Der Roman „Hinter der Zukunft“ von Thomas Eisinger schreibt die Politik und Kommunikation der Corona-Zeit in eine überzeichnete Zukunft fort. Deutschland ist in der Fiction des Augsburger Schriftstellers zu einer Klimarepublik mutiert. Die Verfassung ist geändert. Nicht mehr die Würde des Menschen, sondern die Würde des Planeten ist unantastbar.
Der Tag beginnt und endet für alle mit dem „Pray for the Planet“. Die Klimakanzlerin leitet es mit salbungsvollen Worten. Die Sprache der Klimagebete ist die konsequente, ins Absurde übersteigerte Fortentwicklung der Sprache der Regierung in der Corona-Zeit. Erschreckend ist, dass Eisinger wesentliche Teile des Buches ein Jahr vor dem ersten Lockdown geschrieben hat.
Im Roman sind die Medien in der Hand der Regierung. Kontakte und Bewegungsfreiheit der Bürger sind limitiert. Die Überwachung über ein Armband, den sogenannten „Guten Helfer“, ist absolut. Alles dreht sich um das Vermeiden der CO2-Produktion. Es gibt Zensur und zahlreiche Denk- und Redeverbote. Jeder Mensch erhält ein CO2-Budget, das sich in Coints ausdrückt. Jede Handlung verbraucht Coints. Sind die Coints aufgebraucht, ist das Leben zu Ende. Die Propaganda spricht von einem Leben bis 65. Die meisten werden früher abgeholt.
Obwohl die Indoktrinierung der Klimagesellschaft perfekt zu funktionieren scheint, finden Wahlen statt. Die alles beherrschende Klimapartei hat in dem Bestreben, ihre Macht endgültig zu sichern, nicht nur das Wahlalter massiv gesenkt, sondern auch die Stimmen mit dem CO2-Budget der Wähler gewichtet. Da man sich der jungen Leute sicher ist, scheint die Wiederwahl der allmächtigen Klimakanzlerin alternativlos.
Doch die Partei macht einen Fehler. Der Jugendkult der Klimagesellschaft führt zur Gründung einer neuen Partei der Jugend. Als diese völlig überraschend den Wahlsieg erringt, ist der junge Gamer Robin mit seinen Millionen Followern plötzlich Bundeskanzler. Die Klimakanzlerin wird zur Klimaministerin und scheint den jungen, politisch unerfahrenen Gamer in ihrem Sinne lenken zu können. Der neue Bundeskanzler findet sich plötzlich in einer Welt wieder, in der es mit Reisen, Steaks, Alkohol und vielem anderen all jene Dinge gibt, die dem Volk streng verboten sind. Das Leben als Kanzler kostet keine Coints und es gibt scheinbar keine Überwachung mehr. Doch dieser Schock allein reicht noch nicht für sein Umdenken.
Bildete der Roman bis hier sehr geschickt die langweilige, gefährlich spießige Wirklichkeit der Klimadiktatur ab, so wird das Erzähltempo ab jetzt zuweilen rasant und man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen. Es gibt ein überraschendes Ende, soviel sei verraten.
Dass der Epilog des Buchs das Ende noch einmal ad absurdum führt, zeigt nichts weniger als die reale Absurdität der gegenwärtigen Klimadiskussion. Eisinger überzeichnet seine Klimarepublik bis ins Lächerliche, doch bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man im Reden der fiktiven Figuren die Rede zeitgenössischer Klimaaktivisten erkennt.
Der gesamte Roman ist nichts weniger als eine Warnung vor Monokausalität in der Deutung so komplexer Systeme wie der Entwicklung des Weltklimas. Thomas Eisinger zeigt, wie genau diese Eindimensionalität unmittelbar in totalitäre Strukturen führt. Der Autor versteht zudem noch, seine These in eine spannende und sehr gut erzählte Geschichte zu verpacken.
Dieser Beitrag von Peter Winnemöller erschien zuerst unter dem Titel „Thomas Eisingers Roman ‚Hinter der Zukunft‘“ in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autor und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.
Thomas Eisinger, Hinter der Zukunft. Roman, Nova MD, Klappenbroschur, 548 Seiten, 18,90 €.
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