Aichach. Der frühere Leiter des Gesundheitsamtes im bayerischen Aichach, Friedrich Pürner, der wegen seiner Kritik an Corona-Maßnahmen im Herbst 2020 strafversetzt wurde, macht sich für eine offene und faire Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen stark. So könne man verhindern, dass Politik und Behörden die Fehler der Pandemie in einer nächsten Krise wiederholen. „Diese Aufarbeitung muss offen und fair geführt werden. Die Verantwortlichen müssen die Konsequenzen tragen“, schreibt Pürner in einem Gastbeitrag für das Monatsmagazin Tichys Einblick.
„Was den Ungeimpften angetan wurde, kann nicht so belassen werden. Dass geltungssüchtige Politiker die Gesellschaft gespalten haben, darf nicht unbeachtet bleiben. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen durch die Anti-Corona-Maßnahmen müssen ausgeleuchtet und dürfen nicht einfach als «Wir wussten es halt nicht besser» hingenommen werden. Ein «Weiter so» ist unangebracht – Scheiterhaufen anzuzünden ebenfalls“, so der Mediziner.
Besonders kritisch sieht Pürner die 2G-Regelung. „Die Politik spaltete die Gesellschaft, indem sie Ungeimpfte mittels der sogenannten 2G-Regel aus der Gemeinschaft ausschloss. Das war ein Tiefpunkt in der Pandemie, der sicher noch über viele Jahre seine Spuren in der Gesellschaft hinterlassen wird“, so Pürner. „Dafür müssen die Politiker Verantwortung übernehmen. Und es waren viele.“ Namentlich erwähnt der Mediziner Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der Kritiker als „Corona-RAF“ bezeichnet hatte. „Kritiker der eigenen Politik in Verbindung mit der RAF zu bringen, entbehrt jeder Logik und jeden Anstands.“
Politikern und Wissenschaftler gesteht Pürner zu, dass Corona eine besondere Herausforderung war und Fehler deshalb verständlich sind. „Es ist immer einfach, vom grünen Tisch aus und ohne selbst Verantwortung tragen zu müssen klug daherzureden.“ Doch es sei ein großer Fehler gewesen, die Wirksamkeit der Maßnahmen wie Lockdown, Schulschließungen, Teststrategie und Maskenpflicht zu überprüfen. Das werde „in die Geschichte der größten Fehlleistungen von Politik und Gesellschaft eingehen“. Die Folge seien verheerend gewesen.
„Wochenlange Isolation für Menschen, deren PCR-Test zwar positiv war, die aber keinerlei Symptome hatten. Es gab einige Firmen, denen über Wochen so viele Mitarbeiter wegfielen, dass Aufträge nicht mehr erfüllt werden konnten. Besonders schlimm aber war es für die Sterbenden und deren Angehörige. Durch den Erlass von Betretungsverboten konnten sich viele nicht mehr von ihrem sterbenden Ehepartner, ihren Eltern und Großeltern verabschieden. Wie furchtbar!“ Pürner: „Ein früher Blick nach Schweden, Dänemark oder Florida hätte ausgereicht, um zu erkennen, dass die meisten Maßnahmen bei uns völlig überflüssig waren.“