Tichys Einblick
Diskussion zu Heizungsverbot

Anne Wills grüne Parteinahme ist mittlerweile dreist

Habecks Entwurf zum Heizungsverbot ist so stümperhaft, dass ihn nicht mal seine grünen Parteifreunde richtig verteidigen. Ein Biotop für den Minister gibt es nur noch bei Anne Wills "50 Shades of Green".

Screenprint: ARD/Anne Will

Eine Viertelstunde von Anne Will ist vergangen. Da kommt Gitta Connemann erstmals zu Wort. Sie ist die Alibi-Christdemokratin in dieser Ausgabe der Talkshow. Vier Regierungsvertreter durften da schon sprechen. Von jeder Ampelpartei einer und eine SZ-Quotenjournalistin, die grüner als der grüne Vorsitzende redet. Das ist dieses Mal Omid Nouripour, den Anne Will im steten Wechsel mit Ricarda Lang einlädt, um in ihrer grünen Monotonie Vielfalt zu simulieren.

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Ein Viertel der Sendung durfte die Regierung zum Thema Verbot von Öl-und Gasheizungen reden. Nun kommt Will dieser lästigen Pflicht zur Ausgewogenheit nach – verfluchter Rundfunkstaatsvertrag – und lässt die CDU-Vertreterin sprechen. Die solle sich „reumütig“ erklären, fordert die ARD-„Journalistin“. Zur Schuld, die deren Partei auf sich geladen hat, weil sie so wenig getan habe, dass Robert Habeck (Grüne) diesen Gesetzesentwurf nun habe vorlegen müssen. Kurze Pause, in der sich ARD-Journalisten in Richtung Wirtschaftsministerium verbeugen können.

Knapp anderthalb Jahre ist die Ampel an der Regierung. Anne Will verhandelt einen Gesetzesentwurf, den der Wirtschaftsminister und Vizekanzler vorgelegt hat. Der ist schlampig. Oberflächlich. Verantwortungslos. Die zentrale Frage, was das Aus für Öl- und Gasheizungen Bürger und Wirtschaft kostet, spart der Entwurf einfach aus. Aber Will lässt die Opposition ein Viertel ihrer Sendung gar nicht zu Wort kommen, um dann frühere Versäumnise zu diskutieren. Und zwar bitte sehr „reumütig“, wie sie ihren Gast auffordert. Würde die Bundeswehr einmal die Verteidigungsbereitschaft für unser Land zeigen wie Anne Will für die Grünen, hätte die „Journalistin“ einen Grund weniger, die Politik ihrer Partei schönreden zu müssen.

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FDP-Fraktionschef Christian Dürr greift in der Show ein Zitat des Finanzministers Christian Lindner (FDP) auf, das Gesetz müsse „nochmal in die Montagehalle“. Will wiederholt in einer Anmoderation diese Formulierung und äfft Lindner nach „Ho, ho – das muss nochmal in die Montagehalle“. Man stelle sich vor, Will würde einen grünen Politiker derart verhöhnen. Vielleicht sogar Robert Habeck. Lange Pause, in der sich ARD-Journalisten in Richtung Wirtschaftsministerium verbeugen können. Wills grüne Parteinahme ist mittlerweile derart dreist, dass sie nur noch mit Ironie zu ertragen ist.

Dabei ist der Auftritt Nouripours für Journalisten durchaus interessant: Zu Habecks Gesetzesentwurf sagt der Grünen-Vorsitzende: „Wir sind am Anfang der Beratungen.“ Das erinnert an Christian Lindner, der am Wahlabend um 18 Uhr darauf hinweist, man müsse abwarten, ob die FDP tatsächlich aus dem Parlament geflogen sei. Dann verweist der Grüne darauf, dass mit Bauministerin Klara Geywitz ja auch eine Sozialdemokratin am Gesetzesentwurf beteiligt gewesen sei. Und schließlich sagt Nouripour: „Ich finde die Montagehalle überhaupt nichts verwerfliches.“

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Eher geht ein Kamel durchs Nadelör, als dass ein Grüner einen Fehler einräumt. Jetzt sitzt ihr Vorsitzender bei Anne Will und erinnert daran, dass die SPD die Mitschuld an dem Entwurf trage und wiederholt, dass dieser ja noch überarbeitet würde. Für einen Grünen ist das so viel Selbstkritik wie für einen anderen Menschen ein Schuldeingestandnis vor Gericht. Aber geht Will darauf ein? Kommt es zur potentiellen Kritik an Habeck, legt Will eine Pause ein und ist in Gedanken in ihrer Verneigung vor dem Wirtschaftsministerium.

Nun ja, räumt Will ein. Schon wie seine legendär gescheiterte Gasumlage käme Habecks Heizungsverbot die Bürger teuer zu stehen. „Verschiedene Menschen plagt das“, gibt Will zu. Ein seltener Moment in dieser Talkshow. Eigentlich versucht Will die normalen Bürger aus ihrer Politblase rauszuhalten. Die einfachen Menschen sind in dieser Sendung jene neun Millionen Zuschauer, die Will vom Tatort übernimmt und die sie innerhalb einer Stunde auf zweieinhalb Millionen runterquatscht. Aber hier geht es um höhere Staatsausgaben – da macht Will eine Ausnahme.

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Insgesamt sind Will „Journalistinnen“ wie Henrike Roßbach deutlich lieber. Die SZ-Expertin für die FDP sagt: „Man muss an den Gebäudebestand ran.“ Ginge es nach der SZ-Frau, sollten Bürger also wohl nicht nur vom Staat Öl- und Gasheizungen verboten bekommen – sondern auch verpflichtet werden, die alten rauszureißen und durch neue zu ersetzen. Dass dies kommen solle, hatte Nouripour zuvor noch dementiert. Doch die grüne Journalistin nimmt nicht so viel Rücksicht wie der grüne Politiker. Zusammen mit Will könnte Roßbach den Medien-Stammtisch „50 Shades of Green“ gründen.

Wobei Will ihre Stammtischschwester einmal ins Stottern bringt. Sie solle bewerten, ob die CDU-Alibi-Frau Connemann einen Punkt getroffen habe. Sei die Koalition in der Frage zerstritten, den Heizungswechsel zu subventionieren? Bei den 30 Gesetzesvorlagen, die u.a. dazu aktuell auf Eis liegen, da sei „nicht jedes einzelne so bedeutsam, dass es …“, kommt Roßbach ins Stammeln. Will macht Formulierungsvorschläge. Roßbach beendet ihren Stummelsatz: „…, dass es das Land Richtung Klippe“ bringe. So sieht das aus, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender eine private Journalistin als Expertin einlädt: Kritik an der Regierung, nur wenn sie sich gar nicht vermeiden lässt und dann auch nur gestammelt und schöngeredet.

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Apropos unerwünschte Opposition bei Will. Connemann ist so „reumütig“, wie sich das Will gewünscht hat. Die CDU-Frau kommt ganz in Grün gekleidet daher. Mit solcher Farbwahl mag die Queen Statements gesetzt haben, von der Merzkel-CDU kommt so etwas nur devot daher. Connemann ist die verkörperte Zweitklassigkeit und kommt mit dem Leitmotiv des Berliner Personals aus, das nicht mehr als seinen Fleiß zu bieten hat: „Ich war diese Woche in meinem Wahlkreis unterwegs.“

Inhaltlich ist Connemann für mehr Subventionen. Wie Habeck. An der grünen Politik hat die Merzkel-CDU nichts auszusetzen, als dass sie sich mehr davon wünscht und sie schneller haben will. Mit einem solch geringen Willen zur Opposition ist die Alibi-Christdemokratin denn auch bei Will herzlich willkommen. Und in der Rolle können die Protagonisten der Redaktion gar nicht zweitklassig genug sein.

 

Anmerkung der Redaktion: Frau Roßbach fühlt sich mißverstanden. An Bestandsheizungen soll nichts geändert werden, behauptet sie. Wir haben die Bedenken von Frau Roßbach in einem eigenen Artikel dargestellt:

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