Eine Milliarde Euro für die Umstellung des Stahlwerks Salzgitter auf „grünen Wasserstoff“. Mehr als zehn Milliarden, damit sich der Chip-Hersteller Intel trotz des horrenden Strompreises und anderer Wettbewerbsnachteile in Deutschland niederlässt. Demnächst möglicherweise die Deckelung des gesamten Industriestrompreises – abermals für dutzende Milliarden aus dem Steuertopf.
Wirtschaftsminister Robert Habeck und der Kreis seiner Helfer stellen gerade das gesamte Wirtschaftsmodell auf den Kopf. Unternehmen sollen nicht mehr Erfolg auf dem Markt suchen, und von ihrem Gewinn Steuern zahlen. In dem neuen System bezahlt der Staat Unternehmen dafür, dass sie sich in das erträumte grüne Zeitalter transformieren. Oder in einem Land niederlassen, dass gerade massiv an Attraktivität verliert. Darüber, was der im geschlossenen Zirkel der „Agora Energiewende“ erdachte Totalumbau von Wirtschaft und Gesellschaft kosten soll, gibt es nur grobe Berechnungen. Der Direktor des Instituts für Technische Thermodynamik an er Universität Stuttgart André Thess schätzt die reinen Kosten für die Dekarbonisierung der deutschen Volkswirtschaft – das große Ziel, dem Technokraten wie Patrick Graichen alles unterordnen – auf etwa 500 Milliarden Euro. Pro Jahr, 20 Jahre lang. Die Gesamtrechnung würde sich also auf 10 Billionen Euro belaufen. Oder auf grob 100 000 Euro pro Einwohner, von Baby bis zum Greis. Von Robert Habeck stammt bekanntlich der Satz: „Am Ende ist es nur Geld.“
Auch das gehört zu dem Denkgebäude, dessen Dimensionen sich allmählich abzeichnen: An Finanzmitteln kann es dem Staat gar nicht mangeln. Die EZB funktioniert in dieser Vorstellung als gigantischer Geldautomat, die Finanzpolitik wie eine Kreditkarte ohne Limit.
Pläne dieser Art gedeihen typischerweise in politisch-ideologischen Treibhäusern wie den eng verflochtenen und intransparent finanzierten Zirkeln, zu denen die „Agora Energiewende“ gehört, aber auch viele andere so genannte Denkfabriken. Die Gesellschaftsdesigner dort denken alle in die gleiche Richtung. Widerspruch gibt es nicht, ein Realitätsabgleich findet nicht statt, wenn eine neue Gesellschaft für 84 Millionen Deutsche und am besten gleich für alle 500 Millionen EU-Bürger auf dem Reißbrett entsteht.
Die Titelgeschichte von Alexander Wendt im neuen Heft von TE – ab jetzt an den Kiosken oder als E-Paper bestellbar – rechnet vor, welche gigantischen Summen die grünen Transformationspläne verschlingen würden.
Die Gesellschaftsingenieure an den Schaltstellen glauben, die alternde, für Investoren zunehmend unattraktive Bundesrepublik müsste eine globale Mission erfüllen. Und sie überschätzen ein weiteres Mal völlig die Möglichkeiten dieses Landes.
Die neue Titelgeschichte zeigt auch, warum Deutschland zuallererst ein Hilfsprogramm für sich selbst bräuchte.
Und zwar dringend.