Nachdem die CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag im Februar dieses Jahres noch einen Antrag der FDP-Fraktion gegen das amtlich verordnete Gendern abgelehnt hat, weil die AfD ihm zustimmte, unterstützt sie nun das von dem Heidelberger Rechtsanwalt und CDU-Mitglied Klaus Hekking initiierte Volksbegehren desselben Inhalts. So erklärte ihr Fraktionsvorsitzender Manuel Hagel vor wenigen Tagen: „Nach meinem Verständnis verordnet man Politik, genau wie Sprache, besser nicht von oben herab, sondern bewegt sich auf Augenhöhe mit den Menschen im Land.“ Um Land und Gesellschaft zusammenzuhalten, sollten wir „unsere Sprache bewahren“.
Anlass für die Kehrtwende des Juniorpartners der Grünen im Stuttgarter Landtag ist offenkundig der erhebliche Zuspruch, den das Volksbegehren in ganz Baden-Württemberg aus allen Landesteilen und Bevölkerungsgeschichten erhält. Inzwischen haben rund 17.000 Bürger Hekkings Aufruf über das Internet ihre Unterstützung bekundet. Sie stammen bislang aus 960 von 1.101 Kommunen in Baden-Württemberg. Mehrheitlich unterschrieben haben Frauen mit 54 Prozent. Rund 70 Prozent der Unterstützer sind jünger als 65 Jahre, 11 Prozent jünger als 34 Jahre.
Die Kehrtwende der CDU-Fraktion wiederum hat Florian Wahl, den queerpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag auf den Plan gerufen. Über eine Pressemitteilung teilte er mit, mit ihrer Unterstützung des Volksbegehrens positioniere sich „die CDU wieder einmal gegen Frauen und queere Menschen, wie auch schon bei der Ehe für alle und dem Selbstbestimmungsgesetz.“ Dem Aufruf für das Volksbegehren unterstellt er überdies „transfeindliche Stimmungsmache“, was von einem ebenso bemerkenswerten wie befremdlichen Verständnis demokratischer Meinungs- und Willensbildungsprozesse zeugt.
Hekkings direktdemokratischer Aufruf gegen das amtlich verordnete Gendern trifft somit nicht nur einen Nerv in weiten Teilen der baden-württembergischen Bevölkerung, sondern bringt offensichtlich auch Bewegung in ein politisches System, in dem der Wille des Volkes nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landesebene zusehends den Interessen, Machtspielen und Ideologien von Parteien zum Opfer fällt, die entweder noch nie Volksparteien waren oder dies immer weniger sind. Wie sich der dadurch entstandene Handlungsdruck auf die Parteien weiter auswirkt, wird man sehen, wenn Hekking demnächst die amtlich beglaubigten und von mindestens 10.000 Unterstützern unterschriebenen Stimmzettel für das Volksbegehren beim baden-württembergischen Landtag abgegeben hat.