In den 80er- und 90er-±Jahren war Rainer Langhans nur eine Erinnerung. Eine fade obendrein. Redakteure von ARD und ZDF kramten die immer gleichen Bilder heraus, wenn sie in Dokumentation die 68er darstellen wollten – wobei es ihnen eigentlich nur darum ging, ihre eigene Jugend zu verherrlichen: Fritz Teufel beim Prozess, die Kommune 1 lehnt nackt an der Wand, wobei sie der Welt ihre Hintern zeigt und Langhans gemeinsam mit der schmollmundigen Uschi Obermaier im Interview. Dazu aus dem Off die immer gleichen Phrasen: Aufbruch, Vietnam, Rebellion, der Muff von tausend Jahren – laaangweilig.
2010 kam dann das Comeback Rainer Langhans‘ als aktiver Figur der Zeitgeschichte. Durch einen Werbespot. Der Online-Händler Zalando parodierte ihn und die Kommune 1 in einem Werbespot. Der beschwerte sich. Und es kam zu einem Kompromiss: Im nächsten Zalando-Spot spielte Langhans mit und parodierte sich selbst. Popkultur hatte er immer schon besser verstanden als all die Redakteure, die ihn zu Politik und damals befragten.
Langhans parodiert sich selbst
Im Januar 2011 zeigte Langhans dann einem Millionen-Publikum mal so richtig, wie Popkultur geht. Er nahm an der fünften Staffel des Dschungelcamps teil. Es wurde die erfolgreichste Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Auch und vor allem dank Langhans. Bis dahin war das Dschungelcamp den deutschen Kulturschaffenden ein Dorn im Auge. Vor allem dem Fäuetong. Und das Schmuddelkind des deutschen Fernsehens stand tatsächlich vor dem Aus. Weil sich die großen Konzerne weigerten, in dem Umfeld zu werben, fehlten RTL die nötigen Einnahmen für das teure Spektakel. 2010 fiel das Format deshalb aus.
Im Januar 2011 kam es aber zur fünften Staffel. Sie sollte das deutsche Fernsehen revolutionieren. Das lag an der großartigen Sarah Dingens, die auf herrliche Weise die Rolle der überforderten Zicke erfüllte, nahezu täglich an den Prüfungen scheiterte und unvergessliche Bonmots von sich gab wie: „My breath was away.“ Oder: „Das war die schwerste Dschungelprüfung von allen. Auch von denen, die noch kommen werden.“
Es lag aber auch an Rainer Langhans. Alle hatten eigentlich erwartet, dass der Berufslinke im Camp nur mosern würde, sich über fehlenden Komfort beschwert und den Sinn dieses Formats in Frage stellt. Aber der Profi der Popkultur wusste, wie das Spiel zu spielen ist. Er führte legendäre Gespräche am Lagerfeuer mit den durch die Bank deutlich jüngeren Teilnehmern.
Langhans killt den Kakerlaken-Sarg
Bis er dann selbst für eine Dschungelprüfung an der Reihe war. Es war der Kakerlaken-Sarg. Der durfte vorher in keiner Ausgabe des Dschungelcamps fehlen. Ein Prominenter muss sich in eine Glaskiste legen, die mit tausenden von Kakerlaken gefüllt wurde. Daniel Küblböck erlitt in der ersten Staffel bei dieser Aufgabe einen Nervenzusammenbruch. Langhans legte sich in die verdunkelte Glaskiste, meditierte und ruhte in sich, als tausende von Kakerlaken über ihn krabbelten. Auch als die Verdunkelung abfiel und die Kiste an einem Kran über einer tiefen Schlucht hing, blickte Langhans nicht auf, sondern meditierte eisern durch. Danach brachte RTL diese Prüfung nie wieder. Langhans hatte sie getötet.
Allerdings zeigte ihn RTL im Verlauf der Staffel immer weniger. Der damals 70-Jährige war krank und die Redaktion wollte, dass er vorzeitig herausgewählt wird. Was dann auch aufgrund fehlender Bildschirmpräsenz passierte. Zum Riesenerfolg der Staffel hatte er aber beigetragen. Am Dienstag der zweiten Woche schauten im Schnitt über 10 Millionen Zuschauer zu. An einem Werktag. Von 22.15 bis 0.15 Uhr. Das waren Werte, die damals selbst „Wetten, dass..?“ nur noch mühsam am Samstagabend erreichte. Der schlimme Unfall des Kandidaten Samuel Koch hing damit zusammen. Weil sich die ZDF-Show vom RTL-Schmuddelkind nicht den Rang ablaufen lassen wollte, steigerte die Redaktion das Risiko bei den Wetten – letztlich ins Unverantwortliche.
Langhans und Ballweg, Revolutionäre unter sich
Mit der fünften Staffel und Langhans lernte dann sogar das Fäuetong das Dschungelcamp lieben. Danach konnte nur noch die Corona-Politik seine Ausstrahlung stoppen. Allerdings ging Langhans mit dem Ende der Show allmählich der Popkultur wieder verloren. Er wurde wieder zum Opfer von ARD-Redakteuren und SZ-Fäuetongnisten, die ihm die immer gleichen Fragen nach Uschi Obermaier stellten. Laangweilig. Interessanter wird es, wenn man Langhans mit einem konfrontiert, der die Politik heute in Aufruhr versetzt: mit Michael Ballweg.
Der Revolutionär von damals, der so viel mehr ist als Uschis Freund, trifft den Revolutionär von heute. Und schon nach wenigen Augenblicken sitzen sie fast freundschaftlich nebeneinander und diskutieren über den spirituellen Wert der Gefängniszelle. Aber dazu mehr am Donnerstag um 17:00 Uhr, wenn das gemeinsame Interview auf Tichys Einblick veröffentlicht wird.