Disney zensiert Dagobert Ducks Lebensgeschichte, Fräulein Knüppelkuh aus Roald Dahls „Matilda“ darf kein Pferdegesicht mehr haben und D’Artagnan ist jetzt schwarz. Richtig gelesen: Der sympathische Gascogner, der zu den drei legendären Musketieren Athos, Porthos und Aramis stößt, erfreut sich seit diesem Jahr einer merklichen Dunkelpigmentierung.
Verantwortlich dafür ist ein in diesem Jahr erscheinendes Machwerk aus dem Vereinigten Königreich – nicht zu verwechseln mit einem ebenfalls in diesem Jahr erscheinenden Film von Martin Bourboulon, in dem an D’Artagnans Herkunft nicht gerüttelt wird. Bereits nach der Veröffentlichung des ersten Trailers spotteten die User im Internet, man hätte die Geschichte besser in „Three Woketeers“ umbenannt. Und überhaut: Rochefort ist weiterhin der böse, weiße, einäugige Bösewicht? Warum nicht noch ein indischer Porthos und ein transgeschlechtlicher Aramis?
Wer einen schwarzen D’Artagnan aus dem Hut zaubert, läuft daher von Anfang an Gefahr, sich den Vorwurf einzuhandeln, mangelndes Handwerk und Talent durch Ideologie und Provokation wettzumachen. Das trifft weniger den Schauspieler des D’Artagnan (Malachi Puller-Latchman) selbst, dem die unangenehme Rolle zufällt, als Maskottchen woker Kulturvandalen das Schicksal des levantinischen Mohren zu teilen, der seinen Dienst versehen muss, weil es das große Rad des Zeitgeistes so will. Die Bürde des woken Mannes wiegt schwer, lastet man also den Spott auf dem Hauptdarsteller ab, den man an die Front schickt, um sich dann später – wie schon bei der Tolkien-Travestie auf Amazon mit ihren schwarzen Elben – über den präzise kalkulierten Mob aus Rassisten und denen, die man dazu deklarieren will, auszulassen. Wer im „Kampf gegen Rechts“ auf der richtigen Seite steht, muss sich nicht mehr für den angerichteten Schund rechtfertigen.
Zwei Fakten faszinieren an der Entscheidung. Zum Ersten: Dieselbe Blase, die nunmehr vorschreibt, dass Homosexuelle nur noch von Homosexuellen gespielt werden dürfen und es anprangert, wenn Europäer oder US-Amerikaner Asiaten spielen, tut in diesem Fall so, als seien sie farbenblind. Königin Elisabeth I. und D’Artagnan gehen als schwarz durch; dass Peter Sellers dagegen vor fast einem halben Jahrhundert den chinesischen Detektiv Sidney Wang mimte, finden die Tugendpriester trotz seines Auftritts in der genialen Komödie „Eine Leiche zum Dessert“ heute gar nicht mehr lustig. Mal ist Identitätspolitik zweitrangig, dann ist sie wieder das Alpha und Omega.
An erster Stelle steht daher nicht die Feststellung, dass D’Artagnan schwarz ist. An erster Stelle steht die Feststellung, dass die Macher der neuen Musketier-Serie das Werk von Alexandre Dumas mit Füßen treten und offenbar keine Skrupel haben, die fundamentalsten Eckpunkte der Romanreihe herabzuwürdigen. Es handelt sich um eine gewollte Zerstörung eines abendländischen Beststellers. Dabei geht diese Zerfledderung eines Klassikers der Weltliteratur über eine bloße Travestie hinaus – denn dass dieser Klassiker ausgerechnet aus der Hand eines Enkels haitianischer Sklaven stammt, setzt dem Eklat die Krone auf.
Die Macher wollen weltoffen erscheinen, demolieren aber in Wirklichkeit das künstlerische Werk eines Mannes, der deutlich besser wusste, was Rassismus, schwarze Herkunft und europäisches Erbe bedeutet. Doch seine Regieanweisungen kümmern die Besserwisser von heute nicht. Auch hier: Neukolonialismus. Da hat man es einmal mit dem Werk eines afrikanischstämmigen Künstlers zu tun – und dann ist es den Trägern der woken Bürde immer noch nicht schwarz genug. Die Inszenierung gibt keinen Marginalisierten eine Stimme, sondern marginalisiert Dumas. Dem Teufel bleibt schließlich auch nichts anderes als die Zerstörung übrig, weil er nichts schaffen kann.