Was ist mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) passiert? Vor wenigen Wochen verteidigte sie bei Anne Will ihr gemeinsam mit Robert Habeck (Grüne) entworfenes Gesetz zur „Wärmewende“. Da betonte sie, dass sie unbedingt den Einstieg schaffen wolle in den Ausstieg aus fossilen Energien, weil Deutschland sonst in die „Fänge des Klimas“ laufe. Da stand sie noch vollkommen hinter Habecks Gebäude-Effizienz-Plänen wie dem Heizungsverbot, an dem sie selbst beteiligt ist.
Vielleicht hat ihre Kapitulation irgendwas mit dem Harz zu tun, in dem es wohl sehr teuer wäre, den gesamten Bestand zu sanieren. Immerhin erwähnt sie den Harz gleich mehrmals auf dem Verbandstag der Immobilienwirtschaft: „Wenn wir die Energieeffizienz einzelner Gebäude um mehrere Stufen anheben wollen, dann muss man den gesamten Bestand tiefensanieren – auch im Harz, im Sauerland, oder in der Altmark. Ich sehe nicht, wie das gehen kann, ich sehe auch nicht, wie das finanziert werden kann“, sagte Geywitz. Später betonte sie dann noch: „Wenn es um die Dekarbonisierung geht, könnte man auch sagen, dass man ein einfaches Haus im Harz künftig mit Holz heizt.“ Holz gilt laut Welt als weitgehend klimaneutraler Brennstoff. Geywitz’ Aussage zeigt: Sie scheint zu realisieren, dass das Ziel der „Wärmewende“ nicht (nur) der „Einstieg in den Ausstieg fossiler Energien“ ist.
In ihrer Kapitulation erwarte Geywitz Zündstoff für Konflikte im grün-geführten Wirtschaftsministerium: „Wenn Herr Habeck hier wäre, würde er wahrscheinlich widersprechen und betonen, dass man möglichst alle Energie, die sich bei Gebäuden einsparen lässt, auch tatsächlich einsparen sollte.“ Dieser Ansatz sei jedoch nicht nur schwer finanzierbar, sondern bei der Dekarbonisierung des Gebäudesektors unter dem Strich auch „nicht extrem vernünftig“.
Nach ihrem Erwachen räumt sie auf dem Verbandstag ein: „Ab dem Effizienzhausstandard 55 fängt es an, ökonomisch schwierig zu werden.“ Ab 2025 soll nach Plänen der Regierung für alle Neubauten sogar der sogenannte „Effizienzhausstandard 40“ gelten. Das bedeutet: Neue Gebäude dürfen dann nur noch 40 Prozent Energie verbrauchen. Die restlichen 60 Prozent müssen demnach aus „erneuerbaren“ Energien stammen. Weil das ja aber schon „ökonomisch schwierig“ wird, wenn nur 35 Prozent aus „erneuerbaren“ Energien stammen soll, müsse man diesen Standard „auf smarte und clevere Weise“ erfüllen können, so Geywitz.
Zurück in der Realität plant Geywitz nun, nicht nur auf den „Primärenergiebedarf“ zu schauen. Dieser beschreibt den eigentlichen Energiebedarf eines Energieträgers (wie einer Heizung) und die benötigte Energiemenge, um den Energieträger zu gewinnen, umzuwandeln und zu verteilen. Auf dem Verbandstag meint sie: „Wir müssen uns nicht nur konzentrieren auf den Primärenergiebedarf, sondern auf die Bilanz dessen, was gebaut wurde.“ Diese Diskussion muss ihrer Meinung nach innerhalb der Bundesregierung geführt werden. Der Sozialdemokratin geht es also scheinbar wirklich um die Dekarbonisierung – der Klima-Religion hat sie wohl doch nicht abgeschworen. Sie scheint nun aber zu realisieren, dass Habecks Pläne nicht zu einer durchdachten Dekarbonisierung des Gebäudesektors führen, die sie so gerne hätte.