Es war keine Liebe auf den ersten Blick bei Mario Czaja und Friedrich Merz. Denn eigentlich hatte sich der CDU-Chef einen anderen als General gewünscht. Doch weil Carsten Linnemann wie Merz aus Nordrhein-Westfalen kommt, musste der Proporz gewahrt werden. Der Westfale Linnemann bliebe auf der Bank sitzen, der Berliner Czaja stieg zum Generalsekretär auf. Nach fast anderthalb Jahren sehen die Christdemokraten ein: so geht es nicht weiter. Zuletzt kommt Linnemann doch noch zum Zug.
Das bestätigte ein Parteisprecher am Dienstag in Berlin. Der bisherige Generalsekretär Mario Czaja trete ab, seine Stellvertreterin Christina Stumpp soll aber im Amt bleiben. „Da bleibt alles wie gehabt“, sagte der Sprecher. Schon seit Monaten kursierten Berichte, dass Merz mit Czaja unzufrieden sei und ihn für zu wenig angriffslustig halte. Nach eigenen Worten trenne man sich einvernehmlich. „Ich habe mir die Entscheidung, einen Wechsel in der Position des Generalsekretärs der CDU Deutschlands vorzuschlagen, nicht leicht gemacht“, teilte Merz mit. „Mario Czaja und ich kennen uns seit vielen Jahren, und ich schätze ihn. Daran wird sich auch nach dieser Entscheidung nichts ändern.“
In Wirklichkeit hat Merz nun nach Monaten seinen ursprünglichen Kandidaten bekommen. Als Parteichef, wohlgemerkt. Czajas Schwäche zeigte sich insbesondere in den letzten Wochen in einer bemerkenswerten Offenheit. Nie hat eine deutsche Opposition eine derart angeschossene Regierung auf dem Präsentierteller geliefert bekommen. Graichen-Affäre, Agora-Affäre, Philipp-Affäre, Heizungsgesetz, Hitzeschutzplan – seit dem Frühling vergeht keine Woche ohne Fettnapf, in den die Ampel mit dem Jubel eines Kleinkindes hineinhüpft. Für den Wadenbeißer der Politszene eigentlich der Moment um zu punkten. Der Generalsekretär darf dort übertreiben und reingrätschen, wo andere sich zurückhalten.
Von Czaja hörte man dazu wenig und wenn, dann nie pointiert genug. Wenn schon Merz aus Rücksicht auf den zukünftigen grünen Koalitionspartner sich bei den Themen bedeckt hielt, und die Opposition nur als Regierung in der Wartestellung verstand, so hätte zumindest Czaja für die CDU jene kämpferische Position einnehmen können, um die Union im Gespräch und die Umfragen hochzuhalten. Das ist nicht der Fall. Die AfD, nicht die Union profitiert von der Ampel-Krise. Zeitweise hat eine Bundestagsabgeordnete wie Julia Klöckner eine dominierendere Position eingenommen als der „General Angriff“ der Parteien.
Vielleicht auch, weil Czaja schlicht nicht für den Posten, für die Rhetorik, für den Biss gemacht war. Czaja war dafür bekannt, dem zentristischen Teil der CDU anzugehören. Man könnte ihn auch als den farblosen Flügel bezeichnen. Die einzige Aufmerksamkeit, die Czaja auf sich lenkte, war vor zwei Jahren in der Berliner Landespolitik. Damals kritisierte er den Landeschef Kai Wegner wegen seines „Rechtskurses“. Wegner sei näher an Hans Georg Maaßen als an Angela Merkel.
Heute ist Wegner Regierender Bürgermeister von Berlin. Hans Georg Maaßen hat das Parteiausschlussverfahren überstanden. Aber Czaja ist nicht mehr Generalsekretär. Für den behäbigen Moloch CDU ist das ein ganz schöner Gewaltakt.
Linnemann soll es jetzt richten. Bisher fiel er im Gegensatz zum Ex-Generalsekretär mit flotten Sprüchen auf. Als ehemaliger Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) kommt er aus einem Unionsbereich, der mittlerweile als sagen- und legendenumwoben gilt. Ob er die Aufgabe stemmen kann, bleibt dabei noch offen. Das Grundsatzprogramm, für das er verantwortlich war, ist immer noch nicht fertig. Aber etwas Besseres als Mario Czaja findet die Union wohl überall. Dass es wenig nützt, den General auszuwechseln, wenn der Generalfeldmarschall jede Schlacht – gewollt oder ungewollt – verschläft, statt dem Gegner nachzusetzen, steht dabei auf einem eigenen Blatt.