Tichys Einblick
Kursänderung von Griechenland bis Schweden

Die Demokratie braucht Grenzen

Nach der jüngsten Wahl in Griechenland steht Ministerpräsident Mitsotakis besser und solider da als zuvor. Das Wahlergebnis ist ebenfalls ein deutliches Votum gegen die jahrelange illegale Zuwanderung aus aller Welt, die sich mithilfe skrupelloser Schlepper via Griechenland Zutritt zum EU-Raum verschaffen wollen. Von Konrad Adam

IMAGO / Nicolas Koutsokostas

In kurzer Zeit durften die Griechen zweimal wählen. Gewonnen hat beide Male die Nea Demokratia unter Ministerpräsident Mitsotakis, der jetzt aber sehr viel besser dasteht als noch vor ein paar Wochen. Die deutschen staatsnahen Medien erklären seinen Sieg mit seiner erfolgreichen, auf Wachstum und Wohlstand ausgerichteten Wirtschaftspolitik; die allerdings vor ein paar Wochen nicht viel anders aussah als heute. Was hatte sich in kurzer Zeit geändert, was war beim zweiten Wahlgang neu?

Zunächst das Wahlrecht, das dem Sieger neuerdings ein paar zusätzliche Mandate verschafft: die positive Variante der deutschen Fünf-Prozent-Klausel, mit der nicht der Gewinner belohnt, sondern der Verlierer bestraft wird. Und dann gab es da noch das große Schiffsunglück, bei dem einige hundert Flüchtlinge, von habgierigen Schleppern verlockt, vor der Küste der Peloponnes im Mittelmeer ertranken, gefolgt von Rufen der Empörung, die sich aber nicht gegen die Menschenhändler richteten, sondern gegen die griechische Küstenwache.

Das machen die Griechen nicht mehr mit. Sie meinen, dass jedes Land Grenzen hat und dass Grenzen zu schützen sind. Sie haben die chaotischen Zustände nicht vergessen, die auf den knapp vor der türkischen Küste gelegenen Inseln Lesbos, Samos und Chios herrschten, nachdem sie Ziele eines Massenansturms von Flüchtlingen aus aller Welt geworden waren. Schon gar nicht haben sie die Kommentare vergessen, mit denen sie von einer feindseligen Allianz aus Schleppern und Rettern als Nationalisten, Rassisten oder Faschisten angeprangert worden waren.

Die Griechen haben keine Lust, Solidarität mit Leuten zu üben, die ihre Solidarität so schlecht vergelten. Sie wollen Schleppern, die im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gehen, nicht zuarbeiten, sondern das Handwerk legen. Sie halten Migranten, die fünftausend Dollar bezahlen, um sich in Ländern, die sie aus guten Gründen nicht aufnehmen wollen, gewaltsam Zutritt zu verschaffen, nicht für die Ärmsten der Armen, sondern für Erpresser. Sie haben gelernt, dass man Erpressern nicht nachgeben darf, und sind der Ansicht, dass Grenzwachen dazu sind, Grenzen zu schützen.

Die Griechen stehen damit langst nicht mehr allein. Sie machen es wie die anderen Europäer, wie Italiener und Spanier, wie Engländer und Schweden, wie Polen und Österreicher, ja sogar die Schweizer. Die europäischen Völker haben nicht vergessen, dass Demokratie Herrschaft der Mehrheit bedeutet und dass sich Mehrheiten nur dort ermitteln lassen, wo klar ist, wer dazu gehört und wer nicht. Die Griechen wissen das besonders gut, sie haben jahrhundertelang unter den Türken gelitten und erfahren, was Fremdherrschaft bedeutet. Nur die Deutschen wissen es nicht, tun jedenfalls so, als ob sie es nicht wüssten. Und stehen damit in Europa einsam da.

Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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