Tichys Einblick
Springer-Verlag baut um

Stellenabbau, Marion Horn und Linkskurs: Die BILD ist gefallen

Die Bild-Zeitung baut etwa 200 Stellen ab und schließt ein Drittel ihrer Lokalausgaben. Der Springer-Verlag zieht das Kapital aus seinem Flaggschiff und investiert es in den USA. Die Resttruppe um Marion Horn geht derweil auf Linkskurs.

IMAGO - Collage: TE

Das hat nicht lange gedauert. Noch im Frühjahr kündigte Springer-Chef Mathias Döpfner an, das Ergebnis von Bild und Welt solle um 100 Millionen Euro besser werden. Das müsse nicht durch Entlassungen erwirtschaftet werden – das könne auch durch Wachstum erreicht werden. Doch das Wachstum auf dem deutschen Markt haben Döpfner und Springer offensichtlich bereits wieder aufgegeben. Stattdessen will der Verlag noch dieses Jahr Geld aus seinem Flaggschiff ziehen, um es in den USA investieren zu können.

Der Bild verpasst Springer einen Kurs, der an die journalistische Substanz gehen dürfte: Verkündet hat das Döpfner auf einem „globalen Town Hall Meeting“. Was das ist? Eine Betriebsversammlung. Es soll nur hipper klingen. Nach amerikanischem Markt, auf dem Döpfner so gerne ein Big Player wäre. Gute News gab es folglich auf dem Betriebsversammlungs-Meeting nicht – zumindest nicht für die Mitarbeiter.

Wie die Nachrichtenagentur DPA berichtete, kündigte Döpfner den Abbau von etwa 200 Stellen ab. „Wir trennen uns von Produkten, Projekten und Prozessen, die wirtschaftlich nie wieder erfolgreich sein können“, heißt es demnach in einer Mail an die Belegschaft. Ersetzt werden sollen die Mitarbeiter durch Künstliche Intelligenz. Also zum Beispiel durch die Automatisierung des Layouts. Statt bisher 18 soll es künftig nur noch zwölf Lokalausgaben geben. Manche Ausgaben werden zusammengelegt, andere Standorte komplett geschlossen. Der Prozess beginnt schon nächsten Monat und soll bis Silvester abgeschlossen sein.

Döpfner und die Chefredaktion sprechen von „enormen Chancen für die Bild“. Doch damit dürfte eher die Chance im Chinesischen gemeint sein, wo das Wort auch für Krise steht. Das Blatt hat seine einstige Bedeutung längst verloren. Zu besten Zeiten betrug die Auflage deutlich über 5 Millionen Exemplare. Mittlerweile ist sie unter eine Million Exemplare gerutscht. Als die Schallmauer nach unten näherkam, fing Springer an, die Auflage von Bild und der Berliner B.Z. zusammenzuzählen. Ein Rosstäuscher-Trick, um alte Größe vorzuspiegeln. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Auflage aber mehr als halbiert. Der Trend zeigt weiter in die Richtung: Jedes Jahr sind noch mal zehn Prozent weg.

Springer selbst steht blendend da. Kein anderer Verlag hat die Umwandlung vom Print- ins Digital-Geschäft so klug gemanagt wie Springer. Nun zieht sich der Verlag aus dem Deutschland-Geschäft zurück und investiert in den USA, wo ihnen schon die Plattformen Politico und Insider gehören. Angesichts der Weitsicht, die das Haus in Sachen Digitalisierung bewiesen hat, sollte das für die Branche ein Warnsignal sein: Der ökonomisch klügste Verlag beginnt den deutschen Markt zu räumen, weil der nicht mehr als zukunftsträchtig gilt. Eigentlich ist das ein Warnsignal, das weit über die Medienbranche hinaus zu sehen sein sollte.

Dafür, dass Springer die Bild mittelfristig aufgegeben hat, steht die Personalie Marion Horn. Die war beruflich gescheitert und verkaufte sich zuletzt als „freie Drehbuchautorin“. Dann berief Döpfner sie im März zur Chefredakteurin, nachdem der Druck der Woken gegen Chefredakteur Julian Reichelt zu stark geworden war. Und als dessen Nachfolger Johannes Boie, Alexandra Würzbach und Claus Strunz zu unbequem geworden waren. Als schwache Verteidigerin von Redaktionsinteressen ist die freie Drehbuchautorin der Verlagsführung gerade recht – um Kündigungen auszusprechen reicht es allemal.

Horn nutzt ihr Fenster des Ruhms, um die Bild auf Linkskurs zu trimmen: Derzeit fährt die Merkelianerin eine Kampagne, um den Merkelianer Hendrik Wüst zum Kanzlerkandidaten der CDU zu machen. Kein Anlass, keine Story ist dafür zu dünn. Im Sport – einst das Herzstück der Bild – geht es jetzt um die Kritik an Jungspielern, die sich nicht entschieden genug zur woken Ideologie bekennen. Und selbst in ihrem Angebot für verklemmte Selbstbefriediger wird die Zeitung politisch. Etwa mit der „Mutigen Emily“. Die junge Frau wurde zum Bild-Star, als sie eine Nazi-Party fotografierte und öffentlich machte. Nun zeigt sie sich in der Bild nur noch nackt, berichtet von ihren Sex-Geheimnissen und darf sich von den verklemmten Bild-Lesern deren Phantasien schicken lassen, in denen ein Staubsauger eine wichtige Rolle spielt. Die Bild ist gefallen – und Untergänge haben es halt so an sich, dass sie mit Absurditäten einhergehen.

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