Tichys Einblick
Griechenland

Kos: Nach Mord an Anastazja – Morawiecki verlangt Auslieferung des Hauptverdächtigen nach Polen

In Griechenland wird aus dem Mordfall Anastazja ein Politikum. Bis nach Polen reichen die Wellen: Premier Morawiecki hat die Auslieferung des Hauptverdächtigen gefordert. Allerdings tun sich die griechischen Ermittler noch schwer damit, ihm auch den Mord zu beweisen.

Screenprint: via twitter

Es ist seit Tagen ein großes Thema in allen größeren Medien Griechenlands. Aber in Polen hat es beinahe für noch mehr Erregung gesorgt. Nun könnte sich der Mordfall an der unglückseligen Anastazja Rubińska (27) noch zur Staatsaffäre auswachsen. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat die Auslieferung des mutmaßlichen Mörders, eines 32-jährigen Bangladescher, gefordert, um ihn vor ein polnisches Gericht zu stellen, von dem sich Morawiecki „das höchstmögliche Urteil“ verspricht.

Auf der Dodekanes-Insel Kos spielt sich der Kriminalfall unter den Augen der Öffentlichkeit ab. Nicht nur der Fundort der Leiche wird in bewegten Bildern gezeigt. Auch die Mutter und der Freund des Opfers sind vor dem Büro des Staatsanwalts zu sehen. Sie leisteten auch die Identifizierung der Leiche, später begegneten sie dem mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter oder Freundin. Schließlich kann man beobachten, wie der Tatverdächtige in das Gerichtsgebäude geführt wird. Mehrere Griechinnen fragen ihn mit vernehmlicher Stimme: „Warum hast du es getan? Hast du sie umgebracht? Bereust du es?“

Für den Bangladescher als Täter – angeblich Salhuddin S. mit Namen – spricht einiges. So hob er am Tag nach der Tat eine Menge Geld ab, das man ihm aus Kuweit geschickt hatte. Außerdem wollte er sich in einem Minimarkt ein Flugticket nach Italien ausstellen lassen, was nicht möglich war. Später zeigen ihn Kameraaufnahmen beim aufgelösten Bemühen, seine Wohnung schnellstmöglich zu verlassen. Am Beginn der Woche sagte der Vorsitzende des Polizistenverbands im südöstlichen Attika, Jorgos Kalliakmanis, baldige „Neuigkeiten“ voraus. In der Tat gibt es jeden Tag neue Einzelheiten zu dem Mordfall Anastazja-Patricia Rubińska.

Bei der Auffindung der Leiche – sieben Tage nach dem letzten Lebenszeichen – hatte der Verwesungsprozess schon eingesetzt, so dass die Feststellung der Todesursache erschwert wurde. Anfangs gab es aber Hinweise, dass Anastazja erwürgt wurde. Seit Montagabend vor einer Woche war die junge Frau vermisst worden. Die 27-jährige Anastazja arbeitete ebenso wie ihr 28-jähriger Freund Michał in einem Hotel auf Kos. An jenem Montag hatte sie frei, während ihr Freund arbeiten musste. Sie beschloss, allein auszugehen.

Ihr vorletztes Lebenszeichen war ein Anruf kurz nach 22.30 Uhr, in dem sie ihrem Lebensgefährten sagte, dass sie betrunken sei und sich von einem „Freund“ auf dem Motorrad mitnehmen lasse. Unklar ist, ob hiermit der Tatverdächtige gemeint war und ob die beiden sich also schon länger kannten. Der polnische Lebensgefährte bestreitet das. In Griechenland wird man sprachlich schnell zum „Freund“ – aber gilt das auch für Polen und Bangladescher? Der mutmaßliche Entführer und vielleicht Mörder soll jedenfalls zeitweise im selben Hotel gearbeitet haben.

Auch der pakistanische Mitbewohner wird verdächtigt

Etwas später schickte Anastazja einen Standort, an dem ihr Freund sie abholen sollte. Angeblich fühlte sie sich unwohl, wo sie war. Doch als der junge Pole den ausgemachten Ort erreichte, war niemand dort. Später versuchte er immer wieder, seine Freundin anzurufen. Doch die Nummer war nicht mehr erreichbar.

Angeblich war Anastazja zuvor einer Gruppe von fünf jungen Männern, aus Pakistan und Bangladesh, begegnet. Diese hätten ihr vorgeschlagen, zu ihnen nach Hause zu fahren, bis es ihr wieder besser ginge. Das geschah dann auch, wie das Video einer Sicherheitskamera belegt. Der weitere Ablauf ist unsicher, könnte sich aber so abgespielt haben: Die Polin soll mit dem Bangladescher in dessen Wohnung gegangen sein, weil sie von ihm Haschisch bekommen wollte. Der 32-jährige Mann könnte versucht haben, sie zu vergewaltigen. Sie wehrte sich, und er brachte sie um. Der Tatverdächtige hat selbst zunächst ausgesagt, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei. Später leugnete der Bangladescher, dass es überhaupt zum Sex gekommen sei.

Das ist einer der Widersprüche in seiner Geschichte. Ein weiterer: Er will Anastazja später an einem Ort in der Nähe seiner Wohnung zurückgelassen haben. Aber Kameraaufnahmen zeigen nur den Verdächtigen, wie er seine Wohnung verlässt, nicht aber Anastazja. Das Haus soll noch über eine Hintertür verfügen, die nicht kameraüberwacht ist. Über diese könnte der Mann Anastazja weggebracht haben. Um den Körper an den Fundort zu bringen, waren entweder mehrere Personen oder ein Fahrzeug nötig.

Verdächtigt wird daneben auch der pakistanische Mitbewohner des Mannes, der vielleicht beim Wegschaffen der Leiche geholfen hat. Der Mann hatte zunächst behauptet, dass weder sein Mitbewohner noch das Mädchen das Haus an diesem Abend betreten hätten. So verwickelte auch er sich in Widersprüche. DNA-Untersuchungen an der Leiche der 27-Jährigen sollen Klarheit darüber bringen, mit wem sie möglicherweise kurz vor ihrem Tod gekämpft hat. Später kämpfte sie wohl stundenlang mit dem Tod. Denn der kam laut dem Gerichtsarzt nicht sofort.

Griechin berichtet von weiterem Fall: K.O.-Tropfen 

Kurz nach 23.30 Uhr konnte Michał das Handy seiner Freundin mittels einer App orten. Es war nun 5,5 Kilometer entfernt, im Nachbarort von Marmari. Doch erst am nächsten Morgen ging er zur Polizei und meldete seine Freundin als vermisst. Am Tag nach der Tat begann so eine größere Suchaktion, mit Drohnen und Suchhunden. Doch erst eine Woche später wurde Anastazjas Leiche inmitten eines Feldes bei einem kleinen Dickicht gefunden. Ihre Leiche wurde nackt in einen schwarzen Plastiksack gesteckt und mit trockenen Zweigen bedeckt.

Nach neuesten Berichten war sie an Händen und Füßen gefesselt. Neben ihr lag ihre Handtasche, ohne Handy und Geld. Das Handy wurde später ohne SIM-Karte in einem leerstehenden Haus in Marmari gefunden. Der Fundort liegt nicht nur in der Nähe des letzten Handysignals, das der Freund feststellte, auch der Tatverdächtige wohnt nur einen Kilometer weit entfernt.

Am Dienstagmorgen sagte eine Polizeisprecherin, dass es bisher keine Belege dafür gebe, dass der 32-jährige Bangladescher auch der Mörder sei. Gegen ihn werde bislang nur wegen Entführung und Geschlechtsverkehr mit einer widerstandsunfähigen Person ermittelt, weil Anastazja betrunken gewesen sei. Inzwischen sind der Freund Anastazjas, ihre Mutter und ein Team von Privatdetektiven, das sie mitgebracht hatte, wieder nach Polen abgereist. Ein weiteres merkwürdiges, vielleicht psychologisch verständliches Element dieser Geschichte.

Ihr Bruder sagte dem griechischen Fernsehsender Alpha, seine Schwester sei ein junges Mädchen mit vielen Träumen gewesen, die gerne reiste und davon geträumt habe, Model zu werden. „Sie achtete sehr auf ihr Aussehen, und nun haben sie sie ausgelöscht.“ Und ja: Auch Anastazja beging einen ernsthaften Fehler, als sie mit dem Bangladescher in seine Wohnung ging. Aber auch das rechtfertigt keine Vergewaltigung und keinen Mord. Und die toxikologische Untersuchung der Leiche ist noch nicht abgeschlossen. Inzwischen berichtet eine 30-jährige Griechin auf der Website in.gr, dass sie von einem der Pakistaner auf Kos, einem Freund des Bangladeschers, angesprochen worden war, der sie mit einer Art K.O.-Tropfen zum Sex gefügig machen wollte. Sie befürchtet, dass das System dieser Bande erst beim nächsten Mädchenmord auffliegen wird.

Migrationsabkommen mit Bangladesh legalisierte Tausende

Viele Beobachter fühlen sich an den Mord an der Griechin Eleni Topaloudi (21) von vor fünf Jahren erinnert, die von einer Gruppe illegaler Migranten vergewaltigt und dann auf Rhodos ins Meer geworfen wurde. Die Mutter Elenis sagte nun: „Meine Seele ist wieder tiefschwarz geworden. Sie ermorden dein Kind, sie vergewaltigen es und werfen es nackt ins Meer, wo es erstickt und stirbt. So haben sie es auch mit diesem 27-jährigen Mädchen gemacht, sie haben es vergewaltigt, es in einen schwarzen Müllsack geworfen, nackt auch sie, wie ein Stück Abfall und Gras darüber gedeckt! Und danach soll ich noch an die Gesetze glauben? An welche Gesetze? Hat denn irgendjemand das Recht, ein Menschenleben zu rauben?“ Für die Täter wünscht sie sich eine wirklich lebenslange Strafe: „Sie sollen eingesperrt werden und nicht wieder rauskommen.“

Kritik regt sich auch an der griechischen Regierung, die im Februar 2022 ein Migrationsabkommen mit Bangladesh geschlossen hat, gemäß dem 15.000 Bangladescher, die bereits in Griechenland leben, eine Arbeitserlaubnis als Saisonarbeiter für höchstens neun Monate erhalten können. Zum dauerhaften Aufenthalt oder zur griechischen Staatsbürgerschaft führt diese Arbeitserlaubnis allerdings nicht. Daneben ist auch kein Familiennachzug gestattet. Die Regelung bleibt ein Zugeständnis an Bangladesch, das sich im Gegenzug zur Rücknahme illegaler Migranten verpflichtet hat.

Festzuhalten ist: Die illegalen Einreisen außereuropäischer Migranten haben auf den Inseln der Ägäis ihre Überreste hinterlassen. Der Drogenhandel war und ist vielerorts in der Hand illegaler Migranten, die so auch Berührungspunkte zur „normalen“ Gesellschaft haben. Demgegenüber bleibt man in Polen wohl stolz darauf, keinen einzigen „Flüchtling“ aufgenommen zu haben, wie der Abgeordnete Dominik Tarczyski vor einiger Zeit sagte.

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