Die FDP flog 2013 aus dem Bundestag. Was war der erste entscheidende Schritt des neuen Vorsitzenden Christian Lindner, um die Partei nach dieser Katastrophe neu aufzustellen? Die FDP verschrieb sich ein neues Corporate Identity. Also ein neues äußeres Erscheinungsbild. Der Aufstieg Lindners war von Anfang an begleitet von dem Motto: Show statt Substanz.
Show statt Substanz ist auch die Überschrift für Christian Lindners Arbeit als Finanzminister. Das könnte für die deutsche Wirtschaft verheerende Folgen haben. Dass Lindner Schulden „Sondervermögen“ nennt, ist noch eine harmlose, sprachliche Rosstäuscherei. Doch sein Versuch, gleichzeitig als solider Haushalter und als Verhinderer von Steuererhöhungen dazustehen, wird Folgen haben: Lindner versteckt die Steuerhöhungen hinter höheren Abgaben für die Sozialversicherung. Damit macht er Arbeit teurer – und gefährdet somit letztlich den Wohlstand Deutschlands.
Schon jetzt zahlt der Bund den Krankenkassen zu wenig für die Empfänger von staatlichen Transfers. Die Folge: Die Verkäuferin zahlt dadurch mit ihrem Beitrag für ihre Krankenversicherung den Arztbesuch des Empfängers von Bürgergeld mit. Findet ein Unternehmer einen Menschen, der für ihn arbeiten will, muss er über Abgaben die Medikamente der Menschen mitfinanzieren, die lieber nicht arbeiten gehen wollen.
Der Bund hatte den Kassen versprochen, künftig ausreichend für Transferempfänger zu zahlen. Dieses Versprechen werde der Bund nicht einhalten, klagt Uwe Klemens, Vorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen. Zu ihnen gehören unter anderem die TK und die Barmer. Schon jetzt seien die Beiträge zur Krankenversicherung mit durchschnittlich 16,2 Prozent „auf einem Rekordniveau“. Und sie werden weiter steigen. Schon zum Jahreswechsel.
DAK-Chef Storm kritisiert dieses Vorgehen: „Während in der Rentenversicherung der Einstieg in eine Teilkapitaldeckung beschlossen ist, wird diese in der Pflegeversicherung wieder abgebaut. Dieses widersprüchliche Vorgehen der Bundesregierung ist nicht zu vermitteln.“ Lauterbach nehme der Pflegeversicherung „das einzige Element der Teilkapitaldeckung“. Zusammen mit Lauterbachs unzureichender Pflegereform ergebe sich ein verheerendes Gesamtbild: „So fährt die Politik die Pflege gegen die Wand.“
Aber halt nicht nur die Pflege: Deutschland hat einen Mangel an Arbeitskräften. Zumindest an Arbeitskräften, die auch wirklich arbeiten. Ein möglicher Grund dafür ist der geringe Lohnabstand zwischen dem, was einem Geringverdiener übrigbleibt, und dem Bürgergeld. Schon im vergangenen Jahr hat das Institut für Weltwirtschaft errechnet, dass nicht mehr jeder Arbeitnehmer über mehr Geld verfügt als ein Empfänger von Bürgergeld. Politik und Teile der Medien schäumten angesichts der verheerenden Wirkung dieser Botschaft. Kurz danach räumte das Institut ein, es habe sich verrechnet.
Zudem steigt die Kostenlast der Wirtschaft. Schon jetzt ächzt die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich unter hohen Kosten. Etwa für Löhne und Steuern – vor allem aber für die horrend steigenden Energiepreise. Mit Folgen: 120 Milliarden Dollar sind im vergangenen Jahr an Kapital aus der deutschen Wirtschaft gezogen worden. Trotz massiver Einwanderung ist das Bruttoinlandsprodukt rückläufig. Der Geschäftsklima-Index ist alarmierend. In dieser Gesamtlage sorgt Lindner dafür, dass Arbeit noch teurer wird. Um von sich behaupten zu können, Steuererhöhungen verhindert zu haben. Weil für den Finanzminister das Prinzip gilt: Show statt Substanz. Seit 2013. Seit die FDP zum (vorerst) letzten Mal aus dem Bundestag geflogen ist.