Wie dumm wären wir in diesen Tagen ohne die Aufklärungsarbeit der Medien in Sachen Staatsbürgerkunde. Besonders die des Mainstreams. Wir alle säßen hilflos im Tal der Ahnungslosen. Ohne Orientierung, ohne Information. Einfach nur politische Analphabeten.
Wir wären dem Irrglauben wehrlos hingegeben, dass ein frei gewählter Kommunalpolitiker auch nur irgendetwas zu melden hätte. Dumm, überhaupt zur Wahl gegangen zu sein. Klar sind solche Abstimmungen wie die beiden letzten unverzeihlich. Aber man braucht sie gar nicht mehr rückgängig zu machen. Sie sind schlicht ohne jede Bedeutung. Weshalb also die ganze Aufregung?
Schön blöd, möchte man meinen. Spätestens nach Zeitungslektüre der letzten Tage. Oder den enthüllend-investigativ-kritischen „Vor-Ort-Reportagen“ des Fernsehens. Liebe Landräte, liebe Bürgermeister! Falls Ihr es noch nicht wisst: Eure Bedeutung ist gleich Null.
Eine ganze Doppelseite widmet zum Beispiel die WELT dem frisch gewählten Bürgermeister im anhaltischen Raguhn-Jeßnitz. Ein verschwitzter Sieger vor den TV-Kameras in Großaufnahme. Nicht in hübschen Designer-Kleidchen oder -Anzügen wie Annalena Baerbock oder der Christian Lindner. Und man riecht förmlich die Hauptstadt-journalistische Abscheu vor seiner immer wieder betonten Berufsbezeichnung: Landwirt.
Der will nun also hauptamtlich einer Stadt vorstehen? Ein Bauer?! Klar, als ungelernte Studienabbrecherin (m/w/d) wäre er vielleicht Parteivorsitzender geworden. Als „Küchenhilfe“ Bundestagsvizepräsident. Als „vom Völkerrecht kommend“ Außenminister. Als Kinderbuchautor von der Küste hätte er auch noch Chancen zum Minister gehabt. Oder als Postbote aus dem Schwarzwald. Aber Bauer – ja das geht nun gar nicht.
Da sei auch CDU-Wüst vor, jene wandelnde Büroklammer aus dem Münsterland. Denn Bauern sind für ihn bekanntlich Jammerlappen. Nun sind sie also wohl auch beim „braunen Bodensatz“ (Thüringer Verfassungsschutz-Chef Kramer), die „Landwirtinnen und Landwirte“, wie er sie in der Tat auf einem Kongress titulierte, der sich noch altmodisch im Kohl/Strauß-Stil Deutscher Bauerntag nennt. Was für ein rückständiges Landvolk aber auch, pfui. Wenn von denen nun noch einer CDU/CSU wählt, dann will ich gerne glauben, dass der Klapperstorch die Kinder und der Osterhase die Eier bringt.
Wo wir bei Herrn Sesselmann wären. Der wird nun zwar durch Ramelows Gesinnungs-TÜV durchleuchtet. Was jedoch überflüssig ist: Er hat ohnehin nichts zu melden. Sein Sonneberg ist doch lediglich einer der kleinsten Landkreise in Deutschland und der allerwinzigste in Thüringen. Meine Güte, so ein Landrat hat doch keinerlei Bedeutung, beruhigen die Medien des Mainstreams im Tages-Takt das wählende Volk.
Was mich bei alledem wundert, und da wird’s ernst für eine Demokratie: Kein Aufschrei ist zu hören zum Beispiel vom Deutschen Landkreistag. Dieser kommunale Dachverband nimmt tatenlos hin, wie die von ihm vertretenen gewählten Kommunalpolitiker ins Nirwana der Bedeutungslosigkeit versenkt werden. Wahnsinn!
Dazu kommt: Bei den beiden Inkriminierten handelt es sich jeweils um direkt vom Volk gewählte Persönlichkeiten. Laut freistaatlichem Selbstbewusstsein zum Beispiel in Bayern oder Sachsen hießen die Mal: Kleine Könige. Das war gestern. Mit uns geht die neue Zeit …