Der Vormarsch der revolutionären Klima-Extremisten stößt zunehmend auf Ablehnung aus jenen Parteien, die an der Wurzel dieser Bewegung standen. Die Geschichte lehrt uns aber, dass der bevorstehende Machtkampf zwischen gemäßigten und revolutionären Kräften von entscheidender Tragweite ist.
Glaubt man an das Geschrei der Klima-Extremisten der „Letzten Generation“ von der Klima-Apokalypse, dann sind die radikalen Forderungen der Klima-Revoluzzer tatsächlich nur konsequent. Ähnlich wie bei Ulrike Herrmanns „grünem Schrumpfen“ werden zwar auch hier alte Milchmädchenrechnungen durch neue ersetzt, aber zumindest korrelieren Worte und Taten auf einer oberflächlichen Ebene.
Wo aber radikale Propheten auftreten und – so absurd es angesichts der Hans-Wurst-artigen Ausstrahlung vieler Pattexkinder auch anmuten mag – charismatisch Heilsversprechen verkünden, da wird der Ruf nach revolutionärer Veränderung schon bald ohrenbetäubend und stellt kompromisslos die alles entscheidende Frage: sie oder wir?
Opportunes Mitläufertum um des lieben Friedens willen
Einen allzu großen Plan, der über eine globale Stimmungsanalyse in Politik und Medien hinausgeht, würde ich dabei Haldenwang aber nicht unterstellen. Das gilt in Teilen sicherlich auch für einige der politischen Entscheidungsträger, die hier auch eher Opfer narrativer Zwänge sind. Anstatt langfristige Folgen abzuwägen, erfolgt jeweils eine Momentaufnahme auf Basis einer medial vorherrschenden Meinung und man sichert den eigenen Verbleib im Amt, indem man die Konfrontation vermeidet.
Ein ähnliches Motiv dürfte auch beim Hannoveraner Oberbürgermeister Belit Onay eine Rolle gespielt haben, als dieser mit der „Letzten Generation“ in Verhandlungen über eine Einstellung der Proteste trat. Dabei dürfte es den grünen OB kaum Verrenkungen gekostet haben, sich in den inhaltlichen Forderungen der Extremisten wiederzufinden.
Harsche Kritik selbst von Grünen und vom WWF
Doch selbst diese Allianz bröckelt in dem Maße, in dem die Klima-Extremisten versuchen, ihre Forderungen forscher durchzusetzen. Der Angriff auf das Denkmal des Grundgesetzes löste selbst innerhalb der SPD und der Grünen Widerstand aus. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zeigte sich angesichts des Angriffs „empört“ und „wirklich erschüttert“, die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ging sogar noch weiter und bezeichnete die Aktion als „einfach nur sinnlos und der Wichtigkeit der Klimadebatte unwürdig“. Noch schärfer formulierte ihr Parteikollege und Finanzminister Danyal Bayaz seine Kritik, als er auf Twitter schrieb: „Wenn #Klimaschutz zum antikapitalistischen und antirechtsstaatlichen Projekt wird, dann wird er krachend scheitern.“
Bisher aber scheint diese Kehrtwende in Teilen der öffentlichen Meinung die Klima-Extremisten nicht wirklich zu behindern. In einer soeben erschienenen Dokumentation erzählte ein Extremist freizügig, wie die „Letzte Generation“ bei ihren Klebeaktionen auf der Straße auch dazu bereit wäre, Tote „ein Stück weit zu riskieren“. Und nur zwei Tage nach dem Angriff auf das Denkmal des Grundgesetzes attackierten die Klima-Extremisten mit einem Wasserwerfer das Verkehrsministerium.
Realer Gegenwind, abseits von medialer Ablehnung, ist für die „Letzte Generation” allerdings selten. Die Polizei fungiert vor Ort eher als glorifizierter Personenschutz für die Extremisten, denn als Ordnungsgewalt, die ihnen Einhalt gebietet, ein Bild, das frappierend an jene Momente im letzten Jahr erinnerte, als die Extremisten sich in Museen vor den Augen von Sicherheitspersonal ungehindert an Gemälderahmen klebten und ihre Botschaft verbreiten konnten.
Nur auf lokaler Ebene sind momentan Versuche zu erkennen, der Eskalation der Klima-Revoluzzer Einhalt zu gebieten. In Heilbronn wurden soeben zwei Extremisten zu jeweils zwei und drei Monaten Haft verurteilt. Sie waren bereits mehrmals in Straßenblockaden in Erscheinung getreten und zeigten sich auch vor Gericht, wo sie verkündeten, dies wieder zu tun, nicht einsichtig. Die „Letzte Generation“ bezeichnete das Urteil als Dammbruch und kündigte deutschlandweite Proteste gegen das Urteil an. In Heilbronn blockierte man gleich nach der Urteilsverkündung wieder eine Straße.
Ein Machtkampf zwischen Revoluzzern und Realpolitikern
Aus all dem wird ersichtlich, dass die Extremisten einen Punkt erreicht haben, an dem die Masken endgültig fallen. Weder das Grundgesetz noch die Rechtsprechung wird von ihnen respektiert. Dabei sollte man nie vergessen, dass diese Aktivisten von Philanthropenmillionen aus den USA finanziert werden, wodurch diese Missachtung des deutschen Rechtsstaates de facto einer politischen Einmischung durch Oligarchen in die deutsche Politik gleichkommt.
Die Schwierigkeit in der Eindämmung der Klima-Revoluzzer liegt aber darin begründet, dass man ihnen viel zu lange nach dem Maul geplappert hat. Jede noch so dreiste Übertreibung über den Zustand des Klimas wurde opportun übernommen, solange es dem geplanten gesellschaftlichen Umbau in dem Moment dienlich war. Dadurch ist man ihnen gegenüber aber nun im argumentativen Notstand, genauso wie man einer Ulrike Herrmann kaum widersprechen kann, da das radikale Bekenntnis zur anstehenden Klima-Apokalypse ein gesellschaftliches Dogma geworden ist. Politik und Medien haben sich verrannt in eine Rhetorik mit Absolutheitsanspruch, die der eigenen Lobbyarbeit zwar mehr als zuträglich war, doch die nun hilflos vor dem radikalen Flügel ihrer eigenen Bewegung erscheint.
Unter normalen Umständen wäre davon auszugehen, dass die Staatsmacht – wenn sie es möchte – solch radikale Bewegungen schnell zerschlagen kann. Doch jene Politiker und Medienvertreter, die nun Kritik üben, stellen nicht zwingend die Staatsmacht dar und noch immer erfreuen sich die Klima-Revoluzzer der „Letzten Generation“ großer Unterstützung in weiten Teilen des politischen, medialen und akademischen Spektrums, sodass die Zeichen womöglich doch eher darauf hinweisen, dass die Klima-Revoluzzer diesen Machtkampf gewinnen könnten und die gemäßigten Kräfte aus ihren Ämtern vertreiben, oder zumindest direkten Einfluss auf sie ausüben. So oder so wünsche ich der Revolution guten Appetit!