Mindestens sechs Personen wurden am Donnerstag morgen auf einem Spielplatz in Annecy im Osten Frankreichs von einem Messerangreifer verletzt. Darunter sind laut der Regionalzeitung Dauphiné libéré vier Kinder unter drei Jahren. Zwei von ihnen und ein Erwachsener wurden lebensbedrohlich verletzt. Wenige Stunden nach dem Angriff schwankt die Zahl der Verletzten noch. Laut dem Figaro waren bis zu zehn Personen, darunter acht Kleinkinder Opfer des Angriffs. Ein Kind wurde in einer Notfallaktion nach Genf verlegt.
Der kleine Park liegt direkt an einer Schule. Aber es handelt sich durchweg um Kinder, die jünger als drei Jahre sind, wie eine Mutter berichtet. Eltern, die ihre Kinder an der Schule haben, wurden telephonisch über den Vorfall informiert, auch wenn sie nicht direkt betroffen waren und wurden so ebenfalls beunruhigt. Laut Augenzeugenberichten griff der Mann, der ein Tuch auf dem Kopf trug, gegen 9.45 Uhr die Kinder auf dem Spielplatz an.
Die Opfer im Detail (laut dem Polizeireporter des Nachrichtensender CNews):
- ein zweijähriger Junge wurde lebensgefährlich verletzt, seine um weniges ältere Schwester wurde ebenfalls verletzt, beide sind im Annecy-Genfer Krankenhaus;
- ein englisches Mädchen (drei Jahre) erlitt einen Messerstich;
- ein deutscher Junge im Alter von 22 Monaten, der als „absoluter Notfall“ in ein Genfer Krankenhaus überführt wurde;
- ein 70-jähriger Mann wurde am Hals mit dem Messer verletzt, im Hospital von Annecy;
- ein 78-jähriger Mann, dem an Ort und Stelle geholfen werden konnte;
- 37 Personen erlitten einen psychologischen Schock, wie die Zeitung Dauphiné libéré berichtet.
Täter hat selbst dreijähriges Kind in Schweden
Bei dem Täter soll es sich um einen syrischen Flüchtling namens Abdalmasih H., geboren 1991, handeln. In seinem Asylantrag behauptete er, ein Christ aus Syrien zu sein. Bei seiner Tat hätte er zudem ein Kreuz dabeigehabt. Er war den Sicherheitsbehörden vorher nicht bekannt, hatte am 28. November 2022 einen Asylantrag in Frankreich gestellt. Zuvor hatte er einen Flüchtlingsstatus in Schweden besessen, wo er bereits seit 2013 lebte. Er ist laut Medienberichten mit einer Schwedin verheiratet, mit der er zudem ein dreijähriges Kind habe. Sein Asylantrag wurde daher vier Tage zuvor als unzulässig zurückgewiesen, so der Polizeireporter Amaury Bucco auf CNews.
Laut einem Zeugen war der mutmaßliche Täter seit einigen Tagen immer wieder in den Park gekommen und hatte dabei Zeichen der Nervosität gezeigt. Das erscheint als weiteres Indiz für einen geplanten Angriff.
Online und in den französischen Medien zirkulieren mehrere Videos, die der Tat zuzuordnen sind. Sie zeigen, wie die Erwachsenen versuchen, den Täter abzuwehren. Frauen rufen nach Hilfe, Männer nach der Polizei. Der Täter rennt auf dem Spielplatz hin und her und versucht immer wieder, die Kinder und Erwachsenen mit einem Messer anzugreifen. Zu sehen ist auch, wie der Mann, gekleidet ganz in Schwarz, seine Halskette – gleich einem Talisman – in der Hand hält.
Auf einem zweiten Video, das seinen Weg auch in die französischen Fernsehkanäle fand, ist zu sehen, wie zwei Männer den Angreifer verfolgen, indem sie ihre Rucksäcke als Schilde benutzen. Spätere wurde der Mann angeblich von drei Polizisten niedergerungen.
Politik steht unter Schock – Bürger fordern endlich Taten
Staatspräsident Emmanuel Macron erklärte: „Ein absolut feiger Angriff heute morgen in einem Park in Annecy. Mehrere Kinder und ein Erwachsener schweben zwischen Leben und Tod. Die Nation steht unter Schock. Unsere Gedanken sind bei ihnen, ihren Familien und den mobilisierten Rettungskräften.“ Der Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, Laurent Wauquiez, nannte die Attacke den „Gipfel der Abscheulichkeit“ und sprach von einer erneuten Horror-Nachricht.
Premierministerin Élisabeth Borne besuchte binnen weniger Stunden den Tatort, der etwa 550 Kilometer von Paris entfernt liegt. Der Stadtrat von Paris hielt eine Schweigeminute im Gedenken an die Opfer und ihre Familien ab. Der Vorsitzende der konservativen Républicains, Éric Ciotti, sprach von „immenser Emotion“ und „großer Wut“, die er angesichts des Vorfalls empfinde.
Bürger fordern nun ein Ende der Schweigeminuten und Solidaritätsmärsche. An ihre Stelle sollten besser politische Taten und solche der Justiz treten, so ein Twitter-Nutzer. Der konservative Parteigründer Éric Zemmour erwartete auf Twitter einen erneuten Versuch der Mächtigen, den Franzosen die Schuld für ihre Wut zu geben: „Sie werden uns als Krisengewinnler bezeichnen. Sie werden wieder ablenken. Sie bringen uns in Gefahr.“ Hier geht um die regierende Klasse. Dann wendet sich Zemmour seinen Lesern zu: „Sie haben das Recht, sich zu weigern, dabei zuzusehen, wie unser Land untergeht. Sie haben das Recht, wütend zu sein. Sie haben das Recht, diese Mörder Frankreichs abzulehnen.“