Tichys Einblick
Krise auf Immobilienmarkt

Wohnkonzern Vonovia: Ungünstige Verkaufsbedingungen, steigende Zinsen, Legionellen

Der Immobilienkonzern Vonovia gibt derzeit kein gutes Bild ab. Details des Verkaufs von mehr als 20.000 Wohnungen weisen auf eine angespannte Lage hin. Auch teure Wärmepumpen, die nicht genutzt werden können, und Meldungen über Legionellenbefall verunsichern die Anleger. Von Samuel Faber

Wohnblock im Hamburger Stadtteil Steilshoop

IMAGO / Hanno Bode

Die Krise um den größten deutschen Immobilienkonzern nimmt kein Ende. Nachdem Vonovia-Chef Rolf Buch mitteilen ließ, dass rund 70 Prozent der erworbenen Wärmepumpen in ihren Objekten aufgrund zu schwacher Netzspannung nicht funktionieren, folgt für die in Bochum ansässige Firma der nächste Schlag. Laut eigener Aussage fiel aufgrund einer Abwertung des Immobilienportfolios ein Verlust von mehr als 2 Milliarden Euro an. Der Vorjahresgewinn betrug noch rund 58 Millionen Euro. Konsequenz: Der Konzern hat entschieden, vorerst keine Wohnungen mehr zu bauen.

Dieser Schritt kommt nicht überraschend. „Die Inflation und die Zinsen sind enorm gestiegen und davor können wir nicht die Augen verschließen“, ließ Vonovia-Vorstand Daniel Riedl in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung verlauten. Betroffen seien vor allem Planungen in Berlin und Dresden. Diese Aussage traf der 53-jährige Manager noch vor der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Leitzinsen auf 3,75 Prozent zu erhöhen, was den Eindruck des Konzerns zusätzlich bestätigen dürfte.

Wohnungen werden im großen Stil an Investoren verkauft

Unter dem Baustopp leidet besonders Berlin. Besonders bitter für die Bewohner der Hauptstadt ist die Tatsache, dass vor allem Bewohner der Mittelschicht betroffen sind. Laut Recherchen von rbb24 standen im Jahr 2012 noch etwa 75.000 Mietwohnungen für mittlere Einkommen zur Verfügung. Im Jahr 2021 waren es nur noch rund 50.000. Noch gravierender ist die Situation, wenn man sich die Wohnungsangebote unter 12 Euro pro Quadratmeter ansieht. Noch vor zehn Jahren lagen in der Bundeshauptstadt nahezu alle Angebote unter dem Wert von 12 Euro Kaltmiete. Heute sind es gerade noch die Hälfte. Ein Grund ist neben der Attraktivität für junge Leute, nach Berlin zu ziehen, auch die unkontrollierte Einwanderung aus dem Ausland.

Keine neuen Wohnungen 2023
Vonovias Stopp für den Wohnungsbau offenbart die deutsche Misere
Inmitten der größten Wohnungsknappheit, die zu einer Mietpreiskrise wird, beschließt die größte Immobilienfirma Deutschlands, nicht mehr zu bauen. Doch nicht nur das: Der Konzern sieht sich gezwungen, im großen Stil Wohnungen an ausländische Investoren zu verkaufen. Ende April verkündete Vonovia, dass das Unternehmen seine Minderheitsbeteiligung an dem Südewo-Portfolio für eine Milliarde Euro an den US-amerikanischen Finanzinvestor Apollo veräußern werde. Betroffen sind 21.000 Wohnungseinheiten. Kurz nach der Entscheidung wird Firmenchef Buch mit den Worten „Mit mehr als 1,5 Milliarden Euro haben wir unser diesjähriges Verkaufsziel fast erreicht“, zitiert.
Ungünstige Konditionen beim Verkauf

Offenbar nur fast. Keine sechs Wochen nach dieser Aussage verkündete der gleiche Konzern den Verkauf von insgesamt fünf Bestandsobjekten mit 1350 Wohnungen. Betroffen ist neben Frankfurt und München wieder Berlin. Mit den mehr als 500 Millionen Euro, die Konzernchef Buch damit einnimmt, dürfte er die geplanten 1,5 Milliarden Euro zusammenhaben. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Firmenpolitik in der Zukunft gestaltet.

Nun sind Details aus dem Südewo/Apollo-Deal bekannt geworden. Laut Bloomberg musste Deutschlands größter Immobilienkonzern dem Finanzinvestor einige finanzielle Zugeständnisse machen. So musste Vonovia einen wesentlich höheren Abschlag auf den Bruttowert aufwenden, als das Unternehmen ursprünglich genannt hat. Das ist deshalb relevant, da ein hoher Abschlag auf eine große Verhandlungsmacht seitens des Käufers hindeutet. Ferner musste der Verkäufer, was bei solchen Geschäften üblich ist, keine Gebühren für das Asset Management verrichten. Stand Vonovia also stärker unter Druck, als die Geschäftsführung das suggerierte?

Immer wieder der Befall von Legionellen

Der Aktienkurs von Vonovia ist jedenfalls seit einem Jahr unter Zugzwang. So lag der Wert noch am 9. Mai 2022 bei 32,71 Euro. Am 11. Mai dieses Jahres waren es 18,80 Euro (16:36 Uhr MEZ). Dies bestätigt auch die Börsenzeitung Der Aktionär: „Vonovia befindet sich in einer schwierigen Phase. Die hohen Schulden werden durch die steigenden Refinanzierungskosten zu einer großen Belastung. Zudem dürften weitere Abschreibungen die Gewinne drücken. Anleger bleiben an der Seitenlinie.“

Geräte nicht angeschlossen
Vonovia: Die Netze sind oft zu schwach für neue Wärmepumpen
Ein weiteres Problem, mit dem Vonovia zu kämpfen hat, sind Legionellen. Im brandenburgischen Strausberg gehört der Konzern zu den größten Vermietern. Dort beklagen sich laut moz.de Vermieter über Kopfschmerzen und Unwohlsein. Es ist nicht der erste Fall. In Dresden wurde im Oktober 2021 der Grenzwert so weit überschritten, dass es Mietern von Vonovia-Wohnungen untersagt wurde zu duschen.

Ob Legionellen, ungünstige Konditionen beim Verkauf von Assets oder teure Wärmepumpen, die nicht gebraucht werden. Das Unternehmen gibt derweil kein gutes Bild ab. In einer Zeit, in der die Mieten immer weiter steigen, benötigt eine Gesellschaft gesunde Immobilienunternehmen, die der Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum anbieten. Vonovia gibt hierbei im Moment keine gute Figur ab.

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