Am Freitagnachmittag hatte die Polizei noch Berichte von einer möglichen „Gefahrensituation“ in Gießen dementiert. Es handele sich um bloße Gerüchte, wonach „die Gießener Bevölkerung gefährdet sei und man am Besten das Stadtgebiet am Wochenende meiden soll“, so die Polizeimeldung. Einen Tag später hat sich das „Gerücht“, von wem es auch immer stammte, bewahrheitet.
Das Festival fand dabei nicht zum ersten Mal in Gießen statt. Seit 2011 handelt es sich um eine Gießener Tradition. Aber schon im vergangenen Jahr hatte es Ausschreitungen gegeben. Dem veranstaltenden Verein wird vorgeworfen, die eritreische Militärdiktatur zu glorifizieren, die von anderen als „hermetischer Polizeistaat“ beschrieben wird. In Eritrea herrscht Präsident Isayas Afewerki seit der Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren über einen Einparteienstaat.
Ein Verbot der Veranstaltung, wie von der Stadt betrieben, wurde von einem Verwaltungsgericht gekippt.
Wie die Falschnachricht binnen 24 Stunden zur Wahrheit wurde
Am frühen Samstagmorgen ergaben sich laut Polizei Hinweise auf einen geplanten Angriff auf die Hessenhallen, nämlich aufgrund eines Videos auf einer Social-Media-Plattform. Es folgte der definitive „Großeinsatz“ der Polizei, wo ein sicher mittelgroßer Einsatz vorausgegangen war. Um die 60 Personen wurden „zur Verhinderung gewalttätiger Aktionen“ festgenommen. Im Laufe des Samstags rückten über 1.000 Einsatzkräfte in Gießen an, darunter auch Kräfte aus dem Saarland, Sachsen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und von der Bundespolizei.
Die Kulturveranstaltung der Eritreer soll noch bis zum Sonntag in den Hessenhallen stattfinden. Auch eine öffentliche Kundgebung in der Schlachthofstraße sollte laut Informationen vom Samstagmorgen durchführbar sein. Der geplante Aufzug zu diesem Ort wurde untersagt.
Samstagmittag. Die nächste Folgemeldung. Nun empfiehlt auch die mittelhessische Polizei, das Zentrum von Gießen zu meiden. Im Stadtgebiet komme es zu schweren Verkehrsbehinderungen, unter anderem weil die Polizei ihre über 1.000 Einsatzkräfte immer wieder zu anderen Orten verlegen muss. Es vergingen buchstäblich keine 24 Stunden zwischen dem Dementi der „Falschnachricht“ und ihrer Bewahrheitung. Am Samstagmittag bat ein Polizeisprecher per Video darum, die Innenstadt zu meiden.
Und noch immer hatten die Einsatzkräfte zu kämpfen, um mit der aufrührerischen, sich immer wieder zerstreuenden und neu angreifenden Menge fertigzuwerden. An der Heuchelheimer Brücke kam es zu „massiven Angriffen“ gegen die Polizei, als Steine und Flaschen auf die Beamten geworfen wurden und Polizeiabsperrungen versuchsweise durchbrochen und Zäune überstiegen wurden. Auch Rauchbomben wurden entzündet. An den Hessenhallen schafften es rund 100 Personen, den Absperrzaun einzureißen; einen Sturm des Geländes konnten die Beamten aber verhindern. Laut Polizei wurden mindestens 60 Menschen festgenommen und rund 50 Platzverweise erteilt. Auch an weiteren Orten kam es zu stark besetzten Auseinandersetzungen. Laut Anwohnerstimmen werden die Festgenommenen, etwa Steinewerfer, teils gleich wieder freigelassen.
„Keine Anzeichen“ für Unruhen in Deutschland gibt es nicht
Die Gießener Geschehnisse zeigen, dass es eben doch nicht ganz ungefährlich ist, Menschen über den halben Globus wandern zu lassen, um sie dann via Asyl in Deutschland aufzunehmen. Zumal nicht klar ist, dass alle Beladenen aus diesen fernen Weltgegenden den gleichen Feind teilen, von derselben Bürgerkriegspartei sind. Im Zielland Deutschland mischen sich so Folterer und ihre Opfer, Verfolger und Verfolgte, auch von anderswo.
Auch eine weitere Mainstream-These wurde an diesem Wochenende umstandslos zusammengefaltet. Wenn Olaf Scholz noch vor einer Woche behauptet hatte, dass es in Deutschland „keine Anzeichen“ für Ausschreitungen nach dem Muster Frankreichs gäbe. Wenn 250 feindselige Eritreer es schaffen, tausend herbeigetrommelte Polizisten zu „unterhalten“, dann muss man allerdings nur eins und eins zusammenzählen, um bei einer multiplen Gefahr auch für Deutschland durch verschiedene Zuwanderergruppen zu sprechen.