Ein grauer November-Sonntag. Die Welt schaut nach Katar, wo die Fußball-Weltmeisterschaft beginnt. Da kommt die Pressemitteilung des „Bündnis Deutschland“. Eine Partei, die seriöse Kräfte rechts von der Merzkel-CDU bündeln will. Die Mitteilung trudelt nach 18 Uhr ein, sodass sie kaum eine Chance auf Verwertung in den Medien hat. Nein. Der große Auftritt ist nicht die Sache des „Bündnis Deutschland“.
Die neue Partei möchte eine seriöse Alternative rechts von der Merzkel-CDU sein. „Die koalitionsfähige Perspektive sind wir“, kündigt eine Pressemitteilung nach der erfolgreichen Wahl in Bremen an. Warum das so ist, muss erklärt werden: In Bremen traten die Bürger in Wut an, nicht das Bündnis Deutschland. Doch beide wollen noch in diesem Jahr fusionieren. Schon jetzt unterstützte das Bündnis den Wahlkampf der Bürger in Wut mit 300.000 Euro sowie persönlichem Einsatz. Deswegen ist der Sieg in Bremen nicht allein der Erfolg einer lokalen Gruppierung, sondern der Durchbruch einer bundesweit agierenden Partei. Auch wenn der große Auftritt nicht deren Sache ist.
Dafür die akribische Arbeit. Über ein Jahr dauerte die Vorbereitung im Stillen. Vor der Gründung wollten die Macher verhindern, dass ihr Projekt den gleichen Weg geht wie die AfD: von der bürgerlichen Alternative, die sich gegen Merkels Aufweichung der Euro-Stabilität einsetzte, hin zur rechten Krawallpartei. In dieser Absicht übertrieb es die neue Partei, etablierte zum Beispiel ein Aufnahmeverfahren, das in der Praxis nicht umsetzbar war.
Auch die Wählerwanderungen sind entsprechend vorläufig. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: Die Bürger in Wut haben von der AfD profitiert. Aber ihr Stimmenzuwachs von etwa 7,5 Prozentpunkten ließe sich dadurch allein nicht erklären. Die Protestpartei hat auch stark im Gefilde der CDU gewildert, schwächer in dem der SPD sowie der FDP und obendrein waren die Bürger in Wut bei bisherigen Nichtwählern beliebt – und das in einer Stadt, in der die Wahlbeteiligung rückläufig war: 44,9 Prozent um 16 Uhr.
Mit dieser Bremer Wählerwanderung ist die politische Landschaft gut beschrieben, die durch den Marsch der CDU nach Grün-Links unter Angela Merkel heimatlos geworden ist. Die heimatlos blieb, nachdem der konservative Hoffnungsträger Friedrich Merz an Merkels Politik festhielt – in der Hoffnung, die Grünen würden ihm als Koalitionspartner in den Schoß fallen und ihn so zum Bundeskanzler machen.
Die Grünen sind der Gegner dieser politischen Landschaft. 40 Prozent nennen laut Insa diese Partei als die Partei, die sie unter keinen Umständen wählen würden. Viele dieser die Grünen Ausschließenden bekommen aber von SPD, CDU und FDP die Grünen wieder als Koalitionspartner durch die Hintertür aufgezwängt. Auch deswegen sucht diese politische Landschaft nach einer seriösen Alternative.
Die AfD ist es nicht. Die wurde zwar von Anfang an von öffentlich-rechtlichen Medien, Zeitungen wie der Süddeutschen und einer Koalition von der Linken bis hin zur CDU in eine Ecke gedrängt: abgestempelt als unwählbare, nicht koalitionsfähige Parias. Doch durch radikale Äußerungen, bizarre Auftritte und offene Zerstrittenheit wie im Saarland oder nun in Bremen hat sie sich diesen Status nachträglich verdient.
Die AfD hat es so der politischen Landschaft, in der die Menschen entschlossen nicht die Grünen wollen, schwer gemacht. Sie in Extremismus-Verdacht gebracht. Das ist aber nicht die Schuld der AfD alleine. Die Grünen, ihre Anhänger in anderen Parteien und vor allem ihre Anhänger in ARD, ZDF, Süddeutsche und Co haben fleißig daran mitgewirkt, diese politische Landschaft zu diffamieren, um so jeden Widerspruch zu grüner Politik gesellschaftlich zu ächten.
Die Versuche, das nun mit den Bürgern in Wut beziehungsweise dem Bündnis Deutschland zu wiederholen, haben schon begonnen. Allen voran tut das Tina Hassel. Die ARD-Hauptstadtchefin twittert gerne von grünen Parteitagen verliebt wie ein Robert-Habeck-Fangirly, und ist sie erst im Interview mit dem grünen Idol, dann strahlen ihre Augen wie sonst nur die einer 14-Jährigen, wenn sie für eine Boygroup schwärmt.
Am Wahlabend analysierte Hassel die Bürger in Wut: Ihre Wähler seien „überfordert und verunsichert“. Das ist die Attitüde, sich bei der ARD nicht mehr dem Journalismus verpflichtet zu fühlen, sondern sich als Volkspädagoge zu verstehen. Ein Lehrer, der seine Schüler für blöd hält, weil die nicht akzeptieren wollen, dass Zwei und Zwei Fünf sein soll. Dass Merz für die Wähler der Bürger in Wut keine Alternative sei und sich die AfD nun mal selbst ins Aus geschossen hat, hatte Hassel in dem Beitrag eingeräumt. Die Wähler der Bürger in Wut kanzelte die ARD-Aktivistin also dafür ab, dass die einfach nicht dasselbe wählen wollen wie sie. Also müssen sie ja – so die Hassel-Logik – überfordert, verunsichert, kurzum: doof sein.
Das sind die Bürger in Wut nicht. Und das Bündnis Deutschland ist es auch nicht. Letztere haben sich zurückgenommen und sind in Bremen nicht gegen die Bürger in Wut angetreten: „Bündnis Deutschland ist eine Sammlungspartei. Wir wollten das schmalere bürgerliche Wählerpotenzial in Bremen durch einen eigenen Wahlantritt nicht noch aufsplittern, was nur Rot-Grün noch mehr geholfen hätte“, wie ihr Vorsitzender Steffen Große erklärt, und ist sich sicher: „Wir wollen mehr bürgerliche Politik ermöglichen. Das wird nun gelingen.“
Bürger und Bündnis hätten in Bremen auf die Themen gesetzt, in denen der Stadtstaat bundesweit Schlusslicht ist – etwa in der Wirtschaft oder in der Schulpolitik. Hinzu kamen als wichtige Themen Verkehr und Kriminalität. Sie wollten den Abbau von Wohlstand verhindern und das Handwerk sowie die Wirtschaft von bürokratischen Hürden befreien. Wer dem seine Stimme gibt, ist aus Sicht von ARD-Frontkämpferin Hassel „überfordert und verunsichert“.
Das Fusionsverfahren zwischen Bürgern und Bündnis hat bereits begonnen. Es ist umständlich. Wie die Parteigründung. Aber es soll seriös und nachhaltig verlaufen. Bündnis Deutschland will es denen schwermachen, die sie in die rechte Ecke stellen und dort skandalisieren wollen. Vorturner wie Tina Hassel wird das nicht davon abhalten, es trotzdem zu versuchen.