsucht nach Einheit, ihre Staatsgläubigkeit.“

Diese „Staatsgläubigkeit“ ist, geschichtlich gesehen, ein Erbe des Obrigkeitsstaates, der sich seit der Reformation des 16. Jahrhunderts in den protestantischen Territorialstaaten Deutschlands ausbildete. Die Untertanen hatten der „christlichen Obrigkeit“ (Luther) zu gehorchen, und die Obrigkeit für die Untertanen zu sorgen. Von diesem Obrigkeitsbonus zehrt die jetzige Regierung, um auch sinnlose „Maßnahmen“ (Heizungsgesetz und Ähnliches) durchzusetzen. Aber wie lange noch?

Dass die „Deutschen“ – ein Name, den die Regierung nur widerwillig verwendet (es heißt: „Menschen in Deutschland“) – fast ein halbes Jahrtausend staatsfromm waren, bedeutet nicht, dass dies immer so sein wird. Irgendwann kippt es. Schon das Schweigen der Masse ist heute durchaus beredt; denn dahinter steckt die Erkenntnis: „Sie (die Oberen) schaffen das nicht!“ – weder im Sport noch in der Politik. Von dieser Erkenntnis zur Folgerung „Abschaffen!“ (ältere Bedeutung: „fortschicken, entlassen“) ist es nur ein Schritt.

Anzeige
Die mobile Version verlassen