Das Handelsblatt erstaunt die Öffentlichkeit mit der Nachricht, dass in Schwedt das PCK „offenbar weiter russisches Öl“ verarbeitet. Bei näherem Hinsehen offenbart sich jedoch, dass diese Nachricht keine ist, was die Frage nach dem Grund des reißerischen Artikels erhebt.
Mit dieser Behauptung unterstellt nämlich das Handelsblatt dem PCK, gegen den von der deutschen Regierung ohne Not, aber mit verheerenden Folgen verhängten freiwilligen Verzicht auf russisches Erdöl zu verstoßen. Doch schon der erste Satz enthüllt ungewollt die fehlende Faktenbasis: „In Deutschland kommt nach Handelsblatt-Informationen offenbar weiter Öl aus Russland an. Konkret wird dieses zur PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt geliefert, berichten Regierungs- und Branchenkreise übereinstimmend.“
Parallel geführte Recherchen bestätigen die Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums. Seit dem 1. Januar 2023 importiert das PCK Schwedt kein russisches Erdöl mehr. Deshalb produzierte die Raffinerie, die eine der modernsten in Europa ist, im Januar und Februar 2023 nur mit einer Auslastung von um die 60 Prozent, während Polen im Januar und im Februar weiter russisches Erdöl wie gehabt einführte. Damit griff die deutsche Regierung in die Wirtschaft ein, verursachte für die Raffinerie einen wirtschaftlichen Schaden und benachteiligte die Raffinerie im Wettbewerb mit der polnischen Raffinerie von Plock, die PKN Orlen betreibt.
Während die Raffinerie in Schwedt in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und die Auto- und LKW-Fahrer in Berlin und Brandenburg übermäßig zur Kasse gebeten werden, prosperiert die Raffinerie im polnischen Plock, die ebenfalls an der Drushba Pipeline liegt.
Durch den Ausfall russischen Erdöls produziert Schwedt auch kein Bitumen für den Straßenbau mehr. Hätte das PCK russisches Erdöl, würde auch die Bitumen-Produktion funktionieren.
Auch im März hätte Polen übrigens weiter von den Russen Erdöl gekauft, allein die Russen verkündeten nun ihrerseits einen Lieferstopp. Kein unwichtiger Fakt für das Verständnis des seltsamen Artikels im Handelsblatt und für die prominent vorgetragene polnische Position. Warum erschien der Artikel nicht im Februar oder im März? Warum erst, nachdem auch in Plock russisches Rohöl ausfällt?
Dass also die Polen in den ersten beiden Monaten des Jahres weiter russisches Erdöl bezogen hatten, ist zwar rechtlich vollkommen in Ordnung, nicht in Ordnung ist, dass sie von den Deutschen gefordert haben, den Import aus Russland einzustellen, während sie noch munter importierten. Was das Handelsblatt auch hätte erwähnen müssen, und wir helfen hier gern nach: Im Frühjahr 2022 hat Robert Habeck in Schwedt über seine guten Gespräche mit der polnischen Energieministerin Anna Moskwa berichtet und der Belegschaft des PCK Schwedt versprochen, dass statt Erdöl aus Russland durch die Pipeline Drushba nun Erdöl über den Hafen Danzig und über den Hafen Rostock geliefert werden würde.
Zu diesem Zeitpunkt und auch nicht im September 2022, als auf polnischen Druck Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung gestellt wurde (als ersten Schritt zur Enteignung von Rosneft Deutschland), wusste niemand, woher das Erdöl eigentlich kommen sollte, das man plante, in Danzig und Rostock zu löschen. Bis heute schwadronieren Robert Habeck, dessen Abwrack-Beauftragter für die Raffinerie, Staatssekretär Michael Kellner, aber auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Brandenburgs Wirtschaftsminister, Jörg Steinbach, über die „Ertüchtigung“ der Pipeline von Rostock nach Schwedt, die aus den sechziger Jahren stammt und als Not-Pipeline gedacht war. Eine neue zu bauen, weigern sie sich. Schlagender kann man nicht ausdrücken, dass man die Raffinerie schon aufgegeben hat. Noch bis in den Januar hinein trällerte Michael Kellner den Song: „Ein Schiff wird kommen“.
Doch blieb es wohl bei einem oder zwei Schiffen, die in Danzig entladen wurden im Januar und im Februar. Ein anderes Schiff für Schwedt wurde in Danzig einfach nicht gelöscht, das deshalb in Richtung Rostock fuhr. Nur musste die Ladung dieses Tankers auf jeweils zwei andere Tanker verladen werden, weil der Tanker zu groß für den Rostocker Hafen war. Was die Kosten für das PCK natürlich erhöhte. Anscheinend waren die guten Gespräche Habecks mit Anna Moskwa von gleichem Erfolg gekrönt wie Habecks gute Gespräche mit dem Emir von Katar.
Die Möglichkeit, Erdöl aus Kasachstan zu kaufen, wurde jetzt vorangetrieben, zumal es durch die Drushba transportiert werden kann und das kasachische Öl dem russischen ähnlich ist. Dass sich Restbestände russischen Öls in der Pipeline befinden, ist nicht nur erklärlich, sondern auch notwendig, weil die Pipeline feucht sein muss, um nicht Schaden zu nehmen.
Diese physikalische Tatsache nimmt das Handelsblatt als Vorwand für die Vermutung, „dass Kasachstan aus Gründen der Praktikabilität sein Öl nach Russland leitet – und Russland eigenes Öl Richtung Deutschland abgibt“. Zwar kann niemand ein Tausch-Geschäft zwischen den Russen und den Kasachen ausschließen, doch lässt sich kasachisches Öl von russischem in der Analyse unterscheiden. Lustig ist folgende Vorstellung des Handelsblattes: „Leiten die Kasachen ihr Öl ein, wird das in der Pipeline befindliche Öl gewissermaßen vorgeschoben, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit russisches Öl in Schwedt ankommt.“
In Frage stehen 20.000 Tonnen Erdöl, die Kasachstan geliefert hat. Das entspricht nicht einmal der Menge, die das PCK Schwedt bei Vollauslastung an einem Tag verarbeiten würde, denn am Tag würden bei Vollauslastung 32.000 Tonnen raffiniert. In der Wirtschaftszeitung geht man offensichtlich davon aus, dass die Drsuhba komplett mit russischem Erdöl gefüllt ist. Weil man in Kasachstan 20.000 Tonnen in die Pipeline presst, kommen in Schwedt 20.000 Tonnen russisches Erdöl heraus? Ging es nicht eigentlich darum, dass Russland nicht verdient?
Im Pipelinesystem Polens befinden sich aus technischen Gründen u.a. noch Anteile russischen Rohöls, die für optimalen Druck und Durchfluss notwendig sind. Dies steht im Einklang mit den EU-Sanktionen und Protokollerklärungen.“ Soweit so richtig.
So stellt sich die eigentliche Frage: Was bezweckt der Artikel? Worum geht es eigentlich? Zumal es selbst laut Handelsblatt aus den berühmten deutschen Regierungskreisen heißt, „dass Warschau die kasachischen Lieferungen und die augenscheinliche Vermischung mit russischem Öl nicht als Problem“ habe „erkennen lassen“.
Sind am Ende nicht deutsche Regierungs- und Branchenkreise gemeint, sondern polnische? So schreibt das Handelsblatt: „Polnische Ökonomen hingegen kritisieren die Vorgänge deutlich. Wenn der Zweck der Sanktionen ein vollständiges Embargo für russisches Öl sei, sei auch der Import über russische Transitpunkte nicht zumutbar, sagte Piotr Palutkiewicz, Vizepräsident des Warsaw Enterprise Institute.“ Das ist eine handfeste Erpressung, die Palutkiewicz formuliert. Über das Warsaw Enterprise Institute muss man wissen, dass es über starke Kontakte in die USA verfügt, dass es Partner des US-amerikanischen Atlas Network und laut Wikipedia „exklusiver polnischer Partner des Global Report on Economic Freedom der Heritage Foundation und des Wall Street Journal“ ist. Unverblümter und unverschämter wurde selten gedroht, und zwar im Klartext damit, dass Polen kein Erdöl aus Kasachstan durch Polen zulässt.
Auch das polnische Klimaministerium beeilte sich, dem Handelsblatt mitzuteilen: „Die derzeitige Lösung in Form einer Treuhandverwaltung ist lediglich temporär und erfüllt nicht die Erwartungen der polnischen Seite.“ Polen „erwartet“, für Polen ist es „nicht zumutbar“, das ist der Grundtenor des Artikels, der ganz im Sinne Polens argumentiert.
Man gewinnt den Eindruck, dass die Raffinerie in Schwedt wirtschaftlich ruiniert werden soll, damit versüßt durch deutsche Subventionen in beachtlicher Höhe der polnische Energieriese PKN Orlen, dessen größter Gesellschafter der polnische Staat ist, einsteigt. Muss deshalb Rosneft Deutschland enteignet werden, wird deshalb das PCK abhängig vom Wohlwollen des polnischen Staates gemacht, hat man deshalb bei den Zitaten, die das Handelsblatt bringt, den Eindruck: Hier spricht der neue Hausherr?
Der Bundesregierung und der brandenburgischen Landesregierung ist der erhebliche Vorwurf zu machen, dass sie nicht die strategische Bedeutung der Raffinerie erkannt haben und polnische statt deutsche Interessen erfüllen. Von den weisen Entscheidungen der Brandenburger Landesregierung ist für die Menschen in Brandenburg ohnehin nichts zu erwarten. So wie Brandenburgs Ministerpräsident Brandenburg zum Spitzenreiter bei den erneuerbaren Energien machen wollte und dadurch die hohen Energiepreise zu verantworten hat, so wird er den wirtschaftlichen Niedergang der Uckermark zu verantworten haben.
Dem Handelsblatt ist zu danken, dass es durch seinen Artikel darauf aufmerksam gemacht hat.