Tichys Einblick
Grüne "Energiewende"

Fernwärme ohne Wärme

Ein Unsinnsgipfel jagt den nächsten. Mit aller Macht soll vom Scheitern der „Energiewende“ und der krachend vor die Wand gefahrenen Energieversorgung abgelenkt werden. Vor ein paar Wochen war es ein „Fernwärmegipfel“, mit dem „die“ nächste Lösung ausgegeben wurde. Doch seitdem ist es sehr schnell wieder ruhig geworden.

Neue Fernwärmeleitung in Essen, 26. Juni 2023

IMAGO / Jochen Tack

Es sollen 100.000 Gebäude angeschlossen werden – pro Jahr. Die Zahl klingt für die, die es mit Größenordnungen nicht so haben, schrecklich viel. Das Pressestatement erinnerte wie früher an die »Aktuelle Kamera«, der Propagandasendung des DDR-Fernsehens: »Der heutige Gipfel hat ein starkes Signal gesetzt. Ein breites Bündnis hat sich zu mehr Tempo beim Aus- und Umbau der Wärmenetze bekannt. Die Vertreterinnen und Vertreter des heutigen Treffens haben bekräftigt, dass bis 2030 insgesamt die Hälfte der Wärme in den Netzen klimaneutral erzeugt werden soll.«

Auch hier darf das Unsinnswort vom »Markthochlauf« nicht fehlen: »Damit der Um- und Ausbau der Wärmenetze im gebotenen Tempo erfolgen kann, hat sich beim heutigen Fernwärmegipfel des BMWK und des BMWSB ein breites Bündnis dazu bekannt, einen verlässlichen Rahmen für den Aus- und Umbau, die Dekarbonisierung sowie den Markthochlauf zu schaffen.«

Das Berliner Planungskomitee hat also beschlossen: Jetzt soll es Fernwärme richten. Die ist einfach da, genauso wie die vielen Milliarden Euro, um Städte und Gemeinden aufzugraben, Rohrleitungen zu verlegen und Anschlüsse in sämtliche Gebäude zu führen, dort die alte Heizungstechnik rauszuwerfen und neue Wärmetechnik einzubauen. Die dazu notwendigen Fachkräfte werben wohl gerade Arbeitsminister Heil und Außenministerin Baerbock an.

Zuerst sollen Städte und Gemeinden Wärmenetze aufbauen. Damit ist sichergestellt, dass das Luftschloss nicht funktionieren wird. Sämtliche Straßen aufreißen, Rohre verlegen, Häuser anschließen – das kostet jede Menge Geld, das die Kommunen bekanntlich nicht haben. Derzeit werden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 6,1 Millionen Wohnungen mit Fernwärme versorgt, das sind 14,2 Prozent. Von denen werden 80 Prozent mit Wärme aus Kohle, Gas und Industrieabwärme versorgt. Doch die schaltet ihre Anlagen häufig ab und verlässt den Standort Deutschland.

Der Wirkungsbereich von Fernwärmenetzen ist begrenzt. Je größer der Abstand zwischen dem Ort, an dem die Wärme erzeugt wird und dem, an dem sie verbraucht wird, desto höher sind die Wärmeverluste durch das Rohrleitungssystem. Auf dem Land sind Fernwärmenetze genauso Illusion wie die Vorstellung, Deutschland könne mit Wärmepumpen versorgt werden.

Fernwärme ist nicht einfach da, sie muss erst einmal irgendwo erzeugt werden. Wasser muss erhitzt werden, damit es in die Rohre zu den Häusern gepumpt werden kann. Häufig sind die Netze an Kraftwerke gekoppelt, die noch die niedrigste Dampfwärme in Strom umsetzen. Fernwärmeerzeugung beschränkt daher die Stromerzeugung. Diese sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung ist bereits praktizierte »Nachhaltigkeit«, um den falschen grünen Begriff zu benutzen.

Vielleicht erklärt der letzte Fachkundige im Wirtschaftsministerium seinem Minister, welche Energiemengen benötigt werden, wo die herkommen könnten und was garantiert nicht ausreichend ist: Restwärme aus Flüssen mit Wärmepumpen zu holen und damit einige Millionen Wohnungen zu beheizen. Bislang werde vor allem die Wärme von Kohle- oder Gaskraftwerken benutzt. Ja, warum wohl, Herr Habeck?

Beispiel: Großkraftwerk Mannheim. Das liefert nicht nur erhebliche Mengen an Strom, sondern versorgt große Teile Mannheims bis Heidelberg auch mit Fernwärme. Die entstehende Wärme ist also so groß, dass noch ausreichend Energie für Fernwärme für viele Wohnungen abfällt. Die Netze reichen bis in Teile der Stadt Heidelberg. Das Kraftwerk selbst zählt zu den modernsten in Europa, die Abgase werden mit elektrostatischen Filtern von Staubpartikeln befreit, die Stickoxide mit Hilfe von Ammoniak wie beim Auto-Katalysator herausgeholt und schließlich noch entschwefelt. Dabei entsteht noch Gips für die Bauindustrie. Sauberer geht es kaum.

Für 15 Millionen Euro wird gerade eine der größten Flusswärmepumpen Europas installiert. Das Wirtschaftsministerium leitet Steuergelder in dieser Höhe im Rahmen des »Reallabors der Energiewende« (heißt tatsächlich so) an das Versorgungsunternehmen Siemens Energy weiter, und auch für das grüne Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme fällt ein Stück vom Steuerkuchen ab.

Die Effizienz wird mit 2,7 angegeben, also der Quotient aus nutzbarer Wärmemenge und eingesetzter Strommenge. Bei diesem Wert wird eine ordinäre Wärmepumpe für Wohnungszwecke als unwirtschaftlich angesehen. Die Effizienz sei im Sommer etwas höher, im Winter etwas geringer, schreiben die Strategen. Naja, noch steht das Großkraftwerk daneben und kann die Wärme liefern samt den erheblichen zusätzlichen Strommengen. Zusätzlich liefert ein Müllkraftwerk ebenfalls Energie.

Doch das Kohlekraftwerk soll so schnell wie möglich abgeschaltet werden, fordern Grüppchen wie »Mannheim kohlefrei« und radeln schonmal zu Demonstrationen vor das imposante Kraftwerk. Ebenso sollen Erdgas-Kraftwerke verhindert werden. Die Gewerkschaft Verdi beklagt sich schon darüber, dass »die aktuelle Lage« zu einer Unsicherheit in der Belegschaft führe. Das Großkraftwerk Mannheim leide bereits jetzt unter einer sehr dünnen Personaldecke. Und, so fügt Verdi hinzu, die Unsicherheit sei aber auch für die 120.000 Fernwärmekunden in der Region schlecht: Wärmepumpen könnten die Fernwärme nicht ersetzen.

Ergebnis: Fernwärme ohne Wärme.

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