Tichys Einblick
Gewerkschaften gegen Arbeitnehmerinteressen

Verdi unterstützt Klima-Aktivisten – Arbeitnehmer fürchten wegen Klimaschutz um ihre Jobs

Arbeitnehmer, die von Maßnahmen zum Klimaschutz betroffen sind, machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Das hindert die Gewerkschaft Verdi nicht daran, mit „Fridays for Future“, die noch mehr solcher Maßnahmen fordern, zu „kooperieren“.

Streik-Demo von Verdi und "Friedas für Future" in Oberhausen, 28.02.2023

IMAGO / Funke Foto Services

Viele Arbeitnehmer in Deutschland sind bereits jetzt umfassend mit Maßnahmen zum „Klimaschutz“ konfrontiert und befürchten durch diese den Verlust des Arbeitsplatzes und sozialen Abstieg. Das berichten laut dts die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Demnach ist jeder fünfte Beschäftigte bei der Arbeit im hohen oder sehr hohen Maß von Klimaschutz-Maßnahmen betroffen.

Das gilt offensichtlich nicht für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, zumindest nicht in dem Maße, dass sie um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen. Denn deren Gewerkschaft Verdi will bei ihren Warnstreiks am kommenden Freitag, bei denen der öffentliche Nahverkehr in zahlreichen Städten lahmgelegt werden soll, mit den Klima-Aktivisten von „Fridays for Future“ (FFF) kooperieren.

„Wir wollen den globalen Klimastreiktag mit den 200 Aktionen von Fridays for Future kombinieren mit Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr“, sagte die stellvertretende Verdi-Chefin Christina Behle. Eine Verkehrswende wäre nicht möglich, ohne dass in die Beschäftigten ebenfalls investiert werde. Verdi und FFF wollen so die Bedeutung betonen, die der ÖPNV für den Kampf gegen die Klimakrise habe, schreiben sie in einer gemeinsamen Erklärung.

Und Fridays for Future twittert: „Zusammen sind wir für eine klima- und sozialgerechte Verkehrswende auf der Straße. Dafür braucht es massive Investitionen in Busse und Bahnen & faire Arbeitsbedingungen!“

Laut der DGB-Umfrage sind Zukunftssorgen umso ausgeprägter, je stärker die Maßnahmen die eigene Arbeit betreffen: Spielt der Klimaschutz noch keine Rolle, machen sich 12 Prozent häufig oder sehr häufig Sorgen. Sind die Auswirkungen in sehr hohem Maße spürbar, sind es 22 Prozent.

In „sehr hohem Maße“ sind die Auswirkungen zum Beispiel in der Baubranche zu spüren. Aufgrund der strengen Klimaschutzvorschriften ist Bauen teuer geworden, sodass weniger gebaut wird. Wird weniger gebaut, müssen Arbeitnehmer auf dem Bau um ihren Arbeitsplatz fürchten. Oder in der Autoindustrie, vor allem bei den Zulieferern, die vom Verbrenner-Aus der EU bedroht sind, natürlich mit dem Ziel, das Klima zu „schützen“. Energieintensive Industrien verlagern ihre Produktion ins Ausland, wo Energiepreise günstiger sind. In Deutschland sind die Preise hoch, auch weil die Erneuerbaren die Kernkraft nicht ersetzen können, auf die bald ganz verzichtet werden soll – zum „Klimaschutz“.

„Die Daten belegen, dass die ökologische Transformation schon heute einen großen Einfluss auf die Arbeitswelt hat“, muss DGB-Chefin Yasmin Fahimi (SPD) zugeben. Sie wird mit der harten Realität der Arbeitnehmer konfrontiert – und zwar so hart, dass sie Ende letzten Jahres vor einer Deindustrialisierung warnte und konkrete Maßnahmen forderte statt „kapitalismuskritische Grundsatzdebatten“. Laut einer damaligen Umfrage der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) machte sich nämlich knapp die Hälfte der Beschäftigten in der Chemieindustrie und Energiewirtschaft, nämlich 47 Prozent, große oder sehr große Sorgen um ihren Arbeitsplatz.

Das bekannteste deutsche Gesicht der FFF-Bewegung Luisa Neubauer hingegen gehört zu den lautesten Kapitalismus-Kritikern. Nicht selten sieht man bei den Fridays-for-Future-Demos Pappschilder, auf denen „Kapitalismus tötet“ oder „Burn Capitalism“ steht.

Während die von der IG BCE oder IG Metall vertretenen Arbeitnehmer also um ihre Arbeitsplätze und damit ihre wirtschaftliche Existenz bangen, ruft Verdi, die Gewerkschaft ist ebenfalls unter dem Dach des DGB organisiert, zu Kooperationen mit FFF auf, also genau jenen, die diese Klimaschutz-Maßnahmen befürworten und denen sie noch gar nicht weit genug gehen. Was nur auf den ersten Blick wie ein Widerspruch erscheint, ist durchaus zu erklären: Verdi vertritt den öffentlichen Dienst. Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sind nicht von Unsicherheit betroffen – zumindest nicht wegen Klimaschutz-Maßnahmen.

Im öffentlichen Dienst sind vielleicht eher Arbeitsplätze von Abweichlern gefährdet, die etwa die Klimaschutz-Maßnahmen hinterfragen. Dass dem Staat Dienende ihre Arbeitsplätze schnell verlieren können, wenn sie eine unliebsame Meinung haben und es wagen, sie auch noch als Kritik gegen die Regierungspolitik zu äußern, das hat die Vergangenheit mehrfach gezeigt.

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